Dominique Strauss-Kahn steht im Zuhälterei-Prozess vor Gericht. Orgien in Hotels räumt er ein - von Prostitution wusste er angeblich nichts. Zuvor war er von Femen-Aktivistinnen attackiert worden.

Lille. Sexpartys ja, aber keine Zuhälterei: Der frühere IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn hat in seinem Skandalprozess in Frankreich die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen. Er habe nicht gewusst, dass die an den Orgien in Luxushotels beteiligten Frauen Prostituierte waren, sagte der 65-jährige am Dienstag im Gericht in Lille.

Der frühere französische Spitzenpolitiker und Direktor des Internationalen Währungsfonds ist angeklagt, sich an einem Prostitutionsring beteiligt zu haben. Dieser soll ihm Frauen für Orgien in Luxushotels in Frankreich und den USA vermittelt haben. Mit vor Gericht stehen 13 weitere Angeklagte, die die Sexpartys für Strauss-Kahn organisiert haben sollen.

Bei seiner Ankunft am Gerichtsgebäude protestierten drei Aktivistinnen der Gruppe Femen mit entblößter Brust gegen Strauss-Kahn. Sie stürzten sich auf das Auto, in dem der Angeklagte saß. Die Frauen wurden von der Polizei abgeführt.

Der Prozess war am 2. Februar eröffnet worden. Bislang hat das Gericht Aussagen von einigen der Mitangeklagten gehört, darunter ein belgischer Bordellbesitzer, ein Geschäftsmann, ein Polizist und Hotelangestellte. Ermittler haben Hunderte Seiten mit Aussagen von Prostituierten vorgelegt, die die Orgien genau beschrieben haben.

Sie sollen in den Jahren 2009 bis 2011 – als der IWF-Chef gegen die Weltfinanzkrise kämpfte – in Paris, Washington und Brüssel abgespielt haben. Der Sexring soll im Hotel Carlton in Lille seinen Sitz gehabt haben. Bezahlter Sex ist in Frankreich nicht verboten, wohl aber Zuhälterei und die Anstiftung zur Prostitution.

Der ehemalige Finanzminister Strauss-Kahn hatte sich ursprünglich Hoffnungen auf eine Präsidentschaftskandidatur für die französischen Sozialisten bei der Wahl 2012 gemacht. Doch 2011 erhob ein Zimmermädchen in New York Vergewaltigungsvorwürfe gegen ihn – ganz unabhängig von dem jetzigen Verfahren in Frankreich. In diesem drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft und bis zu 1,5 Millionen Euro Geldstrafe.

Halbnackte Femen-Aktivistinnen haben unmittelbar vor der Fortsetzung des Zuhälterei-Prozesses gegen den früheren IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn für Aufregung gesorgt: Die drei Frauen stürzten sich am Dienstagmorgen vor dem Gerichtsgebäude im nordfranzösischen Lille auf das Auto, mit dem Strauss-Kahn zum Prozess gefahren wurde. Eine der barbusigen Frauen kletterte sogar auf die Motorhaube der Limousine mit verdunkelten Scheiben, bevor sie von zunächst sichtbar überraschten Polizisten überwältigt werden konnte. Der Wagen mit Strauss-Kahn fuhr dann schnell in die Tiefgarage des Gerichtsgebäudes.

Die Aktivistinnen der Feministen-Gruppe hatten mit schwarzer Farbe „Zuhälter-Kunden schuldig sprechen“ auf ihre nackten Oberkörper geschrieben und riefen die Parole – eine Anspielung auf Strauss-Kahns Verteidigungslinie bei dem Prozess. Der frühere Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) soll Sexpartys mit Callgirls mitorganisiert haben. Der heute 65-Jährige gibt die Teilnahme an den Partys zu, will aber nicht gewusst haben, dass es sich bei den Frauen um Prostituierte handelte.

Der Prozess gegen den früheren sozialistischen Spitzenpolitiker, der vor wenigen Jahren noch als aussichtsreichster Anwärter auf das Präsidentenamt in Frankreich gehandelt wurde, hatte Anfang vergangener Woche begonnen. Am Dienstag wird Strauss-Kahn erstmals vor Gericht ausführlich befragt, geplant ist seine Befragung über drei Tage. Neben Strauss-Kahn müssen sich noch 13 weitere Angeklagte vor Gericht verantworten.