„Jonas“ hat der US-Ostküste Schneemengen historischen Ausmaßes gebracht. Das öffentliche Leben kam zum Erliegen.

Von „Jonas“ wird man noch in Jahren sprechen, sagt man in den USA. Von diesem Schneesturm historischen Ausmaßes, der an der US-Ostküste vielerorts das öffentliche Leben lahmgelegt hat. Der Millionenme­tropolen zu Geisterstädten machte.

Aus Sorge vor lebensbedrohlichen Situationen hatte New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio ein Fahrverbot verhängt und die Menschen bekniet, nur in absoluten Notfällen vor die Tür zu gehen. Eine weise Maßnahme. Der seit Freitag im gesamten Ostküstenkorridor von Richmond bis Boston wütende Blizzard hinterließ bis zu seinem Verschwinden in der Nacht zum Sonntag in New York Rekordschneehöhen von 68 Zentimeter und legte die Metropole komplett lahm. Keine U-Bahn, kein Flugverkehr, Restaurants und Theater geschlossen. „Begraben“ titelte die Boulevardzeitung „Daily News“ auf ihrer in Schneeweiß gehaltenen Seite 1. Bei strahlendem Sonnenschein begannen am Sonntag die „Ausgrabungsarbeiten“. Sie werden Tage dauern. Tauwetter ist nicht in Sicht.

