Der frühere Bahnchef und Vorstand von Air Berlin soll mit Rücktritt gedroht haben. Jetzt gibt es ein „soft opening“. Mehdorn trickste seinen internen Konkurrenten aus.

Berlin-Schönefeld. Für Berlin sollte es der größte Umzug werden seit der Ankunft von Parlament und Bundesregierung: Ein Konvoi mit 2800 Lastwagen, die Stadtautobahn abgeriegelt, auf den Brücken Kamerateams aus aller Welt – und am nächsten Morgen: Die Spitzen des Staates durchschneiden das Band am neuen Hauptstadtflughafen.

Diese Pläne landen jetzt im Reißwolf. Deutschlands drittgrößtes Luftdrehkreuz öffnet – voraussichtlich im nächsten Frühjahr – zunächst mal nur den Seiteneingang. Hartmut Mehdorn ist für den umstrittenen Plan intern aufs Ganze gegangen. Doch gewonnen hat er bislang nicht viel.

Die ersten Schalter stehen schon bereit im Nordflügel des Abfertigungsgebäudes. Wo Passagiere eigentlich nur warten sollten, werden Fluggäste bald auch einchecken und ihr Gepäck aufgeben können. Denn im Hauptgebäude streikt noch immer der Brandschutz.

Kaum fertig, wird der Nordflügel deshalb umgebaut. Fachleute haben die Laufwege der Passagiere abgeschritten, nun müssen sie die Glasfassade für Gepäckbänder aufbrechen, damit von Frühjahr an zehn Starts und Landungen möglich sind. Mehr nicht. „Wir müssen alle schrittweise auf den Countdown einstimmen“, sagt Mehdorn. Er meint den Countdown zur Gesamteröffnung des Flughafens. Im Nordflügel will er Abläufe testen und vor allem zeigen: Es bewegt sich was auf Deutschlands berüchtigster Baustelle – im gewissen Sinne also schon auch eine „PR-Nummer“, wie Kritiker höhnen.

Denn einen Termin für die Gesamt-Inbetriebnahme gibt es nicht. Sie rückt durch den „kleinen Teilbetrieb“ auch nicht näher – weshalb Mehdorns umstrittener Plan dieses „soft openings“ ebenso viele Bedenken wie offene Fragen birgt.

Stephan Loge hat eigentlich schon abgewinkt. „Der gesamte Flughafen muss fertig werden“, forderte der zuständige Landrat kürzlich, von Teileröffnungen abratend. Das ist nicht unbedeutend, denn Mehdorn braucht die Genehmigung durch Loges Bauordnungsamt. Dessen Veto verhinderte im vergangenen Jahr, dass der Flughafen ohne funktionstüchtigen Brandschutz in Betrieb geht. Loge ist die nächste Hürde, die Mehdorn überwinden muss.

Im internen Machtkampf mit seinem Technikchef Horst Amann hat der frühere Bahnchef mit dem Aufsichtsratsvotum für die Teileröffnung aber schon mehr als einen Etappensieg errungen. Denn der kämpferische 71-Jährige hat am Freitag nicht nur Amanns Alternativkonzept verhindert, sondern auch erreicht, dass zwei Bauleiter des stämmigen Hessen gehen müssen. Die Truppen des vor einem Jahr als großer Hoffnungsträger geholten Ingenieurs sind nun arg dezimiert.

Zuletzt sollen im Aufsichtsrat nicht einmal mehr die Vertreter des Bundes Amann gestützt haben. Sie hatten ihn zum Flughafen geholt. Es soll hoch her gegangen sein in der Sitzung, die bis in die Nacht dauerte.

Ob Mehdorn vorab mit Rücktritt gedroht hat, wie spekuliert wird, ist eigentlich unerheblich. Denn die Aufsichtsräte um den Berliner Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) wissen, dass sie abermals blamiert wären, wenn Mehdorn hinwürfe. Und wer weiß, wann der Schleudersitz wieder kompetent besetzt wäre?

Dass Mehdorn und Amann eines Tages gemeinsam den gesamten Flughafen in Betrieb nehmen, gilt inzwischen als ungewiss. Ebenso ungewiss ist, wann die Passagiere auch im Hauptterminal einchecken könne. Ein Start im Jahr 2015 gilt als früheste Möglichkeit.

Mehdorn will in den nächsten zwei bis drei Monaten einen Termin nennen – vielleicht aber auch später. „Wir unterziehen uns keinem Leistungsdruck“, sagt der anfangs so ungeduldige Manager auf einmal. „Qualität geht vor Geschwindigkeit.“ Mehdorns Respekt vor der Aufgabe scheint gewachsen zu sein.