Das Kreuzfahrtwrack hat die viertägige Überfahrt vom Unglücksort Giglio in seinen Heimathafen Genua schadlos überstanden. Am Sonntag steht für die „Costa Concordia“ aber noch ein letztes kompliziertes Manöver an.

Genua. Das Manöver zur Einfahrt der Costa Concordia in ihren Abwrackhafen Genua hat begonnen. Die Drahtseile zu den beiden Hochseeschleppern, die das Wrack bis vor die Küste der ligurischen Hafenstadt gebracht hatten, wurden am Sonntagmorgen von Technikern losgemacht. Dafür übernahmen mehrere Hafenschlepper das im Januar 2012 verunglückte Schiff.

Bereits zwei Seemeilen vor der Hafeneinfahrt waren am frühen Morgen Hafenlotsen an Bord gegangen. Im Laufe des Sonntags soll die „Costa Concordia“ vorsichtig an ihren Platz im Hafen navigiert werden.

In den kommenden zwei Jahren soll das Schiff dann vor Ort verschrottet werden. Die knapp viertägige Reise vom Unglücksort vor der Insel Giglio verlief für die „Costa Concordia“, ihre vier Schlepper und zehn Begleitschiffe ohne größere Probleme.

Nachdem der Konvoi die ligurische Hafenstadt erreicht hat, soll mit dem komplizierten Manöver zur Einfahrt des Schiffs in den Hafen begonnen werden. „Wir denken, dass sie zwischen 15 und 16 Uhr sicher an der Anlegestelle ist“, erklärte Italiens Zivilschutzchef Franco Gabrielli.

Ministerpräsident unter Schaulustigen

Das spektakuläre Vorhaben wurde von Hunderten Zuschauern verfolgt. „Alles läuft wie vorgesehen“, erklärte Umweltminister Gian Luca Galletti am Mittag. Auch Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi will am Nachmittag dabei sein, um das Schiff zu verabschieden.

Der Abschluss der Bergungsaktion soll noch einmal mehrere Stunden dauern. „Es ist wie einen Lastwagen mit angezogenen Bremsen zu manövrieren, man braucht sehr viel Kraft und Vorsicht“, erklärte Giovanni Calvelli von der Küstenwache Genua. „Das Schiff hat keinen Antrieb und vor allem wird es von den 30 Schwimmtanks gebremst, die es sehr unbeweglich machen.“ Die luftgefüllten Schwimmtanks hatten dem Riesen wieder Auftrieb gegeben. Am Nachmittag sollte das Schiff seinen endgültigen Anlegeplatz erreichen, dann wurde auch Regierungschef Renzi erwartet.

Genua ist auch der Heimathafen des Unglücksschiffs. Dort soll das 2006 gebaute Schiff ab Montag in seine Einzelteile zerlegt werden. Der Prozess wird wohl fast zwei Jahre in Anspruch nehmen.

Rund 80 Prozent der Materialien des früheren Luxusschiffs sollen recycelt werden. Etwa 40.000 bis 50.000 Tonnen Stahl sollen an Metallhändler verkauft und eingeschmolzen werden. Auch die Kabel, die Maschinen oder gewisse Möbel könnten weiterverwendet werden. Andere Einzelteile soll das Meeresmuseum von Genua übernehmen. Es wird erwartet, dass die knapp zweijährigen Abwrackarbeiten rund 1000 Menschen beschäftigen werden.

Ein Opfer noch immer vermisst

Der 290 Meter lange Kreuzfahrtkoloss war am 13. Januar 2012 bei einem verfehlten Manöver vor der Mittelmeerinsel Giglio auf einen Felsen gefahren und havariert. 32 Menschen der 4200 Menschen an Bord starben bei dem Unglück, darunter auch zwölf Deutsche.

Nach dem letzten noch vermissten Opfer soll beim Verschrotten des Schiffs nochmals gesucht werden. Nach der Havarie war die „Costa Concordia“ in einer weltweit einmaligen Bergungsaktion auf den Abtransport vorbereitet worden.

Erst nach langer Vorbereitung gelang es, das Wrack mit Hilfe luftgefüllter Seitentanks wieder zum Schwimmen zu bringen. Das gesamte sogenannte „Parbuckling Project“ inklusive Verschrottung des Ozeanriesen, die unter strenger Aufsicht der italienischen Behörden erfolgt, soll letztlich rund 1,5 Milliarden Euro kosten.

Etwas weniger als vier Tage hat das Schiff mit seinen Schleppern für die gut 350 Kilometer lange Strecke nach Genua gebraucht. Durchschnittlich war der Konvoi mit einer Geschwindigkeit von etwa zwei Knoten (rund 3,7 Stundenkilometer) unterwegs. Auf den letzten Kilometern wurde das Tempo jedoch reduziert.