Der König der Hoteliers tritt ab: Kurt Wachtveitl war Gastgeber von Königen, Schönen und Reichen. Jetzt berät er seinen Nachfolger.

Bangkok. Eine schäumende Filmdiva zu besänftigen, einem britischen Herzog das Haupthaar zu stutzen oder kambodschanischen Steinzeitkommunisten Delikatessen aufzutischen, bringt Kurt Wachtveitl nicht aus der Ruhe. Nach rund 41 Jahren an der Spitze eines der berühmtesten Hotels der Welt kann einen so leicht nichts mehr erschüttern. Wachtveitls Ruf ist in der internationalen Hotellerie heute kaum weniger legendär als der seines Hauses.

Mit 72 Jahren hat der gebürtige Deutsche nun die Leitung des Oriental in Bangkok abgegeben. Jetzt leitet Jan Goessling die Luxusherberge. Als Berater und Markenbotschafter bleibt Wachtveitl der Mandarin-Oriental-Gruppe aber erhalten. Schließlich hat er seit seinem Eintritt im November 1967 dem Haus unzählige Auszeichnungen verschafft und zahllose Stars und Prominente bei Laune gehalten. Manche Gäste seien schrecklich, räumte Wachtveitl ein. "Sie hat mich behandelt wie einen Hund", erinnerte er sich an Elizabeth Taylor (77), die an die Decke ging, weil bei ihrer Ankunft die beste Suite schon belegt war. Dabei kannte er die Diva schon - aus seiner Anfangszeit in einem Hotel in Lausanne, wo sich die Schauspielerin mit Richard Burton zum Rendezvous zu treffen pflegte.

"Gewöhnlich tranken sie flaschenweise Wodka. Burton fiel um drei Uhr morgens fürchterlich betrunken die Treppe runter und kroch durch die Lobby." Die Taylor rief "Richard, Richard!", der heim zu seiner Frau fuhr.

Später im Oriental gelang es ihm, die wegen des Zimmers erzürnte Dame zu beruhigen. 1993 gewann er sie sogar als Verbündete, als ihr Freund Michael Jackson (50) - des sexuellen Kindesmissbrauchs verdächtigt - sich im Hotel vergrub und nicht auftreten wollte, obwohl Tausende Konzertkarten verkauft waren. Taylor flog aus Kalifornien ein und überredete "Jacko", auf die Bühne zu gehen. "Mit Prominenten umzugehen ist ganz einfach, wenn man alles tut, was sie wünschen", erklärt Wachtveitl.

"Wenn irgendetwas schiefgeht, ist der Teufel los." Das 1876 gegründete Oriental hat schon viele Reiche, Schöne und Berühmte gesehen. Die Schriftsteller Joseph Conrad, Rudyard Kipling und Somerset Maugham wohnten in dem Gebäude im Kolonialstil, das heute Schriftstellerflügel heißt und durch ein zehnstöckiges Hochhaus von 1976 ergänzt wird. Außerdem waren König Juan Carlos I. (71) von Spanien und Dänenkönigin Margrethe II. (69) zu Gast im Haus.

Wachtveitl absolvierte die Hotelfachschule in Lausanne - wo er seine spätere Frau Penny kennenlernte - und arbeitete in einer Reihe von Spitzenhotels in der Schweiz und in London, bevor er nach Thailand kam und 1967 Generalmanager des Oriental wurde. Die Eigentümer gaben dem erst 30-Jährigen freie Hand, und er machte aus dem Traditionshaus mit damals sehr bröseligem Charme eines der weltbesten Hotels. Sein Erfolgsrezept: Konzentration auf den Gast - und das Personal.

Das Mandarin Oriental Bangkok, wie es heute heißt, hat an die 40 000 Gäste in der Kartei, mit ihren Vorlieben und manchmal auch mit dem Ärgernis ihres letzten Aufenthalts. So staunte jüngst ein Manager, als er bei der Ankunft mit einer Entschuldigung für das Problem mit dem Wasser in seinem Zimmer vor zehn Jahren begrüßt wurde und zum Ausgleich dieses Mal eine Suite bekam. "So gewinnt man jemanden für immer, das garantiere ich", sagt der König der Hoteliers.

Nicht alle Wünsche sind erfüllbar. Doch als die Gattin des Herzogs von Bedford eine flottere Frisur für ihren Mann wünschte und hörte, dass sich Wachtveitl selbst das Haar schneidet, zückte er die Schere. Und dem als zickig verschrienen Supermodel Naomi Campbell (39), das den Weckanruf von ihm persönlich wünschte, wurde ebenfalls geholfen. Auch als Khieu Samphan und andere Führer der Roten Khmer, die heute wegen Völkermordes vor Gericht stehen, im Hotelrestaurant Lord Jim's das Beste bestellten, zuckte das Personal nicht mit der Wimper.

Die 1150 Angestellten haben, wie Gäste bestätigen, die sprichwörtliche deutsche Gründlichkeit angenommen, ohne die traditionelle thailändische Freundlichkeit zu verlieren. "Im Schnitt bleibt ein Angestellter mehr als 16 Jahre in unserem Haus. Das Personal betrachtet das Oriental als Lebensstellung, so wie es in Europa vor 100 Jahren war oder in Japan vor 50 Jahren." Der welterfahrene Wachtveitl macht auch heute noch vieles auf altmodische Art, was seinen Nachfolger erstaunt. "Ich habe keinen Computer in meinem Büro und auch kein Blackberry oder wie das heißt."