Die Münzprägestätte in Hamburg prägt die aktuellen Goldstücke. Sie zeigen einen Fichtenzweig. Größte Präzision ist bei der Arbeit Pflicht.

Hamburg. Es sind nur wenige Handgriffe, bis aus einem unscheinbaren Rohling, der an einen goldfarbenen Anzugknopf erinnert, eine Goldmünze wird. Durdane Sarioglu legt den Rohling in die Presse. Ein Sicherheitsfenster fährt nach unten und dann senkt sich auf Knopfdruck die Presse. Ein Schlag und ein Druck von 36 Tonnen reichen aus, um die Motive gleichzeitig auf Vorder- und Rückseite zu prägen. Und den Buchstaben J als Kennzeichen für die Prägestätte Hamburgische Münze.

Mit weißen Handschuhen nimmt Sarioglu die Münze aus der Presse und legt sie auf ein Tablett. Darauf reiht sich Goldstück an Goldstück. Eine Presse schafft 1200 Stück am Tag, wenn alles planmäßig läuft. "Von der Gesamtauflage von 200 000 Stück werden hier bei uns 40 000 Stück hergestellt", sagt Ralph Thiemann, Leiter der Hamburgischen Münze.

+++ Die älteste Münzprägeanstalt Deutschlands +++

Die 20-Euro-Goldmünze, die einmal im Jahr für Sammler herausgegeben wird, ist nicht größer als ein Zwei-Cent-Stück. Jährlich zeigt sie ein Motiv zum deutschen Wald, in diesem Jahr einen Fichtenzweig. 3,89 Gramm Feingold stecken in der 1/8 Unze. Doch der steigende Goldpreis macht selbst das winzige Stück sehr wertvoll. "Ich rechne mit einem Verkaufspreis von rund 200 Euro", sagt Thiemann. Endgültig wird der Preis vom Bundesfinanzministerium erst kurz vor der Ausgabe der Münzen am 25. Juni festgelegt. Aktueller Goldpreis plus 50 Euro Aufschlag lautet die Preisbildungsformel des Bundes. Dennoch ist die Nachfrage groß. "Bei uns sind mehr Bestellungen eingegangen, als Münzen verfügbar sind", sagt eine Sprecherin der Verkaufsstelle für Sammlermünzen des Bundes.

Die eigentliche Arbeit an der Münze begann für die Hamburger lange vor dem Prägen. "Bei dieser Münze haben wir auch die Werkzeuge gefertigt", sagt Thiemann mit leichtem Stolz. Eine Besonderheit, die nicht für jeden Münzjahrgang zutrifft. Denn die fünf Münzprägestätten in Deutschland wechseln sich bei der Fertigung der Werkzeuge für die Goldmünzen ab.

Das gilt auch für die 100-Euro-Goldmünze, die erst im Herbst erscheint. Sie zeigt Motive des Unesco-Welterbes, in diesem Jahr den Aachener Dom. Zwar wird auch diese Münze in der Größe einer halben Unze (15,55 Gramm) von den Hamburgern geprägt, die Werkzeuge dazu kommen aber aus Stuttgart. Erst im vergangenen Jahr konnten die Hamburger die Prägewerkzeuge der 100-Euro-Goldmünze mit dem Motiv der Wartburg herstellen.

Der Hamburger Künstler Frantisek Chochola lieferte bei Graveur Mathias Kahmke ein Gipsmodell für die 20-Euro-Goldmünze ab. Es ist achtmal größer als das Original. "So kann der Künstler besser arbeiten", sagt Kahmke. Ein schlichter Fichtenzweig bestimmt die Vorderseite. Mittels Laserstrahl und Computertechnik wird das Modell abgescannt, um so ein Computerprogramm zu erstellen, mit dem anschließend eine CNC-Gravier- und Fräsmaschine gesteuert wird. Mit ihr wird die Patrize erstellt, eine Art Metallstempel auf dem sich das Motiv erhaben abzeichnet. Selbst für eine kleine Münze mit schlichtem Motiv wie dem Fichtenzweig dauert das 24 Stunden.

Doch für die Feinheiten der Künstler sind die Werkzeugmaschinen noch zu unpräzise. Unter einem Mikroskop mit 40-facher Vergrößerung bearbeitet Kahmke die Patrize nach. Neben sich das Gipsmodell, den Blick durchs Mikroskop gerichtet, schärft er präzise und vorsichtig Konturen.

Aber das Prägewerkzeug ist damit noch nicht geschaffen. Erst unter der tonnenschweren Senke von Michael Reschke nimmt es Form an. In einen Stahlrohling presst er mithilfe der Patrize das Motiv. Hier entsteht die Matrize, die Form, in der später der Goldrohling gepresst wird und in der das Motiv vertieft abgebildet ist.

Mehr Stempel als üblich wurden zunächst in diesem Jahr benötigt. Statt nach 1000 Prägungen mussten sie schon nach 300 Prägungen ausgetauscht und nachbearbeitet werden. Denn winzige Beeinträchtigungen hätten sonst das Bild der Goldmünze getrübt. Die Ursache wurde in den Rohlingen vermutet. Die Hamburgische Münze gab deshalb die gesamte Lieferung zurück. "Inzwischen haben wir neue Rohlinge, und das Problem ist gelöst", sagt Thiemann.

