Manche finden sie schön im Haar - andere lieber im Schneidezahn: Diamanten sind begehrt. Was passiert, bevor sie ins Juweliergeschäft kommen? Der Film “Blood Diamond“ wirft einen kritischen Blick auf die Ursprungsländer. Denn Diamanten sind durchaus ein Politikum.

Wenn milliardenschwere Industrien sich freiwillig Beschränkungen auferlegen, muss es schon etwas zu Zittern geben. So geht es in jüngster Zeit den Diamantenförderern und -Händlern. Seit fast einem Jahrhundert haben sie fette Gewinne eingestrichen, doch allmählich werden sie empfindlich dabei gestört. Nicht, dass sie das arm machen würde, aber sie sehen ihre Marktanteile sinken.

Diamanten sind der Inbegriff von Prunk und Luxus, mit Brillantschliff strahlend wie nichts anderes auf dieser Welt und unvergleichlich in ihrer Fähigkeit, das Licht so zu brechen, dass es lebendig wirkt. In mehr als 140 Kilometer Tiefe sind sie unter einem Druck von 50 000 Bar im glühenden Erdmantel entstanden, aus reinem Kohlenstoff, und zwar vor 990 Millionen bis 3,3 Milliarden Jahren bei Temperaturen von 1400 Grad.

Von dort aus kamen sie quasi wie in einem Fahrstuhl mit Magma an die Erdoberfläche. "Wir finden sie in den Kanälen, in denen das Magma bei Vulkanausbrüchen hochgespült wurde", sagt Jochen Schlüter vom Mineralogischen Museum der Hamburger Universität. Das erkaltete Vulkangestein, Kimberlit oder Lamproit genannt, trägt sie nun in sich. In Diamantenminen werden sie aus diesem Gestein gewonnen oder, wenn die Diamanten aus dem Gestein herausgewittert sind, zum Beispiel in Flussablagerungen. Irgendwann werden sie dann gefunden, verkauft oder versteigert. Und funkeln vielleicht in einer Krone oder auf dem prominenten Dekollete von Liz Taylor.

In der Hiovenierstraat in Antwerpen werden sie gesichert wie Fort Knox. Dort werden 70 Prozent aller unbearbeiteten Diamanten und die Hälfte der geschliffenen gehandelt.

Wenn ein Stein bei zehnfacher Vergrößerung noch keine Einschlüsse oder Fehler zeigt, gilt er als lupenrein. Je reiner, desto wertvoller. Jährlich kommen fast 140 Millionen Karat (ct.: ein Karat entsprechen 0,2 Gramm) neu auf den Markt, die einen Umsatz von mehr als 60 Milliarden US-Dollar bringen. Wobei wir beim Geld wären. Denn Diamanten machen reich - diejenigen, die in großem Stil damit handeln.

Das war in der Vergangenheit so. Die südafrikanische Familie Oppenheimer kontrollierte über das Unternehmen De Beer bis vor ein paar Jahren 90 Prozent des Weltdiamantenhandels. Bis Angola, Russland und andere Länder mit den US-Kartellbehörden dem Syndikat einen Riegel vorschoben. Seitdem legt sich der Handel breiter an, und die Förderländer vermarkten ihre Steine zunehmend selber.

Und die Diamantenindustrie kämpft verstärkt gegen Imageverluste an. Auch Hollywood legt den Finger in eine Wunde: mit dem Film "Blutdiamanten". Er spielt exemplarisch einen fiktiven Fall in den 90er- Jahren durch, mit wie viel Blutvergießen Diamanten in Afrika geschürft wurden - damit Rebellen sich mit dem Erlös Waffen kaufen konnten.

Seit 2003 erlegt der Kimberley-Prozess (Kasten unten) den an Diamantenförderung und -handel beteiligten Ländern freiwillige Selbstkontrollen auf. Namensgeber ist der Ort Kimberley bei Pretoria, wo 1866 der erste Diamant professionell gefördert wurde. Insider gingen 2006 davon aus, dass inzwischen nur noch vier Prozent der Jahresförderung zur Finanzierung von Kriegen dienen. Dass Kritiker aber auch weiterhin an der Wirksamkeit der Kontrollen zweifeln, bringt die Diamantenindustrie in Zugzwang. Vor Kurzem versprach sie, sich besser an die Resolution zu halten.

