Mit seinem Song „Stress ohne Grund“ und dem dazugehörigen Video hat Skandalrapper Bushido einmal mehr die Aufmerksamkeit, vor allem aber auch den Ärger und Unverständnis von Politik und Medien auf sich gezogen.

Hamburg. Skandal- Rapper Bushido zieht mit einem Lied voller Tötungs- und Gewaltfantasien und schwulenfeindlicher Passagen Ärger auf sich und scheint sich darüber zu freuen. Den Song „Stress ohne Grund“ hat der 34-Jährige gemeinsam mit dem Rapper Shindy aufgenommen.

Die Berliner Staatsanwaltschaft prüft das Lied bereits. Der stellvertretende Senatssprecher Bernhard Schodrowski sagte, Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit werde an diesem Montag Strafantrag stellen. Außerdem würden weitere rechtliche Schritte geprüft wie Unterlassung oder die Forderung einer Geldentschädigung.

Auch in den Medien ist der Hass-Song Bushidos Thema. Etliche Tageszeitungen widmeten dem Skandalrapper ihre Aufmerksamkeit. Im Folgenden eine Auswahl an Kommentaren zu Bushidos Song „Stress ohne Grund“:

„Neue Osnabrücker Zeitung“: Bekannt geworden ist Anis Ferchichi, so Bushidos bürgerlicher Name, vor einigen Jahren mit homophoben, frauenfeindlichen und gewaltverherrlichenden Texten. 2011 erhielt der Skandal-Rapper den Integrations-Bambi. Er sei geläutert, führte die Jury als Begründung an. Anschließend ließen sich Politiker gern mit ihm ablichten und Bushido sich in Boulevard-Zeitungen als treu sorgender Familienvater und politikinteressierter Bundestagspraktikant abbilden. Nun zeigt sich, dass Medien und Politiker sich haben blenden lassen, denn Bushido ist vor allem eines: berechnend.

In den vergangenen Monaten war es still um ihn geworden, bis auf die Enthüllung, dass er einer libanesischen Großfamilie mit mafiösen Strukturen nahestehen soll. Sein Saubermann-Image war nun hin, die Geschäfte mit der Musik liefen in letzter Zeit auch nicht mehr wie früher, und treue Fans nahmen ihm das neue Image ohnehin übel.

Was liegt da näher, als zu seinen erfolgreichen Wurzeln zurückzukehren, passend zum Verkaufsstart des Albums? In dem Lied „Stress ohne Grund“ droht er den Politikern Claudia Roth, Klaus Wowereit und Serkan Tören mit Gewalt und Tod. Die bundesweite mediale Aufmerksamkeit ist ihm damit sicher. Er hat erreicht, was er wollte. Wowereit und Tören gaben bekannt, Strafanzeige stellen zu wollen. Bushido wird das grinsend zur Kenntnis nehmen. Wen stören schon ein paar Tausend Euro Strafe bei so einem Marketingcoup?

„Schwäbische Zeitung“ (Ravensburg): Was will Anis Mohammed Youssef Ferchichi, alias Bushido? Provozieren will er, vor allem aber Kasse machen. Doch wer in einem musikalisch grauenhaften Rap-Lied darüber fantasiert, auf die Grünen-Politikerin Claudia Roth zu schießen, in Gossenmanier droht, man werde sich Journalisten und Staatsschützer vornehmen, kann sich kaum auf die künstlerische Freiheit herausreden, die es zu schützen gelte.

Wir urteilen hier nicht über die künstlerischen Möglichkeiten des Mannes, über den echte Rap-Stars in den USA wohl eher die Nase rümpfen würden. Recht und Gesetz sind bei Bushido überflüssiges Beiwerk, Gewalt und Statussymbole wie Edelkarossen scheinen erstrebenswerte Ziele. Das mögen Fans in einer bestimmten rebellischen Lebensphase ganz cool finden. Wenn man über diesen Punkt hinaus ist, wird es bedenklich. Oder gar justiziabel.

