Eine durch die Tür abgeschossene Kugel traf den erfahrenen SEK-Beamten in der ungeschützten Armöffnung. Er starb noch am Tatort.

Koblenz. Ein Mitglied der Rockerbande Hells Angels hat in Rheinland-Pfalz einen 42 Jahre alten SEK-Beamten erschossen. Der 43-jährige Rocker habe bei einer Razzia in Anhausen ohne Vorwarnung durch die geschlossene Tür seiner Wohnung gefeuert. Der Beamte starb noch am Tatort, teilte die Staatsanwaltschaft in Koblenz mit. Besonders tragisch: Der ledige Polizist trug bei dem Einsatz zwar eine kugelsichere Weste. Nach ersten Erkenntnissen stand er aber, als die zwei Schüsse abgegeben wurden, seitlich zur Tür. Eine Kugel drang so durch die ungeschützte Armöffnung in den Brustbereich ein. Auch ein Notarzt habe das Leben des 42-Jährigen nicht mehr retten können, berichtete der Staatsanwalt. Die Angehörigen des Beamten würden nun psychologisch betreut.

Nach den Schüssen überwältigten Polizisten den Angreifer und dessen Freundin in der Wohnung ohne Einsatz von Waffen.

Die Durchsuchungsaktion gestern Morgen richtete sich gegen insgesamt fünf Verdächtige, die im Rotlichtmilieu aktiv sein sollen und Prostituierte bedroht sowie von lukrativen Plätzen vertrieben haben sollen. Die Razzia fand an sieben Orten in Rheinland-Pfalz sowie im hessischen Hadamar und im nordrhein-westfälischen Düren statt. Den Angaben nach stand sie aber nicht im Zusammenhang mit dem Bandenkrieg zwischen den Hells Angels und dem rivalisierenden Motorradklub Bandidos, die sich in jüngster Zeit in mehreren Bundesländern, darunter auch in Schleswig-Holstein, teils brutale Auseinandersetzungen um die Vorherrschaft im Waffen- und Drogenhandel sowie im Rotlichtmilieu geliefert haben.

Die Schüsse des 43-Jährigen stufte der Leitende Oberstaatsanwalt Horst Hund als Mord ein, da diese zum einen heimtückisch und zum anderen mit dem Ziel abgefeuert worden seien, Straftaten zu verdecken. Das gilt als ein besonders verwerfliches Motiv. Der Haftrichter erließ noch gestern Haftbefehl. Der Beschuldigte schwieg in ersten Vernehmungen zu den Vorwürfen. Die Lebensgefährtin des Angreifers wurde nach einigen Stunden wieder auf freien Fuß gesetzt.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck bezeichnete den Polizisten als "das tragische Opfer einer schrecklichen Gewalttat". Der SPD-Politiker sagte, der Mainzer Landtag werde des Toten in einer Plenarsitzung gedenken. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, sagte, das Risiko für Polizeibeamte im Einsatz verletzt oder getötet zu werden, habe in den vergangenen Jahren massiv zugenommen. Seit 1945 seien insgesamt 391 Polizisten im Dienst getötet worden.

Wie Markus Stöhr von der Gewerkschaft der Polizei Rheinland-Pfalz berichtete, weisen alle Schutzwesten der Polizei an den Seiten eine Schwachstelle auf. So hätten die Westen im Bereich der Achselhöhle eine Lücke, damit der Beamte sich in der Schutzkleidung noch bewegen könne. Zudem könnten die kugelsicheren Westen zum An- und Ausziehen an den Seiten geöffnet werden, was den Schutz mindere.

In der Nacht zu gestern haben Unbekannte indessen einen Anschlag auf ein Klubhaus des Motorradklubs Bandidos in Berlin verübt. Wie die Polizei mitteilte, hatte ein Anwohner Polizei und Feuerwehr alarmiert. Zeugen hatten zuvor mehrere Schüsse gehört. Am Tatort fanden die Ermittler Einschusslöcher an den Fenstern des Hauses und Patronenhülsen. Zum Tatzeitpunkt hatten sich zwei 26-Jährige in dem Klubhaus aufgehalten. Sie blieben unverletzt.