Mächtigster Mann der Formel 1 in München vor Gericht. Dem Briten drohen wegen Bestechung bis zu zehn Jahre Haft

München. Für Bernard Charles Ecclestone, 83, den die Formel-1-Welt nur als „Bernie“ kennt, soll die Gerichtsverhandlung in München besser enden als für den Ex-Bayern-Boss Uli Hoeneß. „Ich gehe in diesen Prozess, um meine Unschuld in der Sache zu beweisen, für die ich angeklagt bin“, kündigte der mächtige Geschäftsführer der Formel 1 an. Wenige Wochen nach der Hoeneß-Verurteilung muss sich der 1,60 Meter große Brite, dessen Vermögen auf drei Milliarden Euro geschätzt wird, von Donnerstag an wegen des Vorwurfs der Bestechung in Millionenhöhe verantworten.

Es geht um nichts weniger als sein Lebenswerk, das „Bernie“ in fast 40 Jahren aufgebaut hat. Er wird im Rennzirkus nicht mehr tragbar sein, wenn er am Ende der zunächst 26 geplanten Verhandlungstage von Richter Peter Noll verurteilt werden sollte. Mit ihm hat Ecclestone bereits Bekanntschaft gemacht. „Grüß Gott in Bayern“, hatte Noll den Briten – seinerzeit noch als Zeuge in der Verhandlung gegen Gerhard Gribkowsky – begrüßt. Jenen ehemaligen Banker, dem „Mr. E“ vor rund acht Jahren 44 Millionen Dollar gezahlt haben soll, um den Verkauf der Formel 1 in seinem Sinne zu beeinflussen.

Die Staatsanwaltschaft wirft Ecclestone Bestechung und Anstiftung zur Untreue in einem besonders schweren Fall vor. „Ich möchte, dass die Leute alle Fakten kennen, und ich bin mir sicher, dass das in München passieren wird“, sagte der frühere Gebrauchtwagenhändler, der sich zum Formel-1-Impresario hochgearbeitet hat, vor Kurzem. Nicht zum Prozess zu kommen, das würde auch nicht zu dem Briten, dessen berühmtes Lächeln eine Mischung aus Überheblichkeit und Unantastbarkeit verrät, passen. Es hätte darüber hinaus schwerwiegende Folgen: Notfalls kann sein Erscheinen per Haftbefehl erzwungen werden.

So weit dürfte es nicht kommen. Um Ecclestones Tätigkeit als Formel-1-Chef nicht zu sehr einzuschränken, wurden sogar die Verhandlungstage Grand-Prix-gerecht auf Dienstag und Mittwoch terminiert. „Der Richter war sehr freundlich, ich muss immer nur wenige Tage in München sein, sodass ich weiter zu den Rennen gehen kann“, sagte Ecclestone. An seiner Angewohnheit, sich schon vor der Zielflagge in einer Luxus-Limousine wieder zum Flughafen chauffieren zu lassen, dürfte das nichts ändern – die Arbeit ruft. Auch jetzt. Helfen soll ihm dabei die Hausjuristin des Formula-1-Managements. Die Australierin Sacha Woodward-Hill, 44, genießt schon länger das Vertrauen des „Herrn der Räder“.

Vor dem Münchner Landgericht I muss Ecclestone allerdings persönlich erscheinen. 2011 hatte er dort zwei Tage lang als Zeuge gegen den Banker Gribkowsky ausgesagt. Ecclestones einstiger Geschäftspartner war zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Nun ist er der wichtigste Zeuge im Prozess gegen Ecclestone. Gribkowsky hatte nach monatelangem Schweigen zugegeben, Geld von Ecclestone erhalten zu haben. Im Sommer 2012 folgte das Urteil wegen Bestechlichkeit gegen den ehemaligen Bayern-LB-Banker. Und schon damals sagte Noll: Ecclestone habe Gribkowsky „ins Verbrechen geführt“.

Kennengelernt hatten sich Ecclestone und der Banker, als die Landesbank ihre Mehrheit an der Rennserie im Jahr 2006 verkaufen wollte. Gribkowsky hatte als Risikovorstand der Bank die Aufgabe, möglichst viel Geld für die Anteile herauszuholen. Ecclestone fürchtete aus Sicht der Staatsanwaltschaft bei einem Besitzerwechsel einen Machtverlust an der Spitze der Formel 1. Hinzu kam, dass Ecclestone damals auch noch gegen eine drohende Abspaltung der finanzkräftigen Rennserie durch die Hersteller kämpfen musste.

Er zahlte Gribkowsky letztlich zig Millionen, damit er einem bestimmten Käufer den Vorzug gibt: Ecclestones Wunschkandidaten CVC, der die Formel 1 schließlich kaufte und Ecclestone als Geschäftsführer installierte. An seiner Machtfülle, die der Brite genießt, seitdem er Ende der 70er-Jahre die TV- und Vermarktungsrechte gekauft hatte, änderte sich nichts.

Das Geld für Gribkowsky soll sich Ecclestone, der trotz seines Vermögens als ausgesprochen sparsam gilt, dann weitgehend von der BayernLB zurückgeholt haben – in Form einer Provision von 41 Millionen Dollar für seine Beraterleistungen beim Formel-1-Verkauf. Ecclestone hat die Bestechungsvorwürfe stets bestritten und versichert, er habe nichts Illegales getan. Er stellt die Millionenzahlung an Gribkowsky als eine Art Schweigeprämie dar, damit der Banker ihn nicht bei den britischen Steuerbehörden anzeige. Ecclestone ist der Prozess vor allem lästig. „Das Ganze ist nur so ein sehr kleiner Teil meines Lebens. Es sollte eigentlich keine Rolle spielen. Aber im Moment kostet es mich sehr viel Zeit.“ Er wolle im Prozess alles klarstellen – um dann seinen Job weitermachen zu können. Wenn ihm das nicht gelingt, muss er mit bis zu zehn Jahren Gefängnis rechnen.