Große Modeschöpfer wie Balenciaga, Dior, Gucci oder Coco Chanel sind Geschichte. Wer spielt heute mit in der Mode, wer schickt die teuersten Models über den Catwalk und entwirft Kollektionen, die international beachtet werden? Wir sahen uns die Schauen in Mailand, Paris, London und New York an und zeigen die Trendsetter.

Lagerfeld für Chanel

Karl Lagerfeld, der Mann mit dem Zopf, der getönten Brille, immer in schwarz-weißer Kleidung und mit einer unglaublich schnellen Zunge ausgestattet, hat das Pariser Haute-Couture-Haus Chanel mächtig aufgemischt. Er wurde in den 1980er-Jahren Chefdesigner und übernahm die Prêt-à-Porter-Kollektion. Der Hamburger (geboren 1933, laut eigener Angabe 1938) war immer für Überraschungen gut, zum Beispiel kombinierte er schwere Schnürstiefel und Lederjacken mit duftigen Georgetteröcken. 1990 entdeckte er Claudia Schiffer als seine (zeitweilige) Muse, die zum bestbezahlten Model der Welt wurde. Als Lagerfeld sie 1993 in einem mit Koranversen bestickten Mieder über den Laufsteg schickte, provozierte er damit einen Skandal. Vor zwei Jahren entwarf er eine kleine Kollektion für den schwedischen Modefilialisten Hennes & Mauritz (H & M) für junge Frauen und Männer - sie war innerhalb kurzer Zeit ausverkauft.

"Ich bin Opportunist und mag die Veränderung, deswegen ist Mode für mich okay", sagt er. Der vielseitige Künstler arbeitet außerdem als Fotograf und -sammler, entwickelte eigene Parfüms, u. a. Photo, Lagerfeld und KL, und auch eine eigene Modelinie unter seinem Namen. Das Modell rechts entwarf er für den Herbst/Winter 2006/07: Das klassische Chanel-Kostüm auf der Höhe der Zeit - mit Minirock, Goldtressen und schenkelhohen Stiefeln.

Custo Dalmau

Erst seit 1996 gibt es das spanische Modelabel "Custo Barcelona", seine Mode hängt heute neben Gucci und Prada. "Custo Barcelona" hat zwei Väter: Custo (47, Foto oben) und seinen Bruder David Dalmau . Die beiden leben getrennt: Custo, der Kreative, in Kalifornien, David, der Manager, in Barcelona. Beide haben Architektur studiert (wie Freunde behaupten, meist nur vormittags). Nachmittags studierten sie die schönen Mädchen am Strand - dafür bleibt ihnen heute keine Zeit mehr. Wer die knallbunten Patchworks (wie das Laufsteg-Modell rechts) anguckt, denkt sofort an die 70er-Jahre-Mode. Angefangen haben die Custos mit außergewöhnlichen Prints auf Herren-Shirts. Danach nahmen sie sich die Damen-Shirts vor, versahen sie mit Strick- und Häkel-Details, gemixt mit modernen Schnitten und Multi-Kulti-Impressionen. Heute sind die oft schrillen Shirts, Kleider und Röcke aus den verschiedensten Materialien zu musterhaften Patchworks geschneidert, etwa bestickte Seide, Lurex, Samt, Mohair, Chiffon, Pelze.

Custo-Mode hat auch den amerikanischen Markt erobert, Darsteller in TV-Serien werden mit Custo-Modellen eingekleidet - wie "Sex and the City" oder "Friends". Auch Beyonce, Christina Aguilera und Antonio Banderas hat man schon in Custo-Modellen gesehen.

Der Kreative des Custo-Duos, Custo Dalmau, wurde 2003 vom spanischen GQ-Magazine zum "Man of the Year" gekürt und vom "Metaphore Magazine" zum besten Designer 2003.

Paul Smith, London

Der Modemacher ist der Meister der überraschenden Kombination (von Materialien und Mustern) und der Mann, der klassischen Formen einen ultramodernen Zuschnitt verpasst. Trotzdem - oder gerade deshalb - sind seine Modelle tragbar. 1970 eröffnete Sir Paul Smith in seiner Geburtsstadt Nottingham sein erstes Geschäft, dann folgten weitere in London Covent Garden (hier kann man durch mehrere ineinander übergehende Läden wandern) und Notting Hill. Inzwischen sollen es an die 350 Läden weltweit sein.

Sein erster Entwurf: ein Union-Jack-Taschentuch. Bis heute sind seine Boutiquen recht vielseitig ausgestattet, dort gibt es alles vom Spielzeugroboter bis zum Blümchenschlips. Das britische Label, leicht exzentrisch angehaucht, machte weltweit Karriere, vor allem in Japan sind Smiths Entwürfe begehrt. Bis 1994 kleidete er nur Männer ein, danach auch Frauen.

