Doch die jüdische Gemeinde kritisiert das bei Pink Floyd übliche fliegende Schwein als Teil der Bühnenshow. Aufruf zum Boykott von Roger Waters’ Konzert in Düsseldorf.

Berlin. Kurz nach dem tatsächlichen Fall der Mauer in Berlin hatte Pink-Floyd-Mitgründer Roger Waters in Berlin vor Hunderttausenden das Meisterwerk „The Wall“ inszeniert. Jetzt kehrte Waters zurück in die ehemals geteilte Stadt. Mit einem Konzert im Olympiastadion begeisterte Waters 33.000 Zuschauer.

Zu Donnergrollen und wildem Lichtgeflacker ließ er die Mauer auf der Bühne einstürzen, spielte Songs wie „Another Brick In The Wall“ und „Run Like Hell“. Unter großem Jubel wiederholte Waters außerdem seine Unterstützung für die East Side Gallery, gegen deren geplanten Teilabriss er protestiert hatte.

Waters hatte bei einem Termin an der Gallery gesagt: „Ich unterstütze voll und ganz die Protestbewegung gegen die Fortführung dieses Bauprojekts.“ Wäre er nicht in einer Limousine vorgefahren, er wäre optisch kaum von den Anführern des Protestbündnisses zu unterschieden gewesen. Der Musiker traf auch sonst den erwünschten Ton. „Wir müssen verstehen, dass es im Leben wichtigere Dinge als Kommerz gibt“, sagte Waters, der Pink Floyd Mitte der 1980er Jahre verlassen hatte.

Während der kurzen Ansprache stand Waters neben einem Mauerbild des US-Künstlers Lance Keller, das auch das Pink-Floyd-Album „The Wall“ ziert.

Das 1,2 Kilometer lange Mauerstück am Spreeufer war 1990 von Künstlern aus aller Welt bemalt worden und zählt heute zu Berlins wichtigsten Touristenattraktionen. Im März hatte bereits der US-Schauspieler und Sänger David Hasselhoff den Protest gegen die Errichtung eines Wohnkomplexes und eines Hotels unterstützt.

Gegner des Bauvorhabens kritisieren nicht nur die Entfernung mehrerer Mauerteile, die (teils nur temporär) abgebaut werden, um die Zufahrt zu den neuen Gebäuden zu gewährleisten. Sie bemängeln auch, dass durch die hohen Gebäude die bisherige Sichtsperre zum Land hinter der Mauer aufgehoben werde. Dadurch gehe die herrschende Atmosphäre einer geteilten Stadt verloren.

Dass nun ausgerechnet Waters den Erhalt einer Mauer fordert, darüber muss er selbst lachen. Schließlich war in der pompösen Bühnenshow „The Wall“ eine Mauer mit der Kraft der Pink-Floyd-Musik eingerissen worden. „Ich bin normalerweise nicht dafür bekannt, mich in der Welt für die Beibehaltung von Mauern auszusprechen“, sagte Waters.

Unterdessen gibt es scharfe Kritik an der Bühnenshow „The Wall“. Teile der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland empfinden ein Schwein mit Davidstern, das während der Show in den Bühnenhimmel aufsteigt, als Provokation. Damit greife Waters auf alte Symboliken zurück, kritisierte das Berliner Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus.

Das Schwein, das im Judentum nicht-koscher ist, sei schon im Mittelalter für antijüdische Hetzbilder benutzt worden. Das American Jewish Committee (AJC) forderte den Berliner Senat als Eigentümer des Stadions zu einer Intervention auf. Die Direktorin des AJC Ramer Institute, Deidre Berger, erklärte, in der Hausordnung des Stadions seien explizit politische Propaganda, rassistische und fremdenfeindliche Parolen verboten. „Wir fordern den Berliner Senat auf, dass er sich zu dieser antisemitischen und israelfeindlichen Stimmungsmache positioniert und die Anwendung der Hausordnung konsequent durchsetzt.“ Auch der Veranstalter Semmel Concerts stehe in der Pflicht zur Anwendung der Hausordnung, erklärte Berger.

Die Vorsitzende des Berliner Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus, Lala Süsskind, betonte, die Benutzung antisemitischer Bilder, noch dazu an einem historisch hoch sensiblen Ort wie dem Olympiastadion, sprenge die künstlerische Freiheit. „Wir sollten dem eine klare Absage erteilen, nicht nur durch jüdische Organisationen“, sagte die frühere Berliner Gemeindevorsitzende.

Die Jüdische Gemeinde in Düsseldorf rief derweil zum Boykott des Konzertes auf. Dort wird Waters am Freitag mit seiner Bühnenshow gastieren. Der Verwaltungsdirektor der Jüdischen Gemeinde, Michael Szentei-Heise, nannte Waters einen „geistigen Brandstifter, für den es in unserer Stadt kein Forum geben darf“.

Roger Waters verteidigte derweil auf seiner Facebook-Seite die Verwendung des Davidsterns auf dem Schwein und betonte, dass er auch andere Symbole in dieser Form präsentiert. Er beschreibt seine Show als „antikolonial, pro freiheitlich, pro Dialog, pro Frieden, anti-autoritär, antifaschistisch“.

Das American Jewish Committee erklärte dagegen, es sei grotesk, wenn Waters die antisemitische Bildsprache seiner Bühnenshow leugnet. Der Musiker sei Unterstützer eines Total-Boykotts gegen Israel und bezeichne den jüdischen Staat als „Apartheitsstaat“.