Versandriese bleibt an Spezialanbietern aus der Arcandor-Gruppe interessiert. Übernahme von Quelle ist hingegen kein Thema.

Hamburg. Hans-Otto Schrader hat allen Grund, zufrieden zu sein. Trotz Wirtschaftskrise hat der Chef des Hamburger Handelsriesen Otto im abgelaufenen Geschäftsjahr sowohl Umsatz als auch Ertrag steigern können. "Wir stehen gut da, haben enorme Finanzkraft und gute Ideen", zog der Vorstandschef der Otto Group gestern Bilanz. Besonders freut den Firmenlenker, dass sich der Vorstand im Gegensatz zu einigen anderen Familienunternehmen in der Republik, nicht zu überteuerten Zukäufen hinreißen ließ. Während Firmen wie Schaeffler große Geschäfte einfädelten und sich dabei finanziell überhoben, habe die Otto Gruppe die Hochpreisphase vor der Finanzmarktkrise zum Verkauf eigener Unternehmensbereiche - wie Fegro/Selgros oder Club des Créateurs de Beauté - genutzt und damit Kasse gemacht. Insgesamt flossen Otto damit 400 Millionen Euro zu. Geld, das jetzt für neue Geschäftsideen und Zukäufe investiert werden kann.

Otto ist dabei auch an Teilen des insolventen Arcandor-Konzerns interessiert. Insbesondere an den Spezialversendern der Tochter Primondo, zu der Anbieter wie Madeleine oder Baby Walz gehören. "Hier haben wir Interesse. Bisher hat uns der Insolvenzverwalter aber noch nicht angesprochen", sagte Schrader. Um den konzerneigenen Sportartikelhandel Sport Scheck zu stärken, käme auch eine Übernahme einiger Karstadt Sporthäuser in Frage. An dem Versandhaus Quelle bestehe dagegen keinerlei Interesse, so Schrader: "Wir wollen Quelle nicht übernehmen. Wir glauben nicht, dass eine Sanierung erfolgreich möglich ist. Ein Konzeptwechsel würde drei bis fünf Jahre dauern. Diese Zeit haben wir nicht." Für jede Übernahme gelte grundsätzlich: "Wir müssen erst die Bücher prüfen. Zudem muss der Preis fair und angemessen sein."

Otto sieht für die Zukunft drei Wachstumsschwerpunkte: Online, im stationären Einzelhandel sowie im Bereich Service. So soll ein Portal für Modemarken "yalook" für die junge "Twittergeneration" an den Start gehen. "Hier wollen wir Marktführer werden", so Schrader.

In Italien seien elf neue Shops von Bonprix geplant. Der Versender Schwab wurde zum Spezialisten für "große Größen" umgebaut, Bauer zum Spezialisten für Mode und Wohnen für etablierte Kunden, so Schrader. Die europaweiten Aktivitäten der Logistik werden künftig unter der Marke Hermes gebündelt. Der Bereich Services biete Kunden jetzt zudem Rundumdienstleistungen an - vom Einkauf bis zum Transport.

Größter Wachstumstreiber in der Otto Group war im Geschäftsjahr 2008/2009, das Ende Februar endete, der Sektor E-Commerce. Das Onlinegeschäft legte um 12,5 Prozent auf 5,5 Milliarden Euro zu. Damit bleibt Otto nach Amazon weltweit der zweitgrößte Onlineanbieter im Geschäft mit Endverbrauchern. In Deutschland stieg die Onlinenachfrage sogar um 13,7 Prozent auf vier Milliarden Euro.

Insgesamt konnte der Konzern seinen Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 0,5 Prozent auf 10,1 Milliarden Euro steigern. Der Jahresüberschuss legte um 15,9 Prozent auf 321 Millionen Euro zu. Durch eine Umschichtung von Gewinnrücklagen erhöhten die Gesellschafter das Eigenkapital um 110 auf 770 Millionen Euro, womit der Konzern nun über eine Eigenkapitalquote von 28 Prozent verfügt.

Weltweit beschäftigt Otto fast 50 000 Mitarbeiter. Auch für 2009 bleibt Schrader zuversichtlich: "Im ersten Quartal konnte eine leichte Umsatzsteigerung realisiert werden." Eine Prognose gab der Otto-Chef wegen der Wirtschaftskrise aber nicht ab: "Das wäre nicht seriös." Bis auf den angekündigten Jobabbau von 410 Stellen in der Logistik soll die Mitarbeiterzahl stabil bleiben: "Es gibt keine Pläne, Personal zu reduzieren."