Das Korruptions-Verfahren kann ganz schnell zu Ende sein. Bernie Ecclestone bietet 100 Millionen Dollar für einen Justiz-Deal. Das erzürnt eine Ex-Ministerin – aber Bayern würde profitieren.

München/Hamburg. Der Bestechungsprozess gegen Formel-1-Chef Bernie Ecclestone vor dem Landgericht München I könnte an diesem Dienstag mit einem Deal vorzeitig beendet werden. Nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ soll das Verfahren gegen den 83-jährigen Ecclestone nach einer Absprache von Verteidigung, Staatsanwaltschaft und Gericht gegen eine Zahlung von 74,5 Millionen Euro eingestellt werden. Das Gericht hat bereits alle ursprünglich für diese Woche vorgesehenen Zeugen wieder abbestellt. Dass eine Einigung auf einen Deal erzielt wurde, wollte im Vorfeld aber noch keine der an dem Verfahren beteiligten Seiten bestätigen.

Milliardär Ecclestone soll sich zur Zahlung der Rekordsumme von 100 Millionen Dollar bereiterklärt haben. Nach einer Einstellung wäre er offiziell unschuldig, nicht vorbestraft und könnte weiter an der Spitze der Formel 1 bleiben, die er aufgebaut hat und bis heute beherrscht. Daran ist natürlich Ecclestone gelegen.

Die Einstellung von Strafprozessen gegen eine Geldauflage ist aber nur bei einer geringen Schuld möglich. Die Höhe der Geldauflage richtet sich nach dem Vermögen des Angeklagten und dürfte daher bei Ecclestone deutlich höher ausfallen als in normalen Prozessen.

Ecclestone steht seit Ende April wegen Bestechung eines Amtsträgers und Anstiftung zur Untreue in einem besonders schweren Fall vor Gericht. Um seinen Job an der Formel-1-Spitze zu sichern, soll er laut Anklage dem ehemaligen BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowsky 44 Millionen Dollar Bestechungsgeld beim Besitzerwechsel der Rennserie gezahlt haben. Vor Gericht konnte der Vorwurf gegen Ecclestone an den bislang 20 Verhandlungstagen aber nicht klar belegt werden.

Die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat einen möglichen 100-Millionen-Dollar-Deal im Ecclestone-Prozess eine „Frechheit“ genannt. Falls es tatsächlich zu dieser Absprache im Münchner Prozess komme, wäre das „nicht mit dem Sinn und Zweck unserer gesetzlichen Regelung in Einklang zu bringen“, sagte Leutheusser-Schnarrenberger im Deutschlandfunk.

Die Höhe des vermeintlichen Deals zeige ja bereits, dass im Kern eine ganz erhebliche Schuld vorliegen müsse, argumentierte Leutheusser-Schnarrenberger. „Und in meinen Augen darf in dieser Dimension nicht mit der Justiz, mit der Gerechtigkeit gehandelt werden. Das hat nicht nur ein Geschmäckle, das ist wirklich eine Frechheit.“

Die ehemalige Ministerin sagte, sie sehe nun den Gesetzgeber gefordert, die Regelungen für einen Deal „viel enger“ zu formulieren. Durch solch eine Absprache wie im Fall Ecclestone werde das Gerechtigkeitsgefühl vieler Bürger massiv beschädigt. „Das ist genau das, was man von Justiz nicht erwartet.“

Es gäbe einen weiteren Profiteur eines Deals: Denn der Freistaat Bayern kann auf eine Millionenzahlung hoffen. Sollte der Bestechungsprozess gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt werden, könnte nach Angaben aus Justizkreisen ein Großteil der Summe an die bayerische Staatskasse fließen. Nach der Strafprozessordnung geht das Geld bei der Einstellung von Prozessen grundsätzlich an die Staatskasse oder eine gemeinnützige Einrichtung.