Der Comedian wird im Song „Stress ohne Grund“ verbal ebenso angegangen wie die Politiker Klaus Wowereit, Claudia Roth und Serkan Tören. Bushido beteuert, keine Aufrufe zur Gewalt liefern zu wollen.

Berlin. Während sich Politik und Medien über den Umgang mit Bushidos Song „Stress ohne Grund“ die Köpfe zerbrechen, scheint sich der Rapper selbst genüsslich zurückzulehnen und sich weiter über die Debatte zu belustigen.

Via Twitter kommentiert der 34-Jährige jedenfalls fortlaufend neueste Berichte über die Auswirkungen seines Musikvideos, indem er unter anderen die Politiker Klaus Wowereit (SPD) und Claudia Roth (Grüne) verbal attackiert.

Dabei hat es dem Rapper vor allem eine Aktion der „Bild“-Zeitung angetan, in der Kolumnist Franz-Josef Wagner den Musiker mit eigenen Wortwaffen zu schlagen gedenkt. Bushidos einziger Kommentar dazu: Ein lang gezogenes „hahahahahahahahahahahahahahaha“.

Doch Bushido bemüht sich andererseits durchaus, seinen Song ernsthaft zu erklären. „Stress ohne Grund“ sei demnach kein Aufruf von Gewalt, sagte der für seine Skandale berüchtigte Rapper dem Nachrichtensender N24.

„Ich habe die Mittel benutzt, die mir zur Verfügung stehen. Und ich meine, Frau Roth und Herr Tören, mit denen hab ich halt schon eine etwas längere gemeinsame Vergangenheit. Ich wurde von den beiden auch des Öfteren als Antisemit und als Proll-Arschloch und so was alles betitelt und bezeichnet - auch in der Öffentlichkeit. Und das ist jetzt meine Retourkutsche gewesen“, sagte Bushido dem Sender.

Der Song enthält Tötungs- und Gewaltfantasien sowie schwulenfeindliche Parolen. Über den FDP-Bundestagsabgeordneten Serkan Tören rappt Bushido: „Und ich will, dass Serkan Tören jetzt ins Gras beißt.“

Wowereit erstattet Strafanzeige

Neben Tören und Grünen-Chefin Claudia Roth werden auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit und Comedian Oliver Pocher namentlich genannt und voller Hass beleidigt. Auf einigen Internetseiten ist das Video zu dem gemeinsam mit Rapper Shindy aufgenommenen Lied bereits gesperrt.

„Es ist natürlich provokant. Ich habe die Mittel genutzt, die mir als Rapper zur Verfügung stehen“, sagte Bushido N24. „Ich bin der Meinung, dass Menschen, die jeden Tag Rap hören, wissen, wie man damit umzugehen hat“.

Dennoch muss Bushido mit juristischen Konsequenzen rechnen, denn Wowereit stellte am Montag Strafanzeige. Die Inhalte des Songs hätten Wowereit zu rechtlichen Schritten bewogen, sagte der stellvertretende Senatssprecher Bernhard Schodrowski.

Zum konkreten Tatvorwurf der Anzeige äußerte er sich nicht. Es soll aber unter anderem um Beleidigung gehen. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft bestätigte den Eingang der Anzeige zunächst nicht.

Oliver Pocher hält sich noch zurück

Als einziger der im Songtext angeführten Prominenten hat sich Oliver Pocher bislang noch nicht zu der offensichtlichen Beleidigung geäußert. Möglicherweise hängt die Zurückhaltung des 35-Jährigen mit einer früheren Kooperation mit Bushido zusammen.

Im Jahr 2009 veröffentlichten der Comedian und der Rapper die gemeinsame Singel „Kennst du die Stars“, in der das Duo ebenfalls wenig zimperlich mit öffentlichen Personen umgingen. Unter anderem heißt es in dem Song: „Mark Medlock, du hast den Hintern voller Schlagsahne“.

