Eine UN-Studie in mehreren Ländern Asiens hat ergeben, dass fast jeder vierte Mann schon mindestens einmal eine Frau vergewaltigt hat. Begründung der Vergewaltiger: Sex stehe ihnen schließlich zu.

Bangkok. Vergewaltigungen sind in der Asien-Pazifik-Region erschreckend weit verbreitet. Erst am Dienstag wurden vier Angeklagte in Indien nach der schockierenden Gruppenvergewaltigung einer 23 Jahre alten Studentin schuldig gesprochen. Doch eine erstmals groß angelegte Studie im Auftrag der Vereinten Nationen (UN) belegt noch viel mehr: Jeder vierte Mann habe in der Region schon einmal seine eigene oder eine andere Frau vergewaltigt, berichten Forscher in der Medizin-Zeitschrift „The Lancet“. Dafür wurden insgesamt 10.000 Männer bis 50 Jahre in Bangladesch, Kambodscha, China, Indonesien, Papua-Neuguinea und Sri Lanka befragt.

Fast ein Viertel der Männer räumte demnach ein, mindestens einmal eine Frau zum Sex gezwungen zu haben. In vielen Fällen handelte es sich um Vergewaltigungen in der Partnerschaft. Aber jeder zehnte Mann gab zu, auch schon eine Frau vergewaltigt zu haben, die nicht seine Partnerin war. Fast die Hälfte der Männer bekannte sich als Mehrfachtäter. Besonders eklatant war die Situation in Bougainville in Papua-Neuguinea. Dort sagten 27 Prozent der Männer, sie hätten schon Frauen außerhalb ihrer Partnerschaft vergewaltigt.

Fast Dreiviertel der Männer gaben dem Bericht zufolge als Grund für die Gewalt an, Sex stehe ihnen schließlich zu. 60 Prozent meinten, sie hätten es zur Unterhaltung getan und 38 Prozent, um eine Frau zu bestrafen. Die Forscher fanden heraus, dass Männer, die selbst als Kinder sexuell missbraucht wurden, öfter zu Vergewaltigern wurden als solche, die einen solchen Missbrauch in der Kindheit nicht erlebt hatten.

Gebraucht werden „langfristige Strategien“

„Präventionsmaßnahmen brauchen langfristige Strategien“, schrieb Studien-Autorin Rachel Jewkes vom Medizinischen Forschungsrat Südafrikas. „Tief in kulturellen Idealen und Vorstellungen von Männlichkeit und Geschlechterhierarchie verhaftete Verhaltensweisen müssen infrage gestellt werden.“

Ein zweites Forschungsteam untersuchte die allgemeine Gewaltbereitschaft der Männer. Es war überrascht über das Ergebnis: „Körperliche Gewalt geht nicht immer einher mit Vergewaltigung“, berichtete die Autorin Emma Fulu von dem UN-Netzwerk Partner für Prävention in Bangkok. „Man nahm bislang an, dass körperliche und sexuelle Gewalt Teile des gleichen Verhaltensmusters sind, aber das ist nach unseren Recherchen nicht unbedingt der Fall.“ Allerdings gab fast die Hälfte aller Männer zu, die Ehefrau oder Partnerin schon einmal geschlagen oder getreten zu haben. In Bougainville waren es sogar 80 Prozent.

Das UN-Netzwerk Partner für Prävention besteht aus mehreren UN-Organisationen. Sie legten auf Basis der wissenschaftlichen Analyse einen Bericht vor, der vor allem die Gründe der Männer für ihr Verhalten untersucht und Vorschläge macht, wie das Verhalten verändert werden kann.