Das Modell rechts ist typisch Paul Smith: Mustermix in unterschiedlichen Längen, dabei sehr weiblich und figurbetonend. Er selbst trägt mit Vorliebe seine eigenen Modelle: gestreiftes Hemd zum Nadelstreifenanzug und zur Blumenkrawatte. Paul Smith ist ein begeisterter Londoner geworden. "Das Schöne an London ist, dass hier Architekten, Designer, Gastronomen und Einzelhändler Mut zeigen, skurril sind oder querdenken - und Besucher von dieser Energie profitieren", schwärmt er. "Wer auch immer den Begriff ,Swinging London' geprägt hat, er hatte vollkommen recht."

Miuccia Prada

Diese blonde Frau ist die treibende schöpferische Kraft hinter dem weltberühmten Prada-Label. Ursprünglich fertigte die 1913 in Mailand gegründete Firma Fratelli Prada feine Lederwaren (Fratelli: Brüder). 1978 erbte die Enkelin Miuccia Prada, 56, das Unternehmen - und machte sich sogleich an die Modernisierung: Statt Leder verwendete sie schwarz glänzendes Nylongewebe für ihre Handtaschen. Ein Riesenerfolg, diese Taschen wurden millionenfach weltweit kopiert.

In den 90er-Jahren entwarf die Designerin ihre erste Prada-Kollektion mit modernen, schlichten Schnitten, gleich hinterher die preiswertere, für die jüngere Kundschaft gedachte Miu-Miu-Linie. Diese Modelle sind oft sehr einfach geschnitten, erinnern an "altmodische" Kleidung, auch von den Mustern her. Tom Ford, der spätere Chefdesigner, verließ Prada 2004. Nach wie vor macht Prada den Großteil seines Umsatzes mit dem ursprünglichen Lederwarengeschäft, mit Schuhen und Handtaschen. Zur Prada-Gruppe gehören Helmut Lang und teilweise Fendi. Die Modefirma Jil Sander gehörte auch dazu, ist aber inzwischen an einen Londoner Investor verkauft worden.

Im nächsten Sommer setzt Prada auf extreme Mini-Kleider wie das rechts gezeigte Modell auf der Show im Oktober in Mailand.

Jil Sanders Erbe: Raf Simons

Der junge Belgier, 1968 in Neerpelt geboren, wurde vor einem Jahr zum Chefdesigner des Modekonzerns Jil Sander berufen (bis Februar 2006 unter dem Dach von Prada, Mailand, dann verkauft an den britischen Finanzinvestor Change Capital Partners, London, der die gesamte Führungsmannschaft übernahm). Zuerst hatte sich Raf Simons als Möbeldesigner einen Namen gemacht. 1995 brachte er in Antwerpen seine erste Herrenlinie heraus: eine schmale, lineare Silhouette mit Anklängen an Punk und Gothic. Vorgeführt von Jungs von der Straße, vermummt in Overalls und Kapuzenpullis.

Jetzt also Jil Sander: Wer sich die Schaufenster von Jil Sander in Hamburg anschaut, glaubt fast, sie persönlich würde Dekoration und Modelle beeinflussen - so schlicht, einfach, edel und richtig schön sieht Raf Simons Mode aus. Offenbar hat der junge Designer Jil Sanders allererste Kollektionen studiert. Auch dieses Modell rechts, das lange schwarze schlichte Abendkleid mit Neckholder, könnte von ihr stammen. Bis 2005 lehrte Raf Simons fünf Jahre lang die Modeklasse an der "Wiener Angewandten". Ein Zitat des scheuen Belgiers, der auf keinen Fall "Modedesigner" genannt werden will: "Meine Kleider sind Medium meiner Haltung." Basta.

Giorgio Armani

Schwarze Hose, schwarzes oder weißes T-Shirt: Sein Outfit ist schon Legende. Giorgio Armani, seit 1974 im Modegeschäft, ist ein Profi und ein absoluter Könner. Kein Wunder, dass er heute zu den erfolgreichsten und populärsten Modedesignern der Welt gehört. Seinen internationalen Durchbruch hatte er mit der Ausstattung von Hollywood-Größen wie Richard Gere in der Titelrolle von "American Gigolo". Ein Riesenerfolg für Armani, den abgebrochenen Medizinstudenten, Schaufensterdekorateur, Modeeinkäufer und Leiter der Herrenmodeboutique des Mailänder Warenhauses "La Rinascente". In den 60er-Jahren arbeitete er unter Nino Cerruti, gründete 1974 sein Modelabel für Herren, 1975 für Damen. Inzwischen entwirft der fleißige Modedesigner sechs verschiedene Modelinien. Das pinkfarbene Wickelkleid mit schwingendem Rock und halsfernem Kragen (rechts) zeigte Giorgio Armani im Frühjahr bei den Mailänder Modeschauen für Herbst/Winter. Er ist ein Meister - für edle Fest-Roben ebenso wie für schmale Ensembles aus feminin geschnittenen Kleidern, Röcken und Blusen, kombiniert mit männlich-karierten Reversjacken. Oft geschmückt mit einer großen Blüte. Übrigens hat der Junggeselle Giorgio Armani ein Patenkind, das Romeo-James heißt. Wer der Vater ist? Fußballstar David Beckham!

