Ein 22 Monate alter Junge stirbt nach sieben Stunden in der prallen Sonne allein im Auto seines Vaters. War es eine geplante Tat? Neue Indizien machen die Ermittler fassungslos.

New York. Es war eine Tragödie, die viele Amerikaner schockierte und berührte. Ein gestresster Vater aus Atlanta hatte nach eigener Aussage auf dem Weg zur Arbeit seinen 22 Monate alten Sohn auf einem Parkplatz und in praller Sonne im Wagen vergessen und erst nach sieben Stunden seinen fatalen Fehler bemerkt. Zu spät für den kleinen Jungen. Cooper war bei Außentemperaturen um 32 Grad Celsius in dem noch viel heißeren Wagen durch einen Hitzschlag langsam gestorben. Fünf Stunden später wurde der Vater, Justin R. H., wegen schwerer Kindesmisshandlung und Mord vor Gericht angeklagt.

Was zunächst wie ein fürchterlicher, aber unverzeihlicher Unfall eines überforderten Vaters klang, scheint sich eine Woche nach dem Tod des Jungen zu einem grausamen Verbrechen zu entwickeln. Die Polizei in Atlanta zumindest hat den Fall mittlerweile als einen „geplanten Mord“ eingestuft. Das wichtigste Indiz der Ermittler: Der in Untersuchungshaft sitzende H. hatte wenige Tage vor dem Tod seines Sohnes im Internet recherchiert, wie lange ein Hund oder andere Tiere in einem überhitzten Wagen überleben könnten. Einen entsprechenden Link fand die Polizei auf dem Arbeitscomputer von H.

„Ich bin seit 34 Jahren Polizist“, sagte der Sprecher der Polizei, Dana Pierce. „Doch was wir bisher herausgefunden haben, macht mich nicht nur als Ermittler fassungslos. Das schockiert mich auch als Vater und Großvater.“ Neben der Internetrecherche sind es zahlreiche Aussagen, die H. gegenüber dem Notarzt und der Polizei gemacht hatte und die mit den wahren Ereignissen des Tages nicht übereinstimmen. Dass er seinen Sohn einfach in seinem SUV Hyundai Tuscon vergessen hatte, scheint für die Polizei frei erfunden zu sein. Nach dem Haftbefehl, der der Zeitung „The Atlanta Journal-Constitution“ vorliegt, hatte H. mit seinem Sohn am Morgen auf dem Weg zur Arbeit in einem Fast-Food-Restaurant gehalten und mit dem Jungen zusammen gefrühstückt. Der Vater hatte dies der Polizei verschwiegen. H. hatte stattdessen ausgesagt, dass er so in Gedanken war, dass er vergessen hatte, Cooper wie geplant in einer Kindertagesstätte abzugeben.

Als er dann an der Arbeit angekommen war, will er auch nicht bemerkt haben, dass sein Sohn noch immer im Auto saß und er ihn kurz darauf auf dem Parkplatz in seinem Wagen und in praller Sonne zurückgelassen hatte. Der 33-Jährige arbeitet als Manager bei dem Heimwerkermarkt Home Depot. Die Polizei glaubt diese Geschichte nicht mehr. Der Heimwerkermarkt liegt nur 800 Meter von dem Frühstücksrestaurant entfernt, heißt es in dem Haftbefehl. In dieser Zeit könne er Cooper nicht vergessen haben.

Überwachungskamera filmt H. auf dem Weg zum Auto

Noch gravierender wiegt für die Ermittler aber ein anderes Detail des Falles. In seiner Mittagspause soll H. zu seinem parkenden Wagen gegangen sein. Eine Überwachungskamera hat ihn dabei offenbar gefilmt. Er habe dabei in dem Innenraum seines Hyundais „ein Objekt“ abgestellt. Um was es sich dabei genau handelte, ist bisher nicht bekannt. Klar sei aber, dass er den Gegenstand nicht in den Kofferraum getan hatte und so seinen Sohn erneut übersehen konnte. Laut Polizei muss er Cooper, der in der Mitte der Rückbank in seinem Kindersitz saß, bemerkt haben. Ob der Junge zu diesem Zeitpunkt schon tot war, konnte die Autopsie noch nicht abschließend klären. Wenige Stunden später verlässt H. dann um 16.14 Uhr seine Arbeit. Doch erst auf dem Weg nach Hause will er seinen Sohn auf dem Rücksitz bemerkt haben. Er hält auf einem Parkplatz und versucht den Jungen mit Erste-Hilfe-Maßnahmen zu reanimieren. „Was habe ich nur getan? Was habe ich gemacht?“, soll er laut Zeugenaussagen die ganze Zeit gebrüllt haben. „Der Mann war völlig am Ende und wollte seinen Sohn retten“, sagte Dale Hamilton, der die Szene beobachtet hatte.

Der Notarzt und auch die Polizei glaubten dem verzweifelten Vater zunächst. Solche fatalen Fehler passieren immer wieder. In Atlanta ist Cooper bereits das zweite Kind, das in diesem Monat durch einen Hitzschlag in einem parkenden Auto starb. Insgesamt, so weiß die gemeinnützige Organisation KidsandCars.org, sind in diesem Jahr auf diese Weise 14 Kinder umgekommen. Im vergangenen Jahr waren es 43. Auch im Internet zeigten viele Amerikaner Mitgefühl. Sie spendeten spontan Geld für die Familie und forderten in einer Petition an den Staatsanwalt die Freilassung des Vaters.

Die Ermittlungen der Polizei ergeben allerdings ein anderes Bild. Danach war der Unfall offenbar ein eiskalter Mord. Der kleine Junge soll an diesem Sonnabend beerdigt werden.