Bei einer Serie von verheerenden Gasexplosionen sind in der Nacht zum Freitag in Taiwans zweitgrößter Stadt Kaohsiung mindestens 25 Menschen getötet und fast 270 weitere verletzt worden.

Taipeh. Die Hölle brach kurz nach Mitternacht los, überall brach plötzlich die Erde auf und meterhohe Feuersäulen schraubten sich in den Himmel: Bei einer Serie von verheerenden Gasexplosionen sind in der Nacht zum Freitag in Taiwans zweitgrößter Stadt Kaohsiung mindestens 25 Menschen getötet und fast 270 weitere verletzt worden, ganze Straßenzüge wurden verwüstet. Als Ursache werden Lecks in unterirdischen Gaspipelines vermutet.

Nach Angaben der Feuerwehr riefen alarmierte Einwohner aus dem Stadtteil Cianjhen am späten Donnerstagabend an und berichteten von einem starken Gasgeruch in der Luft. Als die ersten Feuerwehrleute eintrafen, war es bereits zu spät: Gleich an mehreren Stellen gab es Gasexplosionen, gefolgt von gewaltigen Bränden. Autos wurden von der Wucht der Explosionen herumgeschleudert und Dächer abgedeckt, eine der Hauptverbindungsstraßen wurde auf einer Länge von hunderten Metern aufgerissen.

Laut Feuerwehr wüteten die Brände und Explosionen in einem Umkreis von bis zu drei Quadratkilometern. Mehr als 1100 Einwohner wurden vorsorglich in Notunterkünften untergebracht. Das Militär schickte rund 1400 Soldaten zur Unterstützung der Brandbekämpfer. Erst am Morgen war die Situation wieder weitgehend unter Kontrolle.

Anwohner beschrieben schreckliche Szenen: Das Feuer habe sich bis zu 20 Stockwerke hochgeschraubt, berichtete der Augenzeuge Johnson Liu. Feuerwehrwagen und Autos seien durch die Explosion regelrecht „weggeblasen“ worden. Er habe rund zehn Leichen auf der Straße gesehen. Ein anderer erzählte, sein Haus habe gewackelt wie bei einem Erdbeben, dann sei die Straße vor seinem Laden aufgerissen.

Menschen flohen in Panik, andere brachten erste Verletzte auf improvisierten Tragbahren weg. Dutzende erlitten schwere Brandverletzungen. Unter den Toten sind auch vier Feuerwehrleute, die als eine der ersten die Ursache für den Gasgeruch untersuchen wollten. Zwei weitere wurden am Freitag noch vermisst.

Das Fernsehen zeigte Aufnahmen von in Autos installierten Kameras. Darauf ist unter anderem eine laute Explosion zu hören, während vor einem an einer Kreuzung wartenden blauen Lastwagen die Straße aufreißt und Steine und andere Trümmer durch die Luft fliegen. Auf anderen Aufnahmen ist ein Wagen zu sehen, der nach einer ersten Explosion umdreht – und in ein weiteres Inferno rast. Einer der Insassen sagte noch: „Ich fürchte mich zu Tode. Das ist ja wie ein Bombenangriff. Nur weg hier.“

Wirtschaftsminister Chang Chia Chu sagte, bei dem ausgetretenen Gas handele es möglicherweise um Propangas. Die Ursache für das Gasleck sei aber noch unklar. In der Nähe von Kaohsiung liegt ein riesiger Komplex mit mehreren Öl- und Gas-verarbeitenden Betrieben.

Taiwans Regierungschef Jiang Yi-huan verschaffte sich am Freitag vor Ort ein Bild vom Ausmaß der Zerstörung. Er ordnete an, dass zum Gedenken an die Opfer ab Dienstag drei Tage lang alle Flaggen auf Schulen und öffentlichen Gebäuden halbmast gesetzt werden. Chinas Präsident Xi Jinpeng kondolierte den Angehörigen der Toten.

Es war die zweite schwere Gasexplosion in Kaohsiung seit 1997: Damals wurden fünf Menschen getötet und etwa 20 weitere verletzt, als die staatliche Chinesische Petroleum Corp. im Rahmen eines Straßenbauprojekts einen Teil der unterirdischen Pipeline wieder ausgraben wollte.