In Bushidos Video „Stress ohne Grund“ schimpft er auf die Medien, die über seine engen Verbindungen zu einer kriminellen libanesischen Familie in Berlin schreiben. Es geht gegen den Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit, weil der homosexuell ist, es geht gegen das LKA und das BKA. Die Feindbilder sind bei Bushido auswechselbar, erlaubt ist alles, was Umsatz bringt, gerne attackiert er auch mal Frauen.

Die Freiheit der Kunst ist ein hohes Gut. Die Böhsen Onkelz oder der Künstler Jonathan Meese, der mit Hitlergruß auf die Bühne tritt, haben dieses so wenig geachtet, wie jetzt Bushido. Für den in Bonn geborenen Berliner Gangsta-Rapper ist die Morddrohung kein Ausrutscher. Sie ist Kalkül. Die Öffentlichkeit empfand Bushido lange als unterhaltsam, 2011 bekam er einen Bambi verliehen, und er fand gar einen Bundestagsabgeordneten, bei dem er medienwirksam ein Praktikum absolvieren durfte. Wenn es jetzt zu einem Verfahren gegen Bushido kommt, wird nicht darüber befunden, was Kunst oder was Schwachsinn ist. Sondern es geht um die Verherrlichung von Gewalt und um die Anstiftung zu einer Straftat.

„Allgemeine Zeitung“ (Mainz): Es ist das Los der Freiheit, dass es immer welche geben wird, die sie missbrauchen. Die sich unter dem Deckmantel, Künstler zu sein, die Taschen mit dem Geld ahnungsloser Fans vollstopfen. Unter dem Schutzschirm künstlerischer Freiheit verhöhnen schräge Vögel wie Anis Mohamed Youssef Ferchichi unser Rechtssystem. Wir haben ihm auch noch zugejubelt und ihm einen Bambi für „Integration“ an den Hals gehängt. Der Demagoge hat's genommen und seinen Marktwert damit erhöht. Sieben Millionen Euro verdiene er jährlich, behaupten Rechercheure im Internet.

Der Mann, der sich aus dem Japanischen den „Künstlernamen“ Bushido (Weg des Kriegers) besorgt hat, berichtet, dass er bei einem Bühnenauftritt 80.000 Euro pro Stunde verlangen kann. Mehr als 10.000 Zustimmungen in Gestalt von „gefällt mir“-Klicks hat das jüngste Video dieses ehemaligen Kriminellen auf seiner Facebook-Seite bekommen. Darin beschimpft er Homosexuelle, bedroht Politiker namentlich mit dem Tod, staatliche Einrichtungen werden lächerlich gemacht. Dieser selbst ernannte Krieger kann sich den Spaß leisten. Eine Geldstrafe, mehr nicht, hat der Hassprediger nach Noten zu befürchten.

Ihn wird sein millionenschweres Immobilienunternehmen, das er sich mit einem zwielichtigen Klanchef aus Arabien aufgebaut hat, weiterhin gut finanzieren. Es ekelt einen an, wie sich ein Mensch, dem die Gesellschaft immer wieder seine Eskapaden verziehen hat, schamlos bereichert, indem er Jugendliche aufstachelt und ihre Aggressionen lenkt. Dieser Brandstifter nimmt in Kauf, dass in seinem Namen vergewaltigt und gemordet wird. Zum Ignorieren ist es zu spät. Solchen Leuten muss der Staat die Stirn bieten.

„Märkische Oderzeitung“ (Frankfurt an der Oder): Seine frauenverachtenden, schwulenfeindlichen, gewaltverherrlichenden und jugendgefährdenden Texte dürfen (...) nicht unwidersprochen bleiben. Und dass die Empörung eine Reaktion auf eine plumpe Werbestrategie ist, macht sie nicht schlechter. Zumal zu bezweifeln ist, ob Bushidos Suche nach Aufmerksamkeit überhaupt greift. Denn wer glaubt, dass er mit dem Clip unter seinen Fans Glaubwürdigkeit zurückgewinnen kann, der sollte sich das Video – zweifellos ist es noch irgendwo zu finden – genauer ansehen: Das ist kein Benzin, das am Ende über ein Auto gekippt wird, um es anzuzünden. Das ist Wasser.

