Dierk Strothmann über den Fund eines besonderen Wracks.

Sogar Städte wurden ihretwegen an Flussmündungen verlegt, damit sie mit ihrem erheblichen Tiefgang in den Hafen einlaufen konnte, und für Hamburg legte sie die Grundlage, dass dies eine wohlhabende Handelsmetropole wurde: Dennoch wusste man viele Jahrhunderte nicht genau, wie sie eigentlich aussah - die Hansekogge. Die Wissenschaftler waren darauf angewiesen, sich alte Siegel und Stadtwappen wie die von Elbing, Stralsund, Danzig oder Wismar anzusehen, um ihr Erscheinungsbild zu rekonstruieren.

Das änderte sich im Oktober 1962, als der Führer des belgischen Schneidkopfsaugbaggers "Arlesienne" bei Arbeiten zur Erweiterung des Bremer Hafens auf ein paar Holzplanken stieß, und es war tatsächlich eine Kogge - ein Jahrhundertfund, denn die einzige, die zuvor nach mehr als 500 Jahren entdeckt worden war, hatten Arbeiter im Jahre 1873 im Hafen von Danzig mit Äxten in ihre Bestandteile zerhackt.

Nach dem chemischen PEG-Bad in "alter Pracht" Aber mit der Entdeckung des Schiffes im Schlick war es bei Weitem nicht getan. Die Bergung machte sehr große Schwierigkeiten, denn anders als bei der "Wasa", dem Flaggschiff des schwedischen Königs Gustav II. Adolf, konnte man es nicht als Ganzes heben, außerdem drohte es von einem Sandberg zerdrückt zu werden, der das Schiff fast vier Meter überragte. Dann waren da noch Ebbe und Flut sowie der nahende Winter. Die Wissenschaftler entschieden, den wertvollen Fund Stück für Stück abzutragen, alles genau zu registrieren und dann wieder zusammenzusetzen.

Das gelang recht gut, aber es gab neue Probleme: Über die Jahrhunderte hatte sich das Holz der Kogge voll Wasser gesogen, das sich bei plötzlicher Trocknung zusammenzog und so das Schiff zerstört hätte. Schon bei der "Wasa" hatte man herausgefunden, dass Polyethylenglykol-Moleküle die Wassermoleküle aus Holz verdrängen und sich an ihre Stelle setzen. Also setzte man die Bremer Kogge in ein chemisches PEG-Bad, das sie im Mai 2000 verlassen konnte. Seitdem ist sie im Deutschen Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven in "alter Pracht" zu bewundern.

Die Erfolgsgeschichte begann im 12. Jahrhundert Leider war die Bremer Kogge, ähnlich wie die "Wasa", nie richtig in Fahrt gewesen. Während die "Wasa" auf ihrer ersten Fahrt im Stockholmer Hafen gesunken war, hatte sich die Hanse-Kogge offenbar während einer Sturmflut, noch im Bau befindlich, losgerissen und war gesunken. Jedenfalls fanden sich an Bord weder die üblichen Seekisten oder sonstige Besitztümer mittelalterlicher Seeleute. Lediglich ein paar Werkszeuge und andere Handwerkerutensilien konnte man bergen.

Dennoch aber weiß man durch die Bremer Kogge erheblich mehr über diesen Schiffstyp, der untrennbar mit dem wirtschaftlichen Erfolg der mittelalterlichen Hanse verbunden war, jener Hanse, die ursprünglich eine Vereinigung von Kaufleuten war und später zu einem mächtigen Bund von nordeuropäischen Hafenstädten wurde. Im 12. Jahrhundert begann die Erfolgsgeschichte der Kogge, Ende des 14. Jahrhunderts war sie schon wieder vorbei.

In dieser Zeit aber war sie das Arbeitstier auf den Meeren. Rund 200 Tonnen Last konnte dieser "Ozeanriese des Mittelalters" tragen, das Zehnfache der bis dahin üblichen skandinavischen Frachter.

Um das Jahr 1400 begann ein anderer Schiffstyp, der aus England stammende Holk, die Kogge langsam zu verdrängen. Holks waren noch größer und damit noch interessanter für die Kaufleute.

In einem aber ist die Kogge der Holk bis heute überlegen: Von ihr wurde schon ein Exemplar gefunden, von der Holk noch nicht.