Joops Wunderkind

Wo heute "Joop" draufsteht, ist nicht unbedingt Joop drin: Der eigenwillige Modedesigner hat seinen Markennamen verkauft und zeigt seine neue Mode in Paris unter dem Namen "Wunderkind". An seinem neuen Wohnsitz (dem alten Familiensitz) in Potsdam entwirft er jetzt die Mode für den nächsten Winter, also 2007. Das Modell rechts zeigte Wolfgang Joop im Frühjahr während der Prêt-à-Porter-Modenschauen in Paris, insgesamt 230 Outfits. Berühmt geworden ist er für sehr klare, sogar minimalistische Schnitte und zurückhaltende Farben - gerne Schwarz, Weiß, Taubenblau, Zartbeige. In das Korsett eines Kalküls lässt sich nicht einbinden. Cocktail? Abend? Büro? "Was zu keinem Anlass passt, passt zu jedem!", sagte der leicht exzentrische Modemann, der für seine Modelle schon mal mehrere tausend Euro verlangt. Und was zieht er am liebsten an? Schmale Hosen, Polohemden. Was er anziehe, hänge im Durchschnitt seit zehn Jahren im Schrank. Weil ihm nichts Neues mehr gefällt, kauft er sich auch nichts mehr.

Calvin Klein

Sein Name ist auch der Markenname seiner Modelinie, seiner Parfüms und seiner Uhren-Kollektion für die Schweizer Firma Swatch (da abgekürzt CK). In seiner Abendmode für den Winter und den Sommer (rechts) zeigt der 64 Jahre alte Modedesigner unter transparenten Stoffen viel von der Haut seiner Models. Er hat aber nicht nur ein Händchen für elegante Abendmode, seine Sportswear ist seit 30 Jahren genauso berühmt. Ganz besonders die Jeans mit seinem Designerlabel, die er der jungen Brooke Shields, einer amerikanischen Filmschauspielerin, auf die Schenkel schneiderte. In der Werbung hauchte sie: "Nichts kommt zwischen mich und meine Calvin's."

Der in der New Yorker Bronx geborene Modemacher verzettelt sich nicht mit extravaganten Neuheiten: Die Charakteristika, schlichte Sachlichkeit, perfekte Schnitte, Naturmaterialien, zeichnen seit vielen Jahren seine Mode aus. Klein gilt als der Designer, der mit dem Zeitgeist völlig im Einklang ist und deshalb auch am besten versteht, was die moderne Frau anziehen will.

Alexander McQueen

Er gilt als der "Bad Boy" der Modeszene, er erfand die berühmt-berüchtigten, tief geschnittenen "bumsters" (Hüfthosen) - und ist heute Chefdesigner des französischen Couture-Hauses Givenchy. Gemeinsam mit seinem Vorgänger bei Givenchy, John Galliano, wurde ihm 1997 die Auszeichnung "Bester Britischer Designer" verliehen. Klar, er hat auch ein eigenes Label unter seinem Namen, daraus zeigen wir rechts ein Modell: So kann das leicht angestaubte Schottenkaro mit Tüll aufgepeppt werden.

Alexander McQueen hat seine Mode-Laufbahn zielstrebig angefangen: Studium am renommierten Londoner College of Art & Design Central St. Martins, das er so erfolgreich abschloss, dass ihn die renommierten Savile Row Schneider Anderson & Sheppard sofort einstellten.

Seit Kurzem gibt es eine Schuh-Kollektion von McQueen. Nichts Elegantes, sondern eine Sportschuh-Kollektion von Puma! Für Damen und Herren. Schrittmacher Alexander McQueen ist eben für viele Überraschungen gut.

Iris von Arnim

Alles fing an, als die damals 33-jährige Iris von Arnim 1978 begann, Pullover zu stricken, mit bildschönen Mustern - heute ist die Hanseatin unbestrittene "Queen of Cashmere". Sie beliefert weltweit 200 exklusive Shops in Europa, ihre Marke ist Synonym für eine individuelle Handschrift in Cashmere mit Zöpfen, Rippen und Strick-Architekturen, wie sie sonst keiner kann. Iris von Arnim zeigt ihre Mode in ihrem Showroom zur Messezeit in Düsseldorf und in einem Shop in Kampen auf Sylt. Woher kommt so viel Erfolg? "Ich will Modernität, die mehr als eine Saison lang gültig ist, weil das auch dem Wert meiner Mode entspricht." Aber das bedeutet auch ständige Innovation. Die Cashmere-Basics müssen sich heute als Designer-Teile ausweisen, um sich von den billigen No Names in den Warenhäusern abzuheben.

Für diesen Winter fertigte Iris von Arnim eine Gruppe von Doubleface(Wende)-Mänteln und -Jacken mit üppigen Kragen und Stulpen aus dickem Cashmere-Handstrick (links) - auch für Frauen bis Größe 46. Oder schenkellange Rippenpullis mit Rollkragen und Schalkragenjacken. Gefertigt werden die schmeichelweichen Teile in Italien und China. Seit einigen Jahren entwirft die Strick-Designerin auch Jeans, Hosen, Jacken und Röcke, dazu kamen noch Taschen und Gürtel.