Spektakuläre Winterbilder aus Hamburg und der Welt

Wetter eiskalt: Passanten und Jogger sind am 22. Januar 2016 in Hamburg bei frostigen Temperaturen im Sonnenaufgang an der Alster unterwegs
Wetter eiskalt: Passanten und Jogger sind am 22. Januar 2016 in Hamburg bei frostigen Temperaturen im Sonnenaufgang an der Alster unterwegs © dpa | Christian Charisius
Die Sonne geht in Hamburg über dem Hafen zwischen der Elbphilharmonie und dem Museumsschiff
Die Sonne geht in Hamburg über dem Hafen zwischen der Elbphilharmonie und dem Museumsschiff "Rickmer Rickmers" an den Landungsbrücken auf © dpa | Christian Charisius
Wetter in Hamburg. Eis und Schnee an der Alster
Wetter in Hamburg. Eis und Schnee an der Alster © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez
Siegfried Lüllmann räumt einen Gehweg in Sehnde in der Region Hannover
Siegfried Lüllmann räumt einen Gehweg in Sehnde in der Region Hannover © dpa | Julian Stratenschulte
Lüllmann nimmt dafür eine Schneefräse zu Hilfe
Lüllmann nimmt dafür eine Schneefräse zu Hilfe © dpa | Julian Stratenschulte
Eine Joggerin fotografiert in Hamburg am Anleger Rabenstraße den Sonnenaufgang über der mit einer dünnen Eisschicht überzogenen Alster
Eine Joggerin fotografiert in Hamburg am Anleger Rabenstraße den Sonnenaufgang über der mit einer dünnen Eisschicht überzogenen Alster © dpa | Christian Charisius
In Bad Doberan (Mecklenburg-Vorpommern) hatte der Winterdienst am 23. Januar alle Schaufeln voll zu tun
In Bad Doberan (Mecklenburg-Vorpommern) hatte der Winterdienst am 23. Januar alle Schaufeln voll zu tun © Imago/Bildwerk
Wenn der Schnee schmilzt, bilden sich zum Teil ganz eigene Straßenmuster
Wenn der Schnee schmilzt, bilden sich zum Teil ganz eigene Straßenmuster © Imago/Pemax
Besucher vergnügen sich im Neuschnee auf der Rodelpiste am Torfhaus im Oberharz
Besucher vergnügen sich im Neuschnee auf der Rodelpiste am Torfhaus im Oberharz © dpa | Peter Steffen
Eingeschneite Fahrräder in Sehnde
Eingeschneite Fahrräder in Sehnde © dpa | Julian Stratenschulte
Autos fahren in der Dämmerung über die verschneite Autobahn A7 bei Hannover
Autos fahren in der Dämmerung über die verschneite Autobahn A7 bei Hannover © dpa | Julian Stratenschulte
Schneefälle haben für Verkehrsbehinderungen auf den Straßen gesorgt
Schneefälle haben für Verkehrsbehinderungen auf den Straßen gesorgt © dpa | Julian Stratenschulte
Ein Mann wischt sich den Neuschnee auf aus den Haaren
Ein Mann wischt sich den Neuschnee auf aus den Haaren © dpa | Peter Steffen
Autos fahren im Schneegestöber bei Baddeckenstedt (Niedersachsen) eine Straße entlang
Autos fahren im Schneegestöber bei Baddeckenstedt (Niedersachsen) eine Straße entlang © dpa | Peter Steffen
Kinder spielen im Neuschnee an einem Verkehrsschild am Torfhaus im Oberharz
Kinder spielen im Neuschnee an einem Verkehrsschild am Torfhaus im Oberharz © dpa | Peter Steffen
Besucher gehen im Neuschnee mit ihren Skiern im Oberharz zur Piste
Besucher gehen im Neuschnee mit ihren Skiern im Oberharz zur Piste © dpa | Peter Steffen
Besucher entspannen an einer Imbisshütte an der Rodelpiste am Torfhaus im Oberharz
Besucher entspannen an einer Imbisshütte an der Rodelpiste am Torfhaus im Oberharz © dpa | Peter Steffen
Besucher einer Rodelpiste in Torfhaus im Oberharz vergnügen sich
Besucher einer Rodelpiste in Torfhaus im Oberharz vergnügen sich © dpa | Peter Steffen
Die Hiddensee-Fähre
Die Hiddensee-Fähre "Vitte" musste sich nach dem Eisfahrplan richten © dpa
Winter 2015/16 in Deutschland? Ja, es gibt ihn!
Winter 2015/16 in Deutschland? Ja, es gibt ihn! © dpa
Das bekamen vor allem die Menschen an der Ostsee zu spüren, wie hier auf Rügen
Das bekamen vor allem die Menschen an der Ostsee zu spüren, wie hier auf Rügen © dpa
Im Hafen von Stralsund versuchte der Brecher
Im Hafen von Stralsund versuchte der Brecher "Arkona", das Fahrwasser möglichst eisfrei zu halten © dpa
Im Fährhafen Schaprode auf Rügen war Kratzen dagegen schier aussichtlos
Im Fährhafen Schaprode auf Rügen war Kratzen dagegen schier aussichtlos © dpa
In Stahlbrode (Mecklenburg-Vorpommern) froren die Fischerboote durch den anhaltenden Frost ein - dieser Schwan kam allerdings davon
In Stahlbrode (Mecklenburg-Vorpommern) froren die Fischerboote durch den anhaltenden Frost ein - dieser Schwan kam allerdings davon © dpa
Auch in Hamburg vereiste zu Jahresbeginn so manches Schiff
Auch in Hamburg vereiste zu Jahresbeginn so manches Schiff © HA | Michael Rauhe
Die Hadag-Fähren konnten aber planmäßig fahren
Die Hadag-Fähren konnten aber planmäßig fahren © HA | Michael Rauhe
Auch am Elbstrand von Övelgönne gefror das Wasser
Auch am Elbstrand von Övelgönne gefror das Wasser © HA | Michael Rauhe
Und Eisschollen trieben auf dem Fluss
Und Eisschollen trieben auf dem Fluss © HA | Michael Rauhe
Von oben gab es zusätzliche weiße Pracht
Von oben gab es zusätzliche weiße Pracht © HA | Michael Rauhe
Winterliche Hafenromantik in Hamburg
Winterliche Hafenromantik in Hamburg © HA | Michael Rauhe
Die Wellen froren sofort zu Eis
Die Wellen froren sofort zu Eis © HA | Michael Rauhe
Doch alles kein Vergleich zum Namensvetter im Staat New York
Doch alles kein Vergleich zum Namensvetter im Staat New York © REUTERS | LINDSAY DEDARIO
In Hamburg am Eriesee überzogen Eiswellen diesen Mitsubishi
In Hamburg am Eriesee überzogen Eiswellen diesen Mitsubishi © REUTERS | LINDSAY DEDARIO
Eisüberzogene Äste am 14. Januar auf dem schneebedeckten Plateau des Großen Feldbergs bei Schmitten (Hessen)
Eisüberzogene Äste am 14. Januar auf dem schneebedeckten Plateau des Großen Feldbergs bei Schmitten (Hessen) © dpa
Brachte Rekordwärme so manchen Schneemann wie hier im brandenburgischen Sieversdorf anfangs schnell zum Schmelzen, sollte der Winter Mitte Januar noch einmal nach Deutschland zurückkehren
Brachte Rekordwärme so manchen Schneemann wie hier im brandenburgischen Sieversdorf anfangs schnell zum Schmelzen, sollte der Winter Mitte Januar noch einmal nach Deutschland zurückkehren © dpa
Zwischen Crottendorf und Scheibenberg in Sachsen kam am 13. Januar dieser Linienbus im Schnee von der Straße ab
Zwischen Crottendorf und Scheibenberg in Sachsen kam am 13. Januar dieser Linienbus im Schnee von der Straße ab © dpa
Auch im englischen Ribblehead (Yorkshire) hatte so manches Fahrzeug Probleme
Auch im englischen Ribblehead (Yorkshire) hatte so manches Fahrzeug Probleme © Imago/Zuma Press
Die Schafherde musste sich dort auf eigenen vier Beinen durch den Schnee kämpfen
Die Schafherde musste sich dort auf eigenen vier Beinen durch den Schnee kämpfen © Imago/Zuma Press
In der nordchinesischen Wüste Taklimakan mischte sich Mitte Januar Schnee unter bzw. über den Sand
In der nordchinesischen Wüste Taklimakan mischte sich Mitte Januar Schnee unter bzw. über den Sand © Imago/Xinhua
Fast zu verschlucken schien der Nebel einen Spaziergänger am 14. Januar auf dem schneebedeckten Plateau des Großen Feldbergs bei Schmitten (Hessen)
Fast zu verschlucken schien der Nebel einen Spaziergänger am 14. Januar auf dem schneebedeckten Plateau des Großen Feldbergs bei Schmitten (Hessen) © dpa
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Für die Hauptstadt Washington, die es während des 36 Stunden langen Schneetreibens am schlimmsten erwischte, errechnete ein Mathematiker das theoretische Arbeitsvolumen: Um das Stadtgebiet von der bis zu 90 Zentimeter hohen Schneedecke zu befreien, wären 13 Millionen Lkw-Fuhren nötig.