„Westdeutsche Zeitung“ (Düsseldorf): Leider darf man bei Bushido seinem ersten Reflex nicht folgen. Der lautet nämlich: Da ist einer durchgeknallt, am besten ignorieren wir das, um nicht noch Werbung für ihn zu machen. Doch bei dem Rapper funktioniert Totschweigen nicht. Obwohl er als künstlerisch dürftig gilt, verfolgen viele Menschen elektrisiert sein Tun. Allein das mittlerweile nur über Umwege zugängliche Skandal-Video wurde schon fast eine Million mal angesehen. Und darin ruft er eindeutig zur Gewalt etwa gegen die Grünen-Politikerin Claudia Roth auf.

Homosexuelle beleidigt er brutal. Dass so jemand 2011 den Integrations-Bambi erhielt, macht alles noch schlimmer. Die Jury scheint – so die Rückschau – damals geistig umnachtet gewesen zu sein. Korrektur ist nötig. Doch alles Spektakel des sogenannten Künstlers wäre sinnlos, wenn er nicht in unserer Gesellschaft Aufmerksamkeit fände. Die ist ihm sicher, weil die Enttabuisierung von Privatem dank der dunklen Seiten des Internets weit fortgeschritten ist. Und weil via Internet-Netzwerken nicht nur sinnvolle Informationen – etwa der politischen Opposition in Diktaturen – sondern auch jede Art von vermeintlich ach so Lustigem oder Spektakulärem in einem Schneeballsystem millionenfache Verbreitung findet. Dass einer wie Bushido das nutzt, ist klar. Dabei muss man ihm nicht einmal unterstellen, er habe total perverse Wertmaßstäbe.

Er handelt mit Kalkül. Mit seiner Musik allein wird er nicht reicher. Sein Ruf ist durch den Integrations-Bambi, Bilder vom glücklichen Familienleben oder durch ein Foto mit Innenminister Hans-Peter Friedrich zu bürgerlich geworden. Das Image des brav gewordenen Wilden verkauft sich aber nicht. Also hat sich der Rapper konsequent auf sein Rüpel-Image besonnen. Zurück zum Markenkern, würden Marketingexperten sagen. Aber hoffentlich geht diese Rechnung nicht auf. Vielleicht wird es selbst den Bushido-Fans zu viel, und sie lassen seine CDs liegen, gehen nicht mehr zu Konzerten und Autogrammstunden. Wenn dann noch die attackierten Politiker sich nicht vor Klagen – einschließlich Schadensersatz – scheuen, dann wird der Rapper als Verlierer aus der ekligen Affäre herausgehen. – Und etwas mehr Zurückhaltung beim unreflektierten Weiterleiten von Videos wäre auch nicht schlecht.

„Donaukurier“ (Ingolstadt): Bushido textet regelmäßig Lieder, die vor Gewaltfantasien gegen Frauen, Schwule und Deutsche ohne Migrationshintergrund nur so strotzen. So richtig übel hat ihm das bislang aber niemand genommen. Doch jetzt ist Schluss mit lustig. Sein neuer Song verstößt nicht nur gegen den guten Geschmack, sondern ist sogar ein Fall für die Justiz. Sätze wie „Ich schieß auf Claudia Roth und sie kriegt Löcher wie ein Golfplatz“, haben mit künstlerischer Freiheit nichts zu tun. Bushido gehört auf die Anklagebank.

„General-Anzeiger“ (Bonn): Die unappetitlichen Spitzen des Rappers gegen Politiker wie Klaus Wowereit und Claudia Roth müssen als das benannt werden, was sie sind: gewaltverherrlichende Fantasien, die mit der vom Grundgesetz garantierten Kunstfreiheit nicht vereinbar sind. Was wäre, wenn öffentlicher Diskurs, Protest und Kritik in diesem Fall ausblieben? Eine selbstbewusste Zivilgesellschaft muss sich positionieren. Ein windelweiches Alles-ist-erlaubt verbietet sich.