Vergewaltigungsvorwürfe haben Dominique Strauss-Kahn einst die Kandidatur für das Präsidentenamt in Frankreich gekostet. In einem anderen Fall wird ihm nun organisierte Zuhälterei vorgeworfen.

Lille. Begleitet von einem riesigen Medienrummel hat der Prozess wegen Zuhälterei gegen den einstigen IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn in Nordfrankreich begonnen. Im dunklen Anzug erschien der frühere Spitzenpolitiker der französischen Sozialisten am Montag im Gerichtssaal in Lille, wobei er ernst, aber entspannt wirkte. Ihm und 13 Mitangeklagten wird vorgeworfen, wilde Sexpartys mit Prostituierten organisiert zu haben.

Der 65-jährige Strauss-Kahn, der bis zum Jahr 2011 sogar als aussichtsreicher Kandidat der Sozialisten auf das Präsidentenamt in Frankreich galt, bestreitet seine Teilnahme an den Sexpartys nicht. Er will aber nicht gewusst haben, dass es sich bei den Frauen um Prostituierte handelte.

Die Anklage geht hingegen davon aus, dass die Partys mit den Callgirls rund um Strauss-Kahns Terminkalender herum organisiert wurden, darunter allein drei Reisen nach Washington zu einer Zeit, als Strauss-Kahn noch Chef des Internationale Währungsfonds (IWF) und damit einer der einflussreichsten Männer der Welt war.

Zwischen März 2008 und Oktober 2011 soll Strauss-Kahn laut Anklageschrift bei der Prostitution von sieben Frauen „geholfen“ und dieser „Vorschub geleistet“ haben. Auf „schwere gemeinschaftliche Zuhälterei“ stehen in Frankreich bis zu zehn Jahre Gefängnis und 1,5 Millionen Euro Strafe.

Von der Spitze des IWF hatte Strauss-Kahn zurücktreten müssen, nachdem er im Mai 2011 infolge von Vergewaltigungsvorwürfen durch ein Zimmermädchen in New York festgenommen worden war. Ein Strafprozess dazu wurde später wegen mangelnder Glaubwürdigkeit des angeblichen Opfers eingestellt. Im selben Jahr kamen dann die ersten Vorwürfe zu der sogenannten Carlton-Affäre auf, die nach einem Luxushotel in Lille benannt ist und wegen der er nun vor Gericht steht.

Mehr Moral als juristische Tatsachen?

Zusammen mit Strauss-Kahn sind wegen Zuhälterei insbesondere ein Hotelmanager, ein Polizist, ein Anwalt, ein Zuhälter und Unternehmer angeklagt. Letztere sollen die Sexpartys bezahlt haben. Eine Aussage zur Sache war am ersten Prozesstag am Montag noch nicht vorgesehen. Ein Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit wurde vom Gericht abgewiesen.

Anwälte der Verteidigung zogen aber das Verfahren generell in Zweifel. So lag dem Gericht ein Antrag zur Ungültigkeit des Verfahrens vor, weil vor Beginn der offiziellen Vorermittlungen im Februar 2011 bereits ab Juni 2010 „halbamtlich“ ermittelt worden sei. Vor dem Gericht würden somit acht Monate Ermittlungen „verborgen“. Laut Recherchen des Fernsehsenders Canal+ soll es dabei Abhörmaßnahmen gegeben haben, die von der damaligen konservativen Regierung unter Präsident Nicolas Sarkozy gebilligt wurden.

Im Zusammenhang mit den Affären um „DSK“, wie Strauss-Kahn in Frankreich genannt wird, war wiederholt die Vermutung geäußert worden, dass durch die Vorwürfe ein politischer Konkurrent aus dem Weg geräumt werden sollte.

Unter Verweis darauf, dass die Staatsanwaltschaft eine Einstellung des Verfahrens empfohlen hatte, hatte Strauss-Kahns Anwalt Richard Malka den Untersuchungsrichtern „Versessenheit“ vorgeworfen, denen es mehr um Moral als um juristische Tatsachen gehe. Bei dem auf mindestens drei Wochen angelegten Prozess ist eine Befragung Strauss-Kahns erst in der kommenden Woche vorgesehen.