Google-Fans fotografieren gepixelte Häuser neu und stellen die Fotos ins Internet. Fanatiker werfen Eier gegen Fassaden in Essen

Berlin. Mit Worten, Fotos und sogar mit Eiern gehen Google-Fans gegen all jene vor, die sich gegen die Vereinnahmung durch den Suchmaschinenkonzern zur Wehr setzen.

Um die 360-Grad-Ansichten deutscher Straßen im Kartendienst Google Maps ist ein erbitterter Kampf entbrannt. Waren dem Start von Street View monatelange Diskussionen um den Schutz des Persönlichkeitsrechts von Hausbesitzern und Bewohnern vorausgegangen, schienen sich die Gemüter zunächst zu beruhigen. Rund 250 000 Menschen in Deutschland entschieden sich dafür, die Fassaden der von ihnen bewohnten Häuser pixeln, also unkenntlich machen zu lassen - aus gutem Grund, wie Datenschützer betonen. Sie haben ihre Rechnung offenbar ohne die Google-Fans gemacht.

In Online-Foren und Blogs machen die Befürworter des Angebots ihrem Ärger Luft. Beim Flanieren durch das komplett fotografierte Deutschland wirkten die milchig-weißen Rechtecke, als würde man "mit dem Kopf gegen eine Wand laufen", heißt es dort etwa. Auch das Internetportal ntv.de wütet in ungewöhnlicher Schärfe gegen die "rückständigen 'Freiheitskämpfer'", denen ein Kommentator "dumpfen Antiamerikanismus" unterstellt. Die "Verpixler", heißt es an anderer Stelle, setzten sich dem Verdacht aus, unter Verfolgungswahn zu leiden oder sich hinter dem Grauschleier "dubiose Etablissements" verbergen zu wollen.

Eierwerfer hinterließen Bekennerschreiben: "Google's cool"

Im Essener Stadtteil Bergerhausen wurden Google-Fans sogar handgreiflich. Dort wurden im Internet nur verschwommen zu sehende Häuser mit Eiern beworfen. Als Bekennerschreiben klebten an den Briefkästen Zettel mit der Aufschrift "Google's cool" (Google ist cool). Als "Freiheitskämpfer" sehen sich auch Gruppen, die die aus ihrer Sicht verschandelten digitalen Landschaften in Eigeninitiative restaurieren wollen. So unterhält die Aktion Verschollene Häuser im Internet eine Plattform für alle, die dem "Recht auf einen digitalen öffentlichen Raum Nachdruck verleihen" wollen.

Auch "vernünftige Kritiker" seien willkommen. Interessanterweise muss man der Gruppe aber erst selbst beitreten, bevor man Beiträge lesen oder erstellen kann. Die Aktivisten fotografieren gepixelte Häuser und Fassaden, um deren Bilder nachträglich zu veröffentlichen. "Durch die Verpixelung haben sich die Bürger bereits für eine Verletzung des öffentlichen Raums ausgesprochen", argumentiert der Initiator. "Diesem sollte entschieden gegenübergetreten werden, denn es bedroht das Verständnis des öffentlichen Raums im Informationszeitalter."

"Verschollene Häuser" können bei Google wieder hinzugefügt werden

Über Bilderdienste, die mit Google Maps verbunden sind, lassen sich die "verschollenen Häuser" ganz einfach wieder dem weltweiten Panorama hinzufügen. Google-Sprecher Kay Oberbeck kündigte zwar an, die passgenaue Einfügung von Bildern auf eine gepixelte Street-View-Ansicht zu unterbinden. Eine Veröffentlichung fotografierter Hausfassaden grundsätzlich zu verhindern dürfte aber unmöglich sein. Schließlich ist das Einfügen eigener Bilder eine ebenso beliebte wie sinnvolle Funktion bei Google Maps. Doch auch auf der Gegenseite formiert sich Widerstand. Würden tatsächlich Bilder von Häusern gegen den Willen ihrer Bewohner ins Netz gestellt, so kündigt ein Nutzer an, werde er zu jedem Bild zehn verfälschte "Alternativfotos zum gleichen Standort zur Verfügung stellen". So bleibe "die Panoramafreiheit gewahrt, aber niemand kann sich sicher sein, dass das Foto auch zu dem angezeigten Standpunkt in Google Maps gehört". Um dies umzusetzen, müsse er noch nicht einmal das Haus verlassen.

Der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Casper kann den Unmut der Google-Gegner gut verstehen. Er sieht aber keine rechtliche Handhabe, um gegen private Fotos von Fassaden im Internet vorzugehen. "Wir bewegen uns hier in einer Grauzone." Solange die Fotos privat seien, könne man sie nicht entfernen lassen.