Das Vereinsverbot wurde schon wenige Stunden früher als geplant ausgesprochen. Wechselorgie zwischen Hells Angels und Bandidos.

Berlin. Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) hat den Rockerclub Hells Angels verboten. Die von dem CDU-Politiker bereits am 24. Mai unterzeichnete Verbotsverfügung wurde dem Verein mit Sitz in der Residenzstraße in Reinickendorf am späten Dienstagabend zugestellt, wie ein Polizeisprecher in der Nacht zu Mittwoch sagte. Den Mitgliedern der Ortsgruppe "Berlin City“ werden in der 38 Seiten starken Verbotsverfügung unter anderem Gewalttaten, Waffendelikte und Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz vorgeworfen. Rund 50 Beamte sicherten in der Nacht das Vereinsinventar.

Das Vereinsverbot sollte ursprünglich am (heutigen) Mittwoch ausgesprochen werden, wurde aber laut Polizei wegen Presseveröffentlichungen am Dienstag vorgezogen. Unter anderem hatte "Spiegel Online“ berichtet, dass die Polizei plane, am Mittwochmorgen Vereinsheime, Kneipen und Privatwohnungen von Rockerclubs zu durchsuchen.

Angeblich größter Vereinswechsel von Rockern beider Clubs

Um dem zu entgehen, sei es am Montag im Vereinsheim der Bandidos in der Streustraße zum größten Wechsel von Rockern in der Geschichte der beiden Clubs Hells Angels und Bandidos gekommen, heißt es in dem Onlineportal weiter. Das verbotsgefährdete Chapter der Bandidos "Southside“ habe sich aufgelöst und sei zu den Hells Angels nach Potsdam gewechselt. Rocker dieses Clubs hätten zudem ihre Motorräder, die in der Regel zu beschlagnahmendes Vereinseigentum seien, umgemeldet und versteckt. Laut "Morgenpost Online“ hatte sich auch die Berliner Ortsgruppe der Hells Angels am Dienstagnachmittag aufgelöst, um einem möglichen Verbot zu entgehen.

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Das Onlineportal zitiert einen Polizeisprecher mit den Worten: "Wir müssen leider davon ausgehen, dass Personen aus den eigenen Reihen gegen Geld Informationen an diese Verbrecher weitergegeben haben.“ Dieser Skandal sei eine Schande für die Berliner Polizei.

Ein Polizeisprecher bestätigte, dass der Straftatbestand des Geheimnisverrats geprüft werde. Ob auch ein Verbot des Rockerclubs Bandidos geplant sei oder Razzien bevorstünden, wollte er nicht sagen.

Bandidos feierten Abschlussparty

Ein Sprecher des Potsdamer Polizeipräsidiums bestätigte die Auflösung des Bandidos-Chapters "Southside“. Es sei eine Art Abschlussparty gefeiert worden, sagte er auf Anfrage. Dass die "Southside“-Mitglieder zu den Hells Angels in Potsdam übergelaufen sind, konnte er aber nicht bestätigen: "Wer von den Leuten wohin gegangen ist, wissen wir nicht.“ Die Brandenburger Polizei werde das aber beobachten.

Bei der Berliner Polizei wird befürchtet, dass es aufgrund des Übertrittes zu einer erneuten Welle von Gewalttaten zwischen beiden Gruppen kommen könnte. Bei ähnlichen Vorfällen in der Vergangenheit sei es vorgekommen, dass verbliebene Clubmitglieder Rache an den Überläufern genommen hätten, sagte ein Sprecher. Die Polizei beobachte die Lage daher verschärft und erhöhe ihre "ohnehin schon starke Präsenz“ bei den Rockern.

Polizei will Berliner Clubhaus-Inventar sicherstellen

Nach dem Verbot der Hells Angels Berlin City in Reinickendorf soll nin bis zum Mittwochmittag das Inventar des Clubhauses in der Residenzstraße sichergestellt werden. Dies betreffe auch einige Motorräder, sagte ein Polizeisprecher.

Rund 50 Beamte hatten bereits am späten Dienstagabend mit der Sicherstellung begonnen. Eine Zwischenbilanz des Einsatzes soll es im Laufe des Mittwochs geben.

Ob und wie Informationen über geplante Razzien und Verbote möglicherweise nach außen gedrungen sein könnten, wird von der Polizei geprüft. Sollten sich dazu Hinweise verdichten, werde intern wegen des Verrats von Dienstgeheimnissen und der Strafvereitelung im Amt ermittelt.

Zuletzt gab es auch in Norddeutschland großangelegte Aktionen gegen die Rocker . Rund 1200 Beamte durchsuchten in Kiel, Hannover und Hamburg Bordelle, Kneipen und Wohnungen. In der Nähe von Bottrop in Nordrhein-Westfalen war am Dienstag ein Mitglied der mit den Hells Angels konkurrierenden Bandidos erschossen worden.

Mit Material von dpa und dapd