2007 wurde in Heilbronn eine 22-jährige Beamtin erschossen. Viereinhalb Jahre später finden Ermittler in Eisenach die Dienstwaffe neben zwei Männerleichen.

Zwickau/Erfurt. Mysteriöse Wendung im Fall der 2007 ermordeten Polizistin aus Heilbronn: Viereinhalb Jahre nach der Tat hat die Polizei die geraubten Dienstpistolen in Thüringen gefunden. Die Waffen der im April 2007 erschossenen Polizistin und ihres damals schwer verletzten Kollegen seien in einem Wohnmobil bei Eisenach sichergestellt worden, in dem zwei tote Männer lagen, teilte das Landeskriminalamt Baden-Württemberg am Montag mit.

Der Fund steht offenbar im Zusammenhang mit einem Banküberfall in Eisenach und einem explodierten Haus im sächsischen Zwickau in der vergangenen Woche.

Zumindest über die Ereignisse in Eisenach herrscht inzwischen weitgehend Klarheit: Zwei bewaffnete Männer hatten am Freitagvormittag in Eisenach eine Sparkasse überfallen und einen Angestellten verletzt. Nach Aussage des Thüringer Innenministers Jörg Geibert (CDU) steht "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest“, dass die beiden 34 und 38 Jahre alten Männer, die tot in dem abgebrannten Wohnmobil lagen, für diesen und einen weiteren Bankraub in Arnstadt in September verantwortlich waren.

Darauf lasse die in dem Wohnmobil sichergestellte Beute schließen, die der geraubten Geldsumme entspreche. Nach Angaben der Polizei hatten sich die beiden Männer vermutlich selbst erschossen. Das Feuer im Wohnwagen wurde wahrscheinlich absichtlich gelegt, wie es weiter hieß. Weitere Angaben zu den Männern wollten die Ermittler nicht machen.

Tote waren Bewohner eines explodierten Hauses in Zwickau

Am Freitagnachmittag explodierte dann in Zwickau aus ungeklärter Ursache ein Haus, dessen drei Bewohner vermisst wurden. Am Montag wurden die beiden Toten aus dem Wohnwagen als die Bewohner des Hauses identifiziert. Außerdem stellte sich heraus, dass noch eine 36 Jahre alten Frau das Haus mit nutzte. Die Frau habe die Wohnung kurz vor der Explosion verlassen, teilte die Polizei mit. Nach ihr werde gefahndet. Gegen sie wurde inzwischen auch ein Haftbefehl erlassen.

Die Gothaer Polizei stellte bei ihren anschließenden Ermittlungen im Wohnmobil die zwei Polizeipistolen sicher. Der Waffenfund wurde laut LKA der Heilbronner Soko Parkplatz umgehend mitgeteilt. Die Staatsanwaltschaft Heilbronn und das LKA ermitteln derzeit in enger Kooperation mit der Thüringer Polizei zu möglichen Zusammenhängen mit dem Polizistenmord. Nach wie vor ist für Hinweise eine Belohnung in Höhe von 300.000 Euro ausgesetzt.

Polizei jagte lange Zeit Phantom

Die 22-jährige Polizistin aus Thüringen war am 25. April 2007 auf der Heilbronner Theresienwiese mit einem Schuss in den Kopf getötet worden. Ihr 25-jähriger Kollege wurde durch Schüsse lebensgefährlich verletzt, lag wochenlang im Koma und kann sich bis heute an die Tat nicht erinnern. Augenzeugen der Tat wurden nie ermittelt, obwohl das Gelände in der Regel belebt ist. Lediglich der Tatzeitpunkt gegen 14.00 Uhr gilt als sicher, da Zeugen Schüsse hörten.

Bekannt wurde der Fall, der mehrfach die ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY“ beschäftigte, auch durch eine Fahndungspanne: Monatelang suchten Ermittler nach einem Phantom. DNA-Spuren der unbekannten Frau waren an mehr als 35 Tatorten in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und im Saarland gefunden worden.

Lange hatten die Ermittler ihre Hoffnung vor allem auf die am Dienstfahrzeug der Polizisten festgestellte DNA-Spur gesetzt und unter Einbeziehung der Öffentlichkeit eine "Unbekannte weibliche Person“ gejagt. Die vermeintliche Schwerstkriminelle und Serientäterin, deren DNS an insgesamt rund 40 Tatorten im In- und Ausland sichergestellt worden war, entpuppte sich letztlich als unbescholtene Verpackerin. Ihr genetischer Code befand sich auf den Wattestäbchen, die die Polizei bei der Spurensuche einsetzte.

Chronologie des Heilbronner Polizistinnenmords

April 2007: In Heilbronn wird eine 22 Jahre alte Polizistin erschossen. Ihr Kollege überlebt seine lebensgefährlichen Kopfverletzungen. Am Wagen wird das DNA-Material einer Unbekannten sichergestellt.

2007 bis 2009: Die Ermittler suchen nach einen Phantom. Gen-Spuren der angeblichen "Frau ohne Gesicht“ werden bei mehr als 35 Straftaten gefunden – darunter Morde und Einbrüche.

26. August 2008: Das ZDF strahlt eine Dokumentation über die "Frau ohne Gesicht“ aus.

25. Dezember 2008: Das Landeskriminalamt (LKA) in Stuttgart weist Spekulationen um verunreinigte Utensilien für die DNA-Analyse bei der Suche nach dem Heilbronner "Phantom“ zurück. 5. Januar 2009: Die ARD rollt die mysteriösen Straftaten, die auf das Konto der "Frau ohne Gesicht“ gehen sollen, in einer Sendung auf.

13. Januar 2009: Mit der höchsten Belohnung in der Geschichte von Baden-Württemberg will das Land die zähe Aufklärung vorantreiben: Die Belohnung wird auf 300 000 Euro verdoppelt.

11. Februar 2009: Das LKA übernimmt wegen Überlastung der Heilbronner Polizei die Ermittlungen in dem mysteriösen Fall.

27. März 2009: Leiter der Staatsanwaltschaft Heilbronn, Volker Link, räumt ein, dass die Gen-Spuren der "Frau ohne Gesicht“ beim Verpacken auf die Wattestäbchen gelangt waren. Anfang 2010: Die Polizei nimmt Kontakt zu 395 ehemaligen Gymnasiasten auf, die zur Zeit des Mordes in der Nähe des Tatortes ihren Abschluss gefeiert hatten. Neue Anhaltspunkte ergeben sich nicht.

7. November 2011: Das LKA teilt mit, dass die geraubten Pistolen der beiden Heilbronner Polizisten in einem ausgebrannten Wohnwagen bei Eisenach (Thüringen) entdeckt wurden. In dem Wohnwagen waren zuvor die Leichen von zwei Männern gefunden worden, die mit einem Banküberfall vom 4. November in Verbindung gebracht werden.

Mit Material von dpa und dapd