Aber Verzicht auf Entlassungen. Weniger Arbeit - auch für die Beschäftigten im Harburger Werk.

Hamburg. Daimler ist wegen der dramatischen Absatzkrise tief in die roten Zahlen gerutscht und verlangt starke Lohneinbußen von mehreren Zehntausend Mitarbeitern in Deutschland. Im ersten Quartal 2009 verbuchte der Autobauer einen Verlust von 1,3 Milliarden Euro, teilte das Unternehmen gestern mit. Im Vorjahresquartal hatte der Konzern noch einen Gewinn von 1,3 Milliarden Euro ausgewiesen. Die Autokrise hat den Premiumhersteller fest im Griff, der Absatz bei Pkw und Nutzfahrzeugen brach um ein Drittel ein, unzählige Autos stehen auf Halde.

Gegensteuern will Konzernlenker Dieter Zetsche nun mit einem vier Milliarden Euro schweren Sparpaket. Zwei Milliarden Euro sollen Mitarbeiter und Manager von Mai an durch Einschnitte bei Lohn und Gehalt beisteuern. Für etwa 60 000 Beschäftigte aus Bereichen wie Verwaltung, Vertrieb sowie Forschung und Entwicklung werde die Arbeitszeit um 8,75 Prozent ohne Lohnausgleich verkürzt, sagte der neue Personalvorstand Wilfried Porth. Diese Arbeitszeitverkürzungen gelten damit nun auch für diejenigen Mitarbeiter, die bisher noch nicht, wie die meisten Kollegen in der Produktion, in Kurzarbeit sind. Im Daimler-Werk in Harburg sind von der Maßnahme 400 Beschäftigte betroffen, die dadurch im Monat auf mehrere Hundert Euro verzichten.

Die Regelung gilt zunächst bis Ende Juni 2010. Sie umfasst aber auch eine Jobgarantie für alle Mitarbeiter. Für 16 000 Menschen, die bisher nicht im Beschäftigungssicherungsvertrag abgesichert waren, sind betriebsbedingte Kündigungen bis 30. Juni 2010 ausgeschlossen. Für die übrigen Daimler-Beschäftigten gilt dies bis Ende 2011. In Krisenzeiten kann davon aber abgewichen werden, sofern der Betriebsrat zustimmt.

"Die Kollegen haben gefasst auf die Nachricht reagiert", sagte Norbert Dehmel, der Betriebsratschef des Harburger Daimler-Werkes, in dem 2600 Mitarbeiter unter anderem Achsen für die A- und B-Klasse herstellen. Es herrsche eine große Solidarität mit dem Unternehmen und die Überzeugung, dass es besser ist, wenn "alle etwas beisteuern, anstatt dass einige über die Klinge springen und den Job verlieren". Noch vor wenigen Wochen hatte Zetsche den norddeutschen Standort besucht und die Modernität der hiesigen Produktion gelobt. Die Fabrik in Hamburg steht im Wettbewerb mit dem Werk der Daimler AG in Untertürkheim, das ebenfalls Achsen herstellt, und mit Zulieferern wie Thyssen oder Benteler. "Auch im Vergleich zu diesen Konkurrenten sind wir gut aufgestellt", so Dehmel.

Auch die 60 000 Kurzarbeiter müssen Einbußen hinnehmen, sodass ihre Gehälter auf bis zu 80,5 Prozent ihrer letzten Nettoeinkommen schrumpfen können. Zu den Kernpunkten der Vereinbarung zwischen Konzernführung und Arbeitnehmervertretern gehört außerdem die Verschiebung der bisher für Mai geplanten Tariferhöhung von 2,1 Prozent auf Oktober. Auch Vorstand und leitende Führungskräfte werden Abstriche beim Grundgehalt machen.

"Ich bin mir bewusst, dass wir vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schmerzhafte Einbußen zumuten", sagte Personalchef Porth. "In Anbetracht der aktuellen wirtschaftlichen Situation gibt es keine Alternative zu diesem Maßnahmenpaket."

Für das Gesamtjahr malte Daimler ein düsteres Bild, sogar ein Verlust beim operativen Ergebnis sei nicht auszuschließen. Auch die endgültige Trennung von der ungeliebten US-Tochter Chrysler kostet. Im zweiten Quartal belastet die Scheidung das Ergebnis mit bis zu 700 Millionen Dollar. Erst Montag hatte Daimler seinen Chrysler-Restanteil von 19,9 Prozent an den Mehrheitseigner Cerberus abgegeben.