Bei der Wiedereinweihung des Neuen Mariendoms traute ich meinen Augen nicht: So hell und weit war die vorher eher düstere, ärmlich wirkende Kirche geworden.

Seither zieht es mich immer wieder, nicht nur zu Gottesdiensten, an diesen Ort der Stille und des Lichts, im Sommer kühl, im Winter geschützt gegen Wind und Wetter. Bedrückt mich etwas oder brauche ich Abstand vom Schreibtisch, mache ich mich zu Fuß auf den Weg: über die Krugkoppelbrücke, wo mich die Doppeltürme in der Ferne an ihren großen Bruder, den Kölner Dom, meine Heimat, erinnern. Die Außenalster entlang gehe ich, durchs Getümmel von St. Georg, wo die Türme zwischen den Häusern verschwinden, bis er plötzlich vor mir steht, der bescheidenste Dom Deutschlands, und ich durchs Seitenportal ins Kircheninnere schlüpfen kann. Hier setze ich mich in eine Bank nahe beim Taufbecken, schließe die Augen oder grüße Jesus am Kreuz und seine Mutter Maria in der Kuppel überm Altar, grüße das Licht, das vom Himmel durch die Scheiben ins Kirchenschiff fällt. Die schlichte klare Schönheit lädt zur Sammlung ein, erfrischt Geist und Sinnen. Gar nichts tun muss ich, einfach nur zur Ruhe kommen, zu mir, und manchmal, glaub ich, gibt mir der liebe Gott persönlich einen kleinen Rippenstoß: weitermachen. Auch Jesus am Kreuz ist hier als der Auferstandene dargestellt. Er steht aufrecht und breitet die Arme aus.

Irgendwann atme ich tief durch, zünde vor dem Marienbild eine Kerze an und sage: Danke.

Jahrhundertelang mussten die Hamburger Katholiken warten, ehe sie hier in der Diaspora eine Domkirche bekamen. Sie haben nie aufgegeben. Auch von ihrem Glauben, ihrer Kraft, der Kraft des Trotz alledem nehme ich jedes Mal etwas mit nach Hause.