Leben in der Wildnis: Warum sich der 25-jährige Schwede Max Röing kenianischen Nomaden angeschlossen hat.

Tansania. Er fällt auf. Obwohl seine Haare mit Ocker gefärbt sind, sein Oberkörper von Perlenketten bedeckt und er wie alle anderen in eine rote „shuka“, den traditionellen Umhang, gehüllt ist, sticht Max Röing hervor. Äußerlich mag den Schweden aus Stockholm einiges von den Maasai trennen, die um ihn herum sitzen. Innerlich hat er viele Unterschiede schon längst überwunden. Der 25-Jährige hat sich einem Unterstamm des Nomandenvolks Maasai in Kenia angeschlossen, mit allen Konsequenzen. „Ich habe die Rituale durchlaufen und gehöre nun zu den Moran. Mein Stamm sind die Ilchamus, mein Name ist Lemeyan“, sagt er.

Bis zu diesem Satz war es kein leichter Weg. Um als Moran, als junger Krieger, zu gelten, musste Max sich unter anderem dem Ritual der Beschneidung unterziehen. Die Ilchamus beschneiden ihre zukünftigen Krieger in einer großen Zeremonie mit vielen Zuschauern – in einem Kuhgatter. „Es ist eine sehr schmerzhafte Erfahrung“, sagt er: „Aber man darf das nicht zeigen, nicht sprechen, nicht schreien. Es geht darum zu beweisen, dass man den Schmerz aushalten kann. Nur dann kann man Krieger werden.“

Hält ein Mann das nicht aus und schreit vor Schmerz, laufen die Kühe weg. Und alle, die dabei waren, wissen, dass er die Prüfung nicht bestanden hat. Max hat es geschafft und durfte seinen schwarzen Umhang gegen einen roten umtauschen, Pfeil und Bogen gegen ein großes Messer. Fortan darf er mit einer Gruppe Moran zusammenleben und sich auf das Leben als Ältester vorbereiten, die nächste Etappe.

„Ich besitze keine Kleidung mehr“

Die Moran müssen sich an bestimmte Verhaltensregeln halten. Wort halten gehört dazu, der Respekt vor Älteren. Alkohol sollen sie ebenso meiden wie Schnupftabak. Außerdem dürfen sie keine Frauen schwängern. Max hat für sich entschieden, nur mit Moran zu verkehren, die diese Regeln beachten.

Die letzte große Zeremonie der Moran, die Max miterlebt hat, fand kurz vor Weihnachten statt, als sie ihren Anführer wählten. Die Feier dauerte acht Tage. Zwischendurch wurde ein Bulle geschlachtet.

Noch ist Max nicht täglich mit den Moran zusammen. „Ab nächstem Jahr möchte ich ganz bei ihnen leben“, sagt er, „aber derzeit sehe ich mich noch als Schüler.“ Er lebt häufig bei ihnen. Er reist aber auch noch viel und besucht andere Völker. Dabei trägt er immer seinen roten Maasai-Umhang und seine Perlenketten und -armbänder. „Ich besitze gar keine andere Kleidung mehr“, sagt er. Im Sommer plant er einen Besuch in seiner Heimat Schweden. Auch dort will er die traditionelle Kleidung tragen – immerhin mit Shorts unter dem Umhang. Eigentlich trägt ein Moran nichts darunter.

Vor vier Jahren kam Max zum ersten Mal nach Kenia, als Freiwilliger einer Nichtregierungsorganisation (NGO). „Ich hatte am Anfang Angst, dass man mich am Flughafen ausrauben würde“, sagt er. Doch dann wurde Kenia seine zweite Heimat, durch die Familie, bei der er untergebracht war.

Während seiner ersten Zeit lernte er die Maasai kennen. Max freundete sich mit vielen an und wurde neugierig auf die Kultur. „Ich hatte schon immer eine Sehnsucht nach dem Leben, das vor unserer Zivilisation stattgefunden hat. Indigene Völker faszinieren mich, deshalb habe ich mich so schnell in die Lebensweise der Maasai verliebt.“ Nach seiner Zeit 2011 reiste er noch ein paar Mal nach Kenia, bevor er 2014 Jahr den Entschluss fasste zu bleiben. Sein Ingenieursstudium brach er ab.

Seine Familie war nicht glücklich über seine Entscheidung. Viele Kenianer sind hingegen begeistert von dem Schweden. Auf Max’ Facebook-Seite gratulieren ihm Freunde zu dem Schritt.

Wenn Max bei den anderen Moran im Busch lebt, ernährt er sich hauptsächlich von der Milch der Maasai-Kühe. Nach einer Schlachtung ist die Auswahl größer. Dann gibt es Fleisch, Suppe aus den Knochen und auch mal einen Kuhkopf. Auch das frische Blut der Kühe trinkt Max, so wie alle anderen: „Mir geht es körperlich sehr gut, ich bin fit.“

Max empfindet den Schutz der Maasai-Kultur als seine Mission. Deren größten Gegner seien Armut, Verdrängung von ihrem Land und der Klimawandel. Seine Zukunft sieht er bei seinem Stamm, an den er sich auch durch Heirat binden möchte. Obwohl er derzeit noch keine Freundin oder Verlobte hat, steht für ihn fest, dass seine Braut eine Maasai sein soll. „Für eine Weiße könnte es zu schwierig sein, die Kultur zu verstehen, in der ich jetzt lebe. Außerdem hat es den Vorteil, dass ich durch eine Maasai noch mehr lerne und mehr Respekt im Stamm bekomme“, sagt er. Er muss noch warten. Max darf erst heiraten, wenn auch sein Moran-Anführer geheiratet hat oder wenn er zum Ältesten aufgestiegen ist. Das dürfte, wenn er alle Prüfungen besteht, erst in fünf Jahren der Fall sein.