Netzwerk gelingt größter Börsengang eines Internetunternehmens. 28 Jahre alter Gründer Mark Zuckerberg nimmt 1,1 Milliarden Dollar ein.

Menlo Park/New York. Es war ein Börsenstart ohne die erhoffte Euphorie: Der erste Kurs der Facebook-Aktie lag zum Handelsstart an der New Yorker Technologiebörse Nasdaq mit 43 Dollar zwar deutlich oberhalb des Ausgabepreises von 38 Dollar, fiel dann aber zunächst bis auf diese Marke zurück und blieb damit hinter manchen hochgesteckten Erwartungen zurück.

Doch eines steht außer Zweifel: Acht Jahre nach der Gründung in einer Studentenbude ist Facebook endgültig ein Weltkonzern. Das soziale Netzwerk hat den größten Internetbörsengang der Geschichte hingelegt. Schon auf Basis des Ausgabepreises ist das Unternehmen teurer als etwa die drei alteingesessenen deutschen Vorzeigeunternehmen BMW, Deutsche Bank und Adidas zusammen.

+++ Facebook-Aktie schließt mit 23 Cent Plus am ersten Handelstag +++

Den Moment des großen Triumphs am Vorabend der Erstnotiz teilte Firmengründer Mark Zuckerberg mit den Mitarbeitern. In seinem typischen Outfit aus Jeans, T-Shirt und Kapuzenpulli trat der 28-Jährige auf das sonnendurchströmte Gelände des kalifornischen Facebook-Hauptquartiers und tauchte in die stehenden Ovationen der dicht gedrängten Angestellten ein. Gerade war der Schlusspunkt unter den Eckdaten gesetzt: Ein Ausgabepreis am oberen Ende der Angebotsspanne, 104 Milliarden Dollar (80 Milliarden Euro) Börsenwert, viele frischgebackene Millionäre unter den klatschenden Mitarbeitern. Auch in Hamburg konnten sich Facebook-Beschäftigte freuen: In der Deutschland-Zentrale sind gut ein Dutzend Mitarbeiter für die Firma tätig.

Zwar eröffnete Zuckerberg am Freitag den Handel an der Nasdaq; er verzichtete aber darauf, die Glocke direkt auf dem Börsenparkett zu läuten, und tat dies mit einem Mausklick vom Firmensitz Menlo Park an der Westküste aus. Es ist ungewöhnlich, dass ein Firmenchef den symbolischen Termin auf dem Börsenparkett schwänzt, aber keineswegs untypisch für Zuckerberg.

Schon als Junge, der früh Spaß am Programmieren hatte, kam er mit Computern besser als mit Weggefährten zurecht, an der Elite-Uni Harvard war er eher ein Außenseiter. Nun will er aller Welt zeigen: Es ändert sich nichts mit dem neuen Reichtum. So gab es zur Feier des Tages nicht etwa Champagner, sondern einen "Hackathon". Eine Aktion, bei der man stundenlang gemeinsam Software schreibt. Mit dem Börsengang hat Zuckerberg, der seit der frühen Studienzeit mit seiner Freundin zusammen ist, 30 Millionen seiner Anteilsscheine verkauft und damit gut 1,1 Milliarden Dollar eingenommen.

+++ Südeuropatief drückt auf Kurse +++

Zuckerberg besitzt aber noch einen Anteil im Gegenwert von gut 19,1 Milliarden Dollar. Auf der Liste der reichsten Menschen der Welt des Finanzdienstes Bloomberg taucht er auf Platz 30 auf - damit liegt er auf Augenhöhe mit den beiden Google-Gründern Larry Page und Sergey Brin.

Deren Unternehmen ist an der Börse aktuell gut 200 Milliarden Dollar wert, die Werbeeinnahmen liegen mit 36,5 Milliarden Dollar mehr als zehnmal so hoch wie bei Facebook. Doch mit weltweit mehr als 900 Millionen Nutzern, über 20 Millionen davon in Deutschland, ist Facebook das dominierende soziale Netzwerk.

Ausgerechnet in Deutschland, dem größten Markt Europas, hat Facebook allerdings Probleme. In keinem der angrenzenden Länder gibt es im Vergleich zur Bevölkerungszahl so wenige Facebook-Nutzer wie in der Bundesrepublik, gerade 28 Prozent Marktpenetration kann Facebook hier vorweisen. Verglichen mit umliegenden Ländern, Großbritannien oder den USA, ein tiefer Wert. Dort erreicht Facebook zwischen 40 und 50 Prozent der Menschen.

Dagegen wolle Facebook nach dem Börsengang ankämpfen, schreibt das Management in der offiziellen Börsenbroschüre. Facebook wolle dafür an Marketing und anderen "Akquisitionsmaßnahmen" arbeiten. Der Kampf um neue Nutzer dürfte jedoch eine Herausforderung werden, sagen Experten. Denn auf landestypische Besonderheiten geht das Netzwerk bisher kaum ein - und in Deutschland sind Sorgen der Nutzer um ihre Privatsphäre besonders ausgeprägt. Datenschutzexperten haben die Bestimmungen des Netzwerks wiederholt kritisiert und Nutzern zum Widerstand dagegen geraten.

Unklar ist zudem, wie lange die Euphorie um die Facebook-Aktie anhält. Skeptiker fühlen sich an die Internetblase um die Jahrtausendwende erinnert. Der hessische SPD-Landesvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel twitterte am Freitag: "Blase 2.0 die nächste. Manche werden nicht schlauer." Ende der 90er-Jahre pumpten Investoren Geld in jede kleine Firma, die versprach, irgendwas mit diesem neuen Internet zu machen. Am Ende lösten sich Hunderte Unternehmen und gewaltige Geldberge in Luft auf.

"Der Facebook-Börsengang hat das Potenzial, entweder der gesamten Branche Auftrieb zu geben oder sie zu lähmen", sagt Christian Leybold, Partner beim Investor eVenture. Eine Blase wie in den 90er-Jahren sieht er nicht. "Man muss die Unternehmen eher als Einzelfälle betrachten."