Dennoch müssen Marija Matusko und ihre Kolleginnen in der Endkontrolle sehr genau sein. "Ich achte vor allem auf Kratzer und Verfärbungen", sagt Matusko. Nur einwandfreie Stücke verpackt sie in die durchsichtigen Plastikkapseln. Münzen, die die Sichtkontrolle nicht bestehen, werden wieder eingeschmolzen. Gemessen an den Stückzahlen macht die Produktion von Sammler- und Gedenkmünzen nur einen kleinen Teil der Fertigung in der Hamburgischen Münze aus. Denn vor allem werden hier Ein-, Zwei-, Fünf- und 20-Cent-Stücke sowie Zwei-Euro-Stücke vollautomatisch hergestellt. Von den übrigen Münzen gibt es noch Lagerbestände bei der Bundesbank.

Die Münze in Rahlstedt teilt sich in zwei große Bereiche: Auf der einen Seite die Produktion der Sammlerstücke mit viel Handarbeit und maximal acht Stück pro Minute und auf der anderen Seite die weitgehend automatisierte Euro-Münzenproduktion mit 850 Stück pro Minute.

Ein Prägestempel muss hier ganz andere Mengen schaffen. Erst nach insgesamt 380 000 Stück wird er zum Beispiel bei der Ein-Euro-Münze ausgewechselt. "Wöchentlich produzieren wir sieben bis acht Millionen Stück", sagt Thiemann. Vor allem Ein-Cent-Münzen sind gefragt. "Der Bedarf nach der Euro-Einführung ist höher als zunächst erwartet." 18 Milliarden Euro-Münzen gab es zur Einführung der Gemeinschaftswährung in Deutschland. Inzwischen sind ungefähr 28 Milliarden Stücke in Umlauf, und Thiemann sorgt für Nachschub.

In diesem Jahr ist es allerdings weniger als ihm lieb ist. Denn der Bund hat nur 260 Millionen Münzen bei ihm bestellt. Das sind rund ein Viertel weniger als im Vorjahr. Die Kapazitäten von bis zu 750 Millionen Münzen im Jahr sind damit noch längst nicht ausgelastet. Zwar wird im Ausland die deutsche Präzision bei der Münzproduktion geschätzt, "doch seit der Finanzkrise ist es schwieriger geworden, an Fremdaufträge zu kommen", sagt Thiemann.

Personell hat sich die Hamburgische Münze längst darauf eingestellt. "Mit 52 Mitarbeitern, davon sechs in Altersteilzeit, arbeiten wir bereits an der unteren Grenze", sagt Thiemann. Damit hat sich die Belegschaft seit Ende der 1990er-Jahre halbiert. "Als Landesbetrieb kosten wir die Stadt kein Geld, sondern haben in den vergangenen zehn Jahren 20 Millionen Euro an Hamburg abgeliefert." Die Umsätze der Hamburgischen Münze fallen wiederum eher gering aus, da der Bund das Prägematerial einschließlich der Goldrohlinge zur Verfügung stellt. "Nach vier Millionen Euro Umsatz 2011, werden wir in diesem Jahr knapp darunter bleiben", sagt Thiemann.

Mit fünf Prägestätten in Berlin (A), München (D), Stuttgart (F), Karlsruhe (G) und Hamburg (J) hat Deutschland eine historisch gewachsene Sonderstellung. Mit der Reichsgründung 1871 wurde den Ländern angeboten, weiterhin Münzen im Auftrag zu fertigen. Daran änderte sich auch mit Gründung der Bundesrepublik nichts. Einen Trend zu einer bundesweiten Münze sieht Thiemann nicht. "Damit würde man den Sammlermarkt deutlich einschränken, der sich auf diese Vielfalt eingestellt hat", sagt Thiemann. Auch die Münzgewinne des Finanzministers würde das schmälern. Ein aktueller Kursmünzensatz mit Zwei-Euro-Münzen hat einen Nominalwert von 5,88 Euro und kostet in der besseren Spiegelglanzausführung 22 Euro und in der Normalprägung zwölf Euro. Jedes dieser Sets gibt es von allen Prägestätten. Und richtige Sammler sind nur glücklich, wenn sie alle Sätze komplett besitzen. Von jeder Prägequalität werden jährlich rund 50 000 Kursmünzensätze hergestellt, ein Drittel der Menge, die noch zur Einführung des Euro nachgefragt wurde.

Nur bei der Zehn-Euro-Gedenkmünze wird das Prinzip des Prägens in jeder Münzanstalt durchbrochen. Jedes Motiv kommt nur aus einer Prägestätte. Hamburg liefert in diesem Jahr die Gedenkmünze zum 150. Geburtstag von Gerhart Hauptmann. Thiemann blickt aber schon Richtung 2013 und auf ein Märchenmotiv: Schneewittchen.