Lippenstift, Ohrringe, Weihnachtskleid – eine Vermittlung in Berlin setzt auf Gleichberechtigung und schickt Weihnachtsfrauen los. Damit beim Fest auch nichts schief geht, gibt es vorher hartes Training.

Berlin. Auf dem Flur der TU Berlin geht es laut zu. Melek, Julian, Christiane – die Teilnehmer werfen sich Jonglierbälle zu und rufen dabei gegenseitig ihre Namen. Das Kennenlernspiel ist Teil des Workshops der Weihnachtsmannvermittlung des Studentenwerks. In ihrer Mitte steht ein kleiner runder Mann mit silber bemaltem Rauschebart und Weihnachtsmannkostüm. „Bitte laut“, schreit Stephan Antczack einer jungen Frau zu, „laut und deutlich“. Der Theaterpädagoge leitet den Weihnachtsmann-Workshop.

Christiane Poggemöller steht mit den anderen im Kreis, trägt roten Lippenstift und ein langes dunkelrotes Samtgewand mit Goldrand. Unter der roten Weihnachtsmütze schauen rot-weiß karierte Ohrringe hervor. Sie ist eine der beiden Weihnachtsfrauen der studentischen Weihnachtsmannvermittlung in Berlin. Die 27-jährige Maschinenbaustudentin wird an Heiligabend bis zu zehn Familien in Berlin aufsuchen.

Darauf bereitet sie Oberweihnachtsmann „Stippi“, wie die Studenten Antczack auch nennen, während des sechsstündigen Workshops vor. „Hunde stehen auf Weihnachtsmänner“, warnt er den Nachwuchs. „Habt ihr keine Leckerlis dabei, seid ihr geliefert.“

Drogen und Alkohol verboten

Die Neuen müssen ihrer Rolle treubleiben – und sich für den Weihnachtsauftritt vieles verkneifen. „Wenn man bei der Familie auf die Toilette geht, wirkt man menschlich.“ An einer Scheibe steht der Ehrenkodex der Weihnachtsmänner: keine Drogen, kein Alkohol. Rauchen und Essen nicht im Kostüm und immer in der Rolle.

Antczack hat schon Hunderte Studenten zu Weihnachtsmännern und Engeln ausgebildet. Eine Weihnachtsfrau hingegen ist nur selten dabei. „Wir hatten letztes Jahr die erste Weihnachtsfrau. Diesmal schicken wir sogar zwei los“, sagt der Rauschebart, der bereits seit 2002 als Weihnachtsmann unterwegs ist.

Mit ihren männlichen Kollegen kommt Poggemöller gut zurecht, es sei überhaupt nicht komisch. „Die Weihnachtsfrau hat die gleiche Rolle wie der Weihnachtsmann“, sagt die Studentin, die schon als Animateurin und Zumba-Trainerin, einer Variante des Aerobics mit lateinamerikanischer Musik, gearbeitet hat. „Manche Leute wollen sogar nie wieder einen Weihnachtsmann buchen, sie wollen nur noch eine Weihnachtsfrau“. Frauen seien emotionaler und machten kleinen Kindern nicht so viel Angst. Den Kindern erzählt die Weihnachtsfrau: „Der Weihnachtsmann hat zu viel Spekulatius gegessen.“ Deswegen vertrete sie ihn.

Weihnachtsfrauen sind etwas teurer

Die ersten Buchungen für die Berliner Weihnachtsfrauen seien schon eingegangen, sagt Antczack. Die Damen sind etwas teurer: Die Preise für eine Weihnachtsfrau liegen an Heiligabend bei 51 Eruo pro Bescherung, die männlichen Kollegen gibt es schon ab 36 Euro. Zumeist kämen die Anfragen von Familien, die schon Erfahrung mit der Weihnachtsfrau des Vorjahres gemacht hätten.

Die Weihnachtsfrauen müssen etwas vorsichtiger sein als ihre männlichen Kollegen, wenn sie allein fremde Häuser besuchen. Deshalb können zurzeit nach Angaben von Antczack nur weibliche Anrufer eine Weihnachtsfrau buchen.

Auch in anderen Städten Deutschlands gibt es Weihnachtsfrauen. Die Arbeitsagentur Cottbus beispielsweise bietet „schon viele Jahre“ eine Weihnachtsfrau zur Buchung an. Dort setzt man „auf gestandene Leute, die das schon viele Jahre machen“, wie eine Sprecherin der Arbeitsagentur sagt. Eine Ausbildung zur Weihnachtsfrau oder zum Weihnachtsmann gebe es aber nicht.