Der zukünftige belgische König Philippe ist zwar kein royales Naturtalent, aber er gilt als bodenständig. Auf sein Amt hat sich der Herzog von Brabant systematisch vorbereitet.

Brüssel. Nach der Abdankung von Belgiens König Albert II., 79, fühlt sich sein Sohn Philippe, 53, bereit für den Thron – obwohl er vor einer Mammutaufgabe steht. Als neuer König muss er das tief gespaltene Land einen, das im Sprachenstreit von französischsprachigen Wallonen und Niederländisch sprechenden Flamen auseinanderdriftet. „Ich bin mir der Verantwortung, die auf mir lastet, bewusst“, sagte Kronprinz Philippe am Donnerstag bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach der Abdankungsrede seines Vaters in Antwerpen. „Ich werde mich weiter mit meinem ganzen Herzen einsetzen.“

Philippes Vater, Noch-König Albert, hatte seine angeschlagene Gesundheit als Rücktrittsmotiv genannt. Ihn dürfte auch die Aussicht auf eine neue Politikkrise geschreckt haben. Denn 2014 stehen Wahlen an und damit eine schwierige Regierungsbildung. Das habe dem König womöglich Angst gemacht, mutmaßte Ex-Premierminister Herman Van Rompuy.

Philippe gilt in seiner Heimat nicht unbedingt als royales Naturtalent. Der studierte Politikwissenschaftler wirkt oft schüchtern, ernsthaft und ein wenig linkisch. Auf sein Amt hat sich der Herzog von Brabant, der ausgebildeter Kampfpilot und seit 2010 Generalleutnant sowie Vizeadmiral ist, allerdings systematisch vorbereitet: Er absolvierte öffentliche Auftritte, warb im Ausland für belgische Firmen. Und hat über all die Jahre hinweg stets darauf beharrt: „Ich werde bereit sein.“

Eine wichtige Stütze in seinem neuen Amt wird ihm seine Frau Mathilde, 40, sein. Auf Familienfotos zieht die strahlende Frau an seiner Seite die Blicke auf sich. Mathilde gilt als charmant und offen. Die adelige Logopädin und Psychologin engagiert sich für sozial Schwache, zum Beispiel „in den benachteiligten Vororten Kairos“. Zudem wanderte sie mit Rucksack in Asien, Lateinamerika und dem Orient. 1999 heirateten Philippe und Mathilde d’Udekem d’Acoz. Das Paar hat vier Kinder: Elisabeth, 11 – sie wäre dereinst die erste Königin der Belgier – Gabriel, 9, Emmanuel, 7, und Eléonore, 5.

Eine von Philippes positiven Eigenschaften ist jedoch seine Bodenständigkeit – ganz im Gegensatz zu seinