Online-Händler eröffnet MP3-Shop in Deutschland - und lockt mit Alben unter fünf Euro.

Unter den Anbietern von Musiktiteln im Internet ist ein offener Preiskampf ausgebrochen. Seit Anfang April attackiert der Online-Händler Amazon den Marktführer Apple mit einem eigenen MP3-Shop in Deutschland und sorgt damit für erhebliche Bewegung auf dem hiesigen Markt.

Einzelne Songs bietet Amazon ab 77 Cent an, 2000 aktuelle Top-Alben - etwa "Stadtaffe" von Peter Fox oder das neue Händel-Album von Tenor Rolando Villazon - kosten knapp unter fünf Euro. Der Preis in Apples iTunes Music Store liegt hingegen in der Regel bei 9,99 Euro pro Album.

Mit rund fünf Millionen Songs ist das Musikangebot bei Amazon im Augenblick zwar nur etwa halb so groß wie das von Apple, doch der Internet-Händler hat große Pläne. "Langfristig streben wir an, dass wir jeden Musiktitel, der legal im Netz verfügbar ist, über unsere Plattform vertreiben", sagt die Deutschland-Sprecherin von Amazon, Christine Höger, dem Abendblatt.

Branchenexperten trauen Amazon durchaus zu, einen erheblichen Anteil am Geschäft mit Musikdownloads in Deutschland zu erobern. Schließlich verfügt das Unternehmen als einer der größten Musik-CD-Händler weltweit über exzellente Verbindungen zu den Plattenfirmen und kann zudem auf eine große Kundendatenbank zurückgreifen. In den USA, wo Amazon bereits seit 2007 Songs zum Herunterladen anbietet, liegt der Marktanteil mittlerweile bei 16 Prozent.

Beim Konkurrenten Apple sieht man sich allerdings gut für die Attacke gerüstet. Kurz nach dem Start des Amazon-Angebots führte Apple seinerseits in der Bundesrepublik ein neues Preissystem ein. Der alte Einheitspreis pro Song ist passé. Stattdessen verkauft das Unternehmen nun ältere Titel für 69 Cent oder 99 Cent, aktuelle Toptitel aber auch für 1,29 Euro. Mit der neuen Struktur kommt der Konzern auch den Forderungen der Musikindustrie entgegen, die schon seit längerem darauf gedrungen hatte, ihre Songs differenziert vermarkten zu können.

Zurückhaltend agiert derzeit noch die Deutsche-Telekom-Tochter Musicload, die mit 3,8 Millionen Kunden ebenfalls zu den großen der Branche in Deutschland zählt. Bisher sehe man keine Veranlassung, die Preise herabzusetzen, sagte eine Sprecherin. Man habe aber die Qualität der Sounddateien erhöht. Musicload verlangt pro Song zwischen 79 Cent und 1,99 Euro. Ein Album kostet hier zwischen 6,95 und 14,95 Euro.

Mit dem Preiskampf einher geht die weitgehende Abschaffung eines Kopierschutzes für die im Netz erstandenen Titel. Apple hat die komplette Umstellung seines Angebots auf sogenannte DRM-freie Songs gerade abgeschlossen, Musicload ebenso. Amazon verzichtet von Anfang an auf einen besonderen Schutz für die angebotenen Titel. Ohne DRM (Digital Rights Management) lässt sich Musik auf alle Computer und mobile Abspielgeräte übertragen und unendlich oft vervielfältigen.

Die stark angeschlagene Musikindustrie erhofft sich von den neuen Angeboten in jedem Fall einen deutlichen Aufschwung im Geschäft mit legalen Songs aus dem Internet. "Das Auftreten eines großen Anbieters wie Amazon wird das digitale Musikgeschäft in Deutschland mit Sicherheit beleben", sagt Daniel Knöll, Sprecher des Bundesverbands Musikindustrie.

Zwar wuchs der Umsatz mit Musikdownloads im vergangenen Jahr um satte 34 Prozent. Doch diese Zuwächse reichen bei weitem nicht aus, um die schwindenden Erlöse der Branche insgesamt wieder wettzumachen. Im zehnten Jahr in Folge mussten die Plattenfirmen 2008 einen Umsatzrückgang auf knapp 1,6 Milliarden Euro verkraften. Grund dafür waren einmal mehr die Onlinepiraterie und das illegale Brennen von CDs.

Trotz aller Bemühungen zur Eindämmung des verbotenen Tauschhandels kommen auf 38 Millionen legale Downloads noch immer 316 Millionen illegale.