Zur Zeile „Ich verkloppe blonde Opfer so wie Oli Pocher“ aus „Stress ohne Grund“ schweigt der Angesprochene jetzt allerdings. Dabei ist Pocher sonst äußerst auskunftsfreudig und nutzt dabei regelmäßig seine Online-Kanäle. Auf Facebook beschreibt ein Fan das mögliche Dilemma, in dem Pocher stecken könnte und liefert einen Vorschlag: „Anzeige passt nicht zu Ihm. Ein Gegen-Rap wäre da eher was.“

Friedrich reagiert nach Beck-Aufforderung

Anders als Pocher hat sich indes auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) in die Debatte eingeschaltet: „Dieses Video überschreitet alle Grenzen. Das ist jetzt ein Fall für die Justiz“, sagte der Politiker laut einer Mitteilung. Zuvor hatte der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, von Friedrich ein klares Wort gefordert - schließlich tauche er auf vielen Fotos mit Bushido auf.

Beck wertete den Liedtext im Radiosender NDR-Info als Aufruf zum Mord an konkreten Personen. Auf eine solche Hetze folge in Deutschland normalerweise eine strafrechtliche Sanktion, sagte er.

Die Berliner Staatsanwaltschaft prüft das Lied bereits seit dem Wochenende. Der Song gehöre „schnellstens auf den Index“ äußerte sich Innensenator Frank Henkel (CDU). Bushido bettle mit seinem „menschenverachtenden Machwerk“ um Aufmerksamkeit. „Diese verbale Gewaltorgie muss sich niemand bieten lassen“, sagte Henkel.

Beck betonte, Bushido handele aus „purer Lust an der Provokation“. „Weil er musikalisch und künstlerisch nicht viel drauf hat, ist er immer darauf angewiesen, sich durch Aufmerksamkeitserzeugung ins Gespräch zu bringen.“ Der hessische Integrationsminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) verlangte gegenüber hr-online, Bushido solle seinen Integrations-Bambi verlieren.

Die „Bild am Sonntag“ hatte zur Bambi-Frage „Bunte“-Chefredakteurin Patricia Riekel zitiert: „Die Jury ist nicht verantwortlich für den Weg, den ein Preisträger in den Jahren nach der Auszeichnung einschlägt.“ Vor drei, vier Jahren habe sich Bushido aktiv für Integrationsprojekte und gegen Gewalt eingesetzt, dafür sei er 2011 mit einem Bambi ausgezeichnet worden.

Der Schlagersänger Heino beklagte in der „Bild“-Zeitung vom Montag, Bushidos Lieder seien menschenverachtend. Der Rapper müsse „in seiner kriminellen Energie dringend gestoppt werden“. Drei von Bushidos Alben stehen bereits auf dem Index.

Ehrenamtliche entscheiden über Indizierung

Und das Schicksal ereilt jetzt auch „Stress ohne Grund“, das am Mittwoch für Minderjährige verboten wurde. Denn die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien setzte das Album „NWA“ des Interpreten Shindy, auf dem das Feature von Bushido erschienen war, vorläufig auf den Index.

Am Montag waren entsprechende Anträge gegen die CD und das im Internet noch einsehbare Video eingegangen, sagte die Vorsitzende der Prüfstelle, Elke Monssen-Engberding. Die Behörde kann Lieder auf den Index stellen - dann dürfen sie nur Volljährigen zugänglich sein.

Über die Indizierung des neuen Songs hatte ein ehrenamtliches Gremium entschieden. Zuvor hatte die Plattenfirma eine mehrtägige Frist zur Stellungnahme.

Auf dem Index stehen beispielsweise Lieder, die zu Gewaltverbrechen aufrufen oder Menschen wegen ihres Geschlechts oder der sexuellen Neigung diskriminieren. Indizierte Titel dürfen nur an Über-18-Jährige verkauft werden. An für Kinder und Jugendliche zugänglichen Orten dürfen sie nicht ausgestellt und beworben werden.

Auch Bushido selbst will nun seine Anwältin einschalten. Auf Twitter kündigte er an, Abmahnungen an eine Zeitung verschicken zu wollen. Gründe nannte er nicht.