Schauspieler Benedict Cumberbatch hat sehr viele – meist weibliche – Fans. Sie nennen sich Cumberbitches. Der Mime versetzt Frauen in einen Liebesrausch wie es einst wohl nur Leonardo DiCaprio tat.

London. Nur ein paar Minuten lang trug er die Ärmel hochgekrempelt und die oberen zwei Knöpfe geöffnet. Wie sich der Stoff an seine Brust schmiegte, hieß es sofort, wie gut der Farb- mit seinem Hautton harmonierte. Lila machte ihn noch etwas blasser, der Schnitt, Slim Fit, noch etwas schmaler, als er ohnehin schon ist. Seine Augen sind ein bisschen schief und stehen zu weit auseinander, was seine Nasenwurzel zu breit wirken lässt, oder ist es andersrum? Sein Gesicht ist zu lang, sein Mund wirkt zu groß und gleichzeitig zu klein, wie auch immer das möglich ist. Und dieser Name: Benedict Timothy Carlton Cumberbatch, geboren in Hammersmith, Ausbildung am Internat Brambletye, East Grinstead, West Sussex. Von den Mitschülern wurde er Cucumberpatch genannt, das heißt so viel wie Gurkenfleck.

Der letzte Schauspieler mit so vielen Fans war wohl Leonardo DiCaprio

Man könnte aber auch wie die Zeitschrift „The Atlantic“ sagen: „Benedict Cumberbatch ist die postmoderne Ablehnung aller konformistischen Standards von Schönheit. Die Antithese all dessen, was wir attraktiv zu finden bestimmt sind.“ Oder: „Hi, meine Name ist Amber, und ich bin in Benedict Cumberbatch verliebt. Dieser Blog dient als mein persönliches Ventil für mein großes Verlangen nach ihm.“ Damit steht Amber nicht allein da. Sie ist Teil einer stetig wachsenden Gemeinschaft, die seit dem Start der Serie „Sherlock“ nach den Büchern von Arthur Conan Doyle einem etwas anämischen und fast asexuell anmutenden Briten verfallen ist. In ihrem Überschwang bezeichnen sich die Frauen als Cumberbitches, was man etwa als Cumberschlampen übersetzen muss. Sie erklären ein lila Herrenhemd, das Sherlock in einer Folge trug, zum „Purple Shirt of Sex“, richten dafür Fan- und Facebook-Seiten ein. Gründen zum Lobpreis seiner Frisur die Benedict Cumberbatch Hair Appreciation Society. Denken sich aus Verzückung für seinen Namen immer neue Varianten aus. Bumblebee Crumblefatch. Butterscotch Candybatch. Cribblecork Boppleclack. Dingleplum Thundercatch. Ist man ihm erst mal verfallen, hat Linguistin Gretchen McCulloch beobachtet, erkennt man Benedict Cumberbatch sogar in Wimbledon Tennismatch.

Der letzte Schauspieler, der die Frauen in einen vergleichbaren Liebesrausch versetzt hat, war wahrscheinlich Leonardo DiCaprio vor 17 Jahren. DiCaprio war 23, als „Titanic“ ins Kino kam, er spielte den bildschönen, romantischen Helden, der tragisch stirbt, damit seine große Liebe leben kann. Natürlich verliebten sich die Frauen auch in Brad Pitt und George Clooney, in die leidenschaftlichen Liebhaber, die sie verkörperten, die sensiblen Cowboys und Ärzte, die smarten Ganoven und Charmebolzen. Benedict Cumberbatch aber war schon Mitte 30, er spielte den arroganten, genialen, gefühlskalten Detektiv Sherlock Holmes, der zu seinen Mitmenschen sagt: „Wie ist das mit so komischen kleinen Gehirnen? Das muss doch langweilig sein“ – und ließ Millionen von Frauenherzen dahinschmelzen. Wie ist das möglich?

Fan Jackie hat 5000 Fotos von Cumberbatch auf ihrem Laptop

Jackie, 45, weiß es. Seit einem Jahr schreibt sie Artikel für die Fanseite . Jackie hat 5000 Fotos von Benedict Cumberbatch auf dem Laptop, alle selbst geschossen, sie hat so jeden Film von ihm zu Hause, Bücher und ein Magazin mit Widmung. Sie hat ein Holzherz auf der Kommode stehen, darauf ist ein Foto geklebt, auf dem sie neben Benedict Cumberbatch steht, er hat seinen Arm um sie gelegt, sie schmiegt ihren Kopf an seine Schulter. Jackie hat sich eine Wand ihrer Maisonettewohnung wie das Wohnzimmer von Sherlock Holmes tapeziert. Sie war in London, um Benedict bei den Dreharbeiten zu sehen. Sie und etwa 2000 andere Frauen. Immer wenn in der North Gower Street die Parkverbotsschilder aufgestellt werden, spricht sich in der Community herum, dass eine neue Staffel gedreht wird. Dann wird die North Gower Street zur Baker Street 221. Aus dem Auto steigt Benedict Cumberbatch, Mantel, weiße Haut und wieder etwas Gewicht verloren für die Rolle – und Tausende Frauen fangen an zu schreien.

Man weiß zwar wenig Privates über ihn, und doch sind in kurzer Zeit vier Biografien erschienen. Der größte Teil dreht sich um seine Karriere und was man über seine Herkunft weiß, Mutter und Vater beide Schauspieler, alles ging immer bodenständig zu. Skandale scheint es keine zu geben, vielleicht ist gerade das sein erotisches Geheimnis: kein böser Junge, sondern ein leicht spießiger Ehrgeizling. Der auf die Frage, was er sich zu Weihnachten wünscht, antwortet: ein bisschen mehr Zeit zum Bücherlesen, und damit die Damen in Wallungen versetzt.