Zweieinhalb Jahre lang hatten die Bewohner Giglios das Wrack der „Costa Concordia“ täglich vor Augen. Nun soll das vor der Toskana-Insel gesunkene Kreuzfahrtschiff seine endgültige Reise nach Genua antreten.

Giglio. Zweieinhalb Jahre lang hatten sie das Wrack der „Costa Concordia“ täglich vor Augen, die Tragödie hat das Leben der Bewohner von Giglio durcheinandergewirbelt. Nun soll das vor der Toskana-Insel gesunkene Kreuzfahrtschiff seine endgültige Reise nach Genua antreten, wo es verschrottet wird. Die Bewohner Giglios bereiten sich langsam auf die Zeit danach vor.

Mit der Unglücksnacht vom 13. Januar 2012, als das Kreuzfahrtschiff von der doppelten Größe der „Titanic“ vor Giglio auf einen Felsen aufgelaufen und gekentert war und 32 Menschen starben, endete der gemächliche Alltag in dem kleinen Urlauberparadies. 30 Monate lang waren hunderte Taucher, Techniker, Ingenieure und Arbeiter damit beschäftigt, zuerst die Toten und dann das Wrack zu bergen und für seinen letzten Weg nach Genua wieder flottzumachen.

„Von einem Tag auf den nächsten war alles anders“, erinnert sich Bürgermeister Sergio Ortelli. „An Stelle der Touristen in Badelatschen und -klamotten saßen Männer mit Sicherheitshelmen und Rettungswesten auf den Terrassen der Cafés.“ Die Restaurants und Kneipen zieren inzwischen zahllose Fotos von schottischen, niederländischen oder US-Ingenieuren, wie sie lächelnd die Besitzer umarmen.

„Seit dem Unglück weiß man wenigstens, wo Giglio liegt“, sagt Gertraud Lang Schildberger, deren Familie eine Agentur für Ferienwohnungen betreibt. Seit 1968 lebt die 71-jährige Österreicherin mit ihrem italienischen Mann auf Giglio, mit dem neuen Leben hat sie sich schon längst abgefunden. „All diese jungen Männer, die alle möglichen Sprachen sprechen, haben auch die Einwohner internationaler werden lassen. Selbst unser Essen und unsere Getränke haben sich geändert“, sagt sie. Und die Bars, Hotels und Restaurants hätten nun das ganze Jahr über geöffnet.

Doch nicht alle profitieren von den ungewöhnlichen Übernachtungsgästen. So ging die Zahl der normalen Touristen um ein Viertel zurück, im vergangenen Sommer waren es nur noch 115.000. Viele der idyllischen Wanderwege bleiben ungenutzt und verwildern langsam wieder. Einwohner bedauern zudem den Verlust von einem der, wie sie sagen, schönsten Unterwasserspektakel der toskanischen Küste – einer Grotte. Es werde Jahre dauern, bis die an der Unglücksstelle liegende Grotte wieder zugänglich sei, sagt der Barmann Cristiano.

Costa Crociere, der Besitzer der „Costa Concordia“, hat versprochen, den mitten in einem Meeresschutzgebiet gelegenen Unglücksort in seinen ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen. Mit der Überwachung der Aufräum- und Säuberungsarbeiten ist der Umweltbiologe Giandomenico Ardizzone beauftragt. Bis alle Reste des Unglücks beseitigt sind, werden rund zwei Jahre vergehen. Danach wird nur noch eine Ausstellung zu den technischen Herausforderungen der „Costa Concordia“-Bergung sowie eine Statue an die Tragödie erinnern.

Gertraud Lang Schildberger vermisst schon jetzt die vielen Dauergäste der Insel. „Wir werden Tränen vergießen, wenn sie gehen“, sagt sie. Doch nicht alle werden Giglio für immer verlassen. Der Meistertaucher Yurgi Bean, der schon auf Öl- und Gasplattformen in Ägypten, Mexiko und dem Irak gearbeitet hat, kann sich nicht damit abfinden, dass das Insel-Leben für ihn zu Ende sein soll. Er will bleiben und ist dafür schon bei den Behörden vorstellig geworden.