Alle sechs Stunden wuchsdie Schneedecke um 20 Zentimeter

Auch die Hauptstadt glich am Sonnabend einer Geisterstadt. Gespenstische Ruhe. Schulen und Geschäfte waren geschlossen, große Sportveranstaltungen abgesagt, der öffentliche Nahverkehr außer Betrieb. Passanten wurden von der Polizei abgepasst, freundlich ermahnt – und nach Hause geschickt. Auf den Ausfallstraßen übernahmen Militärfahrzeuge der Nationalgarde, die landesweit über 2000 Kräfte im Einsatz hatte, den Transport, da wo Krankenwagen und Feuerwehrtrucks kapitulieren mussten. Alle sechs Stunden wuchs die Schneedecke um 20 Zentimeter. „So ergiebig war schon Ewigkeiten kein Sturm mehr“, sagte Wetterexperte Jim Cantore. „Snowmageddon“, der letzte große Wirbel, der 2010 den damaligen NRW-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) eine Woche in Washington im Hotel festsetzte, war mit 40 Zentimeter Schnee im Vergleich zu „Jonas“ beinahe Kinderkram.

„Jonas“ brachte
New York 68 Zentimenter
Neuschnee
„Jonas“ brachte New York 68 Zentimenter Neuschnee © action press/ZUMA Wire/Zuma Press

Vom Geräusch Tausender Schneeschaufeln und Fräsen wachte das Machtzentrum der USA gestern erleichtert auf und war sich wie die Rentnerin Lisa Burke schnell einig: „Holy moly! Wir sind glimpflich davongekommen.“ Stellvertretend für viele Bürger lobte die 74-Jährige die Aufklärungskampagne der Stadt. Bürgermeisterin Muriel Bowser hatte bis zuletzt gewarnt: „Dieser Sturm kann tödlich sein. Leute, bleibt bitte zu Hause.“ In Baltimore und anderen Großstädten nahm man sich ein Beispiel. Auch dort gab es Fahrverbote.

Nach ersten Bilanzen hat der in sozialen Netzwerken „Snowzilla“ genannte Monstersturm nicht die befürchteten Riesenschäden an der anfälligen Infrastruktur angerichtet. Im von sechs Millionen Menschen bevölkerten Großraum Washington gab es nur „einige Hundert Stromausfälle“, berichteten regionale Energieversorger. Nicht nur an der Küste vor New Jersey, wo Schnee und eine durch den Vollmond begünstigte Sturmflut zusammenkamen, sah die Sache anders aus. Insgesamt saßen streckenweise 200.000 Haushalte im Dunkeln. 18 Tote, darunter mehrere Herzinfarktfälle bei Senioren nach Schneeschippen, meldete der TV-Sender CNN. Dazu gab es Tausende Autounfälle. Hunderte Reisende steckten in Kentucky auf der Autobahn zwölf Stunden lang in einem 60 Kilometer langen Stau fest. Die Flugaufsichtsbehörden meldeten fast 10.000 abgesagte Flüge an der Ostküste. „Erst ab Dienstag“, so ein Sprecher gegenüber der „Washington Post“, „wird der Betrieb wohl wieder annähernd normal laufen.“

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Wie jedes Naturereignis in Amerika, über das in anderen Teilen der Welt kaum ein Wort verloren werden würde, hat auch „Jonas“ seine Helden. Dazu gehört ohne Zweifel der im Washingtoner Zoo beheimatete Pandabär Tian Tian. Seine Begeisterung, als er sich durch den Tiefschnee rollte, steckte via YouTube Millionen an. Nette Worte erntete auch der seit über 300 Tagen auf der Raumstation ISS ausharrende US-Astronaut Scott Kelly. Ihm zu verdanken sind atemberaubende Fotos, die den Sturm aus dem All zeigen.

Und dann wäre da noch Keith Howard. Seit 17 Jahren fährt er für die Verwaltung von Montgomery County vor den Toren Washingtons im Winter Räumfahrzeuge. Als er gestern Morgen unerwartet in Chevy Chase in eine im Schnee versunkene Nebenstraße einbog, zogen die Anwohner die Handschuhe aus – und klatschten Beifall.