Inzwischen werden in 25 Ländern der Welt Diamanten gefunden. Im großen Stil kommen auch Kanada, Australien und die Russen ins Geschäft. Unter Putin nicht zimperlicher geworden, haben sie als zweitgrößter Produzent von Diamanten (nach Südafrika) gerade ihr Quotensystem für die Ausfuhr von Diamanten abgeschafft. Nun kann der Staatskonzern Alrosa, der mehr als ein Viertel der auf dem Weltmarkt angebotenen Diamanten produziert, seinen Überschuss loswerden - mit gewinnmindernden Folgen für die Zunft. Russlands Diamanten-Reservoir wird auf 825 Millionen Karat geschätzt. Außerdem schleift und bearbeitet das Land Diamanten inzwischen selber und baut ein Vertriebsnetz auf, das - gewinnbringender - direkt an Endverbraucher liefert. Längst fördert Alrosa auch in Afrika Diamanten.

Die dritte Bedrohung der alteingesessenen Diamantenbarone geht vom technischen Fortschritt aus und ist Risiko und Chance zugleich: "Schon 1953/54 gelang es, kleine Diamanten künstlich herzustellen", sagt Jochen Schlüter. "Aus Kohlenstoff, den man entsprechend hohen Druck- und Temperaturbedingungen aussetzt." Inzwischen gibt es auch so große synthetische Diamanten, dass sie sich für Schmuck eignen. Aber gerade die Kunden in Europa halten an ihrem Faible für Natur-Schmuckdiamanten fest; synthetische sind ihnen weniger "wert". Große Mengen künstlich hergestellter Diamanten braucht man vor allem für die Industrie, "dort ist der Bedarf viel höher, als natürliche Diamantenvorkommen liefern", sagt Schlüter.

Diamanten haben nämlich nicht nur ästhetische Qualitäten, sondern auch handfeste, industriell wertvolle wie die enorme Härte oder hervorragende Wärmeleitfähigkeit. Diamanten werden auch zum Schleifen, Sägen und in Bohrköpfen verwendet; künstliche Hüftgelenke werden damit abriebfest bedampft, Lautsprecher und Sportgeräte mit ihrem unempfindlichen Material verfeinert. Mindestens 80 Prozent der Diamanten, schätzt man, verbraucht die Industrie.

Allein weiße (farblose) Schmuckdiamanten werden in acht Farb- und neun Reinheitsklassen eingeteilt. "Allerdings kommen von 100 Diamanten nur die wenigsten für Schmuck in Frage. Die Masse ist durch Einschlüsse gelblich, bräunlich oder grau", erzählt Schlüter. Natürliche Diamanten mit klaren Farben, die "Fancys", sind begehrt und teuer. Berühmte Fancys sind zum Beispiel der Blue Hope (46 ct.), der Grüne Dresden (41 ct.) und der Gelbe Tiffany (129 ct.). Auch durch Bestrahlung von Diamanten lassen sich Fancys herstellen, und unerwünschte leichte Farbtöne kann man durch Druck- und Temperaturbehandlung entfernen.

Alle diese Entwicklungen scheinen die Bedenken der Diamantenindustrie zu untermauern. Die Zahlen klingen allerdings zunächst beruhigend: 2005 wurde zehn Prozent mehr in Diamantschmuck investiert als 1999, nämlich 62 Milliarden Dollar. Schließlich werden Diamanten heute auch in Kleider und aufgepeppte Hosen eingearbeitet, sie stecken in gepiercten Bauchnabeln und Zähnen, an Handtaschen und Bikinis. Und weil die Einsatzmöglichkeiten immer größer werden, ist die Nachfrage für Industriezwecke sogar noch größer.

Wer Diamanten und andere wertvolle Schmucksteine sehen und mehr über sie erfahren möchte, kann das in der Mineralogischen Schausammlung der Universität Hamburg tun. Sie gilt als die attraktivste in ganz Deutschland.

Mineralogisches Museum der Universität Hamburg, Grindelallee 48. Geöffnet Mi 15-18 Uhr und So 10- 17 Uhr. Tel 040/428 38 20 58 (Dr. Schlüter) oder im Internet unter www.rrz.uni-hamburg.de/mpi/museum/