Hamburg. Die Absatzkrise in Europa hat den Streit über die Klimaziele der Automobilindustrie neu entfacht. Während die EU-Kommission den Herstellern schärfere Vorgaben zur Senkung des CO2-Ausstoßes verpassen will, plädieren die Hersteller für mehr Flexibilität bei den Umweltstandards. Dabei verweisen sie auf ihre kaum ausgelasteten Fabriken. In der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation seien schärfere Umweltvorgaben kaum zu stemmen. Unterstützung erhielt die EU-Kommission gestern durch die Automobilklubs ADAC und VCD. Eine Aufweichung des Klimaschutzes schade nicht nur der Umwelt, sondern verlängere auch die Abhängigkeit vom Erdöl, erklärte der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC). Der Verein plädierte außerdem dafür, der Industrie über das Jahr 2020 hinaus verbindliche Klimaziele vorzugeben, um ihr Planungssicherheit zu geben.

Die EU-Kommission will das Ziel eines CO2-Ausstoßes von 95 Gramm pro Kilometer nun verbindlich vorschreiben. Bisher ist dies freiwillig. Dem Kommissions-Entwurf zufolge dürfte der durchschnittliche Autofahrer aufgrund der neuen Regelung etwa 500 Euro im Jahr infolge eines geringeren Benzinverbrauchs einsparen.

Bevor eine Neuregelung wirksam wird, muss der Entwurf allerdings noch mehrere politische Hürden nehmen. Experten rechnen damit, dass es den Herstellern bis dahin gelingen dürfte, die Vorgaben durch Lobbyarbeit aufzuweichen. 95 Gramm wären "ein Extremschritt, der so definitiv nicht kommen wird", meinte Autoanalyst Frank Schwope von der NordLB. Seit 2012 gilt europaweit ein Grenzwert von 130 Gramm CO2 pro Kilometer, der von den Herstellern stufenweise bis 2015 erreicht werden soll.

Diese Herausforderung trifft die Industrie in schweren Zeiten: Vor allem Massenhersteller wie Fiat, Peugeot und Opel können ihre Werke derzeit kaum auslasten, da wegen der hohen Arbeitslosigkeit in Südeuropa kaum noch Autos verkauft werden. Die Marktforschungsgesellschaft IHS Global Insight schätzt, dass auch Opel seine Fabriken in diesem Jahr nur zu zwei Dritteln auslasten kann.