Hamburg gilt zwar als Dienstleistungsmetropole, doch die Industrie wird für die Stadt künftig eher an Bedeutung gewinnen. Das sagte Thomas Straubhaar, Direktor des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) bei der Vorstellung einer Studie zum Industriestandort Norddeutschland, die das HWWI im Auftrag der Haspa erarbeitet hat.

Hamburg. -

"Hamburg sollte nicht versuchen, London zu kopieren, denn das wäre der falsche Weg für uns", sagte Straubhaar. Beispiele wie London oder auch Dublin zeigten aktuell, wie stark eine Metropole von einer Krise getroffen werden kann, wenn sie allein auf den Dienstleistungssektor setze. "Auch ein Dienstleistungsstandort braucht einen starken industriellen Kern."

Daher müsse die Politik die Voraussetzungen dafür schaffen, dass das verarbeitende Gewerbe florieren kann. Neben der Verkehrsinfrastruktur und einer sicheren Versorgung mit günstiger Energie gewinne ein leistungsfähiges Bildungssystem dabei zunehmend an Bedeutung.

Derzeit sind in Norddeutschland 20 Prozent der Beschäftigten in der Industrie tätig - viel weniger als noch vor einigen Jahren. "Verloren gegangene Fließbandjobs sollten wir aber keine Minute lang nachtrauern", so Straubhaar. "Der schmutzige, laute Teil der Industrie wird ohnehin früher oder später nach China abwandern." Eine Zukunft hätten dagegen die technologieorientierten Industrien wie der Flugzeug- und Fahrzeugbau, der Maschinenbau und die Medizintechnik - und hier gehöre Hamburg zu den Gewinnern in Deutschland.

Allerdings macht Straubhaar in der Hansestadt auch Defizite aus: "Bei den Forschungseinrichtungen steht Hamburg zwar gut da, aber beim Wissenstransfer von den Unis in die Unternehmen besteht noch Nachholbedarf." So fänden sich Gründerzentren und Technologieparks eher in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Thüringen als in Norddeutschland.

Dringenden Handlungsbedarf sieht Straubhaar auch auf einem anderen Feld: Angesichts des demografischen Wandels müssten junge Frauen viel stärker als bislang für das verarbeitende Gewerbe gewonnen werden. Die neue wissensbasierte, "saubere" Industrie biete gute Voraussetzungen dafür.