Das Schlüsselwort aller Pläne der neuen Regierung, die Steuern zu senken, heißt “möglichst“.

Hamburg. Es steht im Koalitionsvertrag, und darauf aufmerksam gemacht hat der Finanzminister, jetzt Wolfgang Schäuble, als er sich fernsehöffentlich weigerte, die für 2011 in Aussicht gestellten Steuersenkungen definitiv zuzusagen; im Vertrag stehe nämlich, dass die Entlastung der Steuerzahler um 24 Milliarden Euro und ein neuer Stufentarif "möglichst" 2011 in Kraft treten sollen.

Möglichst? Lässt sich das Adjektiv möglich überhaupt steigern: möglich, möglicher, am möglichsten? Sehr plausibel klingt das nicht, eher wie ein semantischer Trick zur vorsorglichen Abwehr des Adjektivs "unmöglich".

Der Duden allerdings lässt "möglichst" zu, der Wahrig auch, erwähnt aber, was darunter zu verstehen sei: "nach Möglichkeit, wenn es geht".

Im schwarz-gelben Vertrag wird dies an anderer Stelle auch klar, nämlich auf Seite 12: "Alle Maßnahmen des Koalitionsvertrags stehen unter Finanzierungsvorbehalt." Das heißt, wenn Schäuble sagt, er habe für die vereinbarte Steuersenkung kein Geld, dann kann diese nicht stattfinden.

Und was sollte ein Finanzminister wohl anderes sagen, wenn er die jetzt sogar in der Verfassung festgeschriebene Schuldengrenze einhalten will und deshalb bis 2016 mindestens so viele Milliarden einsparen muss, wie derzeit für Verteidigung, Verkehr und Bildung zusammen ausgegeben werden?

Den CSU-Chef Horst Seehofer beunruhigt so etwas offenbar nicht. Er ist ja nicht Finanzminister, er agiert derzeit eher wie ein Macht-Junkie auf Entzug, der gerade mal rückfällig geworden ist. Über die Steuererleichterungen im Jahr 2011 sagt er: "Das sind Vereinbarungen, und die kommen." Basta?

Die nun zum zweiten Mal (übrigens in Abwesenheit Seehofers) zur Kanzlerin gewählte Angela Merkel muss das Wort "möglichst" anders verstanden haben. Sie sagt (auch fernsehöffentlich), sie könne nicht dafür garantieren, dass der Plan, durch Steuersenkungen auf Pump einen neuen Aufschwung zu erzeugen, auch funktioniere. "Keine Garantie, aber eine Chance" sei das. Und sie sagt, jetzt unisono mit Schäuble: "Wir fahren auf Sicht."

Wie weit kann man so vorankommen?

Möglichst weit eben.