In einem Interview mit der „Bild am Sonntag“ spricht die bekannte Pastorin über Themen wie Vergebung, Sünde und Wirtschaft. Unter anderem fordert sie ein Ende der Rüstungsexporte und ruft zu mehr Zufriedenheit auf.

Die bekannte Pastorin Margot Käßmann hat zu Pfingsten in einem Interview mit der „Bild am Sonntag“ zum Nachdenken über das eigene Glück, über Waffentransporte und den Glauben aufgerufen. Die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche beklagt eine zunehmende Konsum- und Neidkultur in Deutschland. „Das Herz der meisten Menschen hängt leider am Konsum, an der Leistung, am Erfolg,“ sagt die Theologin.

Dabei sei es nicht schwierig, zufriedener zu sein. „Ich möchte die Menschen gern ermutigen, dass sie mehr mit dem zufrieden sind, was sie haben, und nicht immer neidisch auf den Nachbarn gucken. Viele Menschen in Deutschland könnten viel fröhlicher sein, wenn sie nicht immer darauf achten würden, was sie noch lieber hätten.“

Käßmann warnte zudem davor, dass zu viel Perfektionismus Glück zerstören könne: „Es kann doch nicht sein, dass das Haus eine Traumvilla, die Frau faltenfrei sein und der Mann einen Waschbrettbauch haben muss, ansonsten ist das Leben nicht schön. Wenn wir von diesen übersteigerten Maßstäben herunterkämen, wäre das Leben einfacher und glücklicher.“

Die Beichte als weiterer Schritt zum Glück

Ein weiterer Schritt zur inneren Befreiung und zum Glück könne die Beichte sein, so Käßmann. Sie bedauere es, dass nur noch wenige Menschen heute zur Beichte gehen und dort ihre Sünden bekennen und bereuen. „Beichte ist eine Form der Befreiung“, sagt sie.

Ihre Sünden beichten könnten nicht nur Katholiken, sondern auch Protestanten: „Luther hat die Beichte nicht abgeschafft, sie wird nur seltener praktiziert“, betonte die 56-Jährige: „Heute gehen die Menschen eher zum Therapeuten und meinen, dort Absolution zu erhalten. Beichte kann mehr.“

Gottvertrauen mit Eigenverantwortung

Zudem hat Käßmann zu Gottvertrauen und gleichzeitiger Eigenverantwortung aufgerufen. „Gott ist nicht Spiderman, der in das Geschehen eingreift,“ so die Theologin. „Ich glaube, dass die Menschen für das Leid auf der Welt verantwortlich sind. Ich kann dafür Gott nicht verantwortlich machen, ich kann ihn nur bitten, Menschen die Kraft zu geben, das Leid zu ertragen und zu überwinden.“

Käßmann fordert Ende der Rüstungsproduktion

Verantwortung zu übernehmen zeichnet Käßmann aus - und das fordert sie auch von der Wirtschaft. So hat sie die Waffenexporte scharf verurteilt und sich für ein Ende der deutschen Rüstungsproduktion ausgesprochen. „Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass wir der drittgrößte Waffenexporteur der Welt sind“, so Käßmann. „Bei Rüstungsexporten dürfen wir nicht mit Wirtschaftswachstum argumentieren. Da geht es um 0,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Es muss doch möglich sein, diese Arbeitsplätze in konstruktive Produktionen zu verlagern.“

Als ersten Schritt forderte die Theologin, dass der Bundestag über alle Ausfuhrgenehmigungen öffentlich diskutiert und die Empfängerländer stark begrenzt werden. „Das Mindeste ist, dass wir nur an stabile Demokratien exportieren. Rüstungsgeschäfte mit Ländern wie Saudi-Arabien sind unverantwortlich“, sagte sie.