Eva Kliebisch ist Guide beim "Dialog im Dunkeln" und von Geburt an blind. Hier erzählt sie, wie sie lebt: "Ich kann Blau nicht sehen, aber ich finde die Farbe schön. Wie das Meer. Rot mag ich nicht. Ich denke da an Blut, irgendwie klebrig. Ich sehe nur schwache Helligkeitsunterschiede und weiß nicht, wie man sich Farben vorstellen muss. Ich verbinde damit, was ich von ihnen kenne: Gelb mit Sonne, Blau mit Wasser, und so weiter.

Gesichter anzufassen finde ich zu persönlich. Ich fühle die Hände: kleine, große, glatte, raue. Das sagt schon viel. Ich brauche Hilfsmittel: Meine Armbanduhr, der Wecker und meine Speisewaage können sprechen. Für Wäsche benutze ich einen Farb- erkenner, der mir sagt: ,Dies ist blau, Richtung grün, das rot, das gelb.'

Ich gehe mit Blindenstock, kann aber nur wichtige Strecken erfassen: Wo ist ein Arzt, eine Apotheke, eine Kneipe oder der Weg zu meiner Freundin? Zur Arbeit gehe ich mit meinem Freund. Der ist auch bei ,Dialog im Dunkeln'.

Ich lebe in einer eigenen Wohnung. Zuerst dachte ich immer, die Badezimmertür sei die Eingangstür, die liegen sich gegenüber. Aber nach drei Tagen klappte es dann. Ich geh auch gern ins Kino. Ich hab "Good Bye Lenin" gesehen. Fand ich toll. Witzig, ziemlich ergreifend. Man kriegt die Handlung durch Dialoge und Musik ganz gut mit. Bei der Filmwahl verlass ich mich aufs Urteil meiner Freunde. Im Kino frage ich meinen Freund, wenn ich was wissen muss, das zur Handlung gehört. Von Actionfilmen habe ich nichts.

Manches muss ich anders bewältigen als Sehende. Wenn ich einkaufen gehe oder in Schwierigkeiten stecke, brauche ich immer einen, der sehen kann. Finde ich eine Kneipe nicht, muss ich Taxi fahren; teuer auf die Dauer. Wenns regnet, denk ich manchmal: ,Jetzt könnte ich schön Autofahren.' Aber das geht ja nicht, und mittlerweile steh ich da drüber. Manchmal glaube ich, es ist schwerer für jemanden, der mal sehen konnte und dann erst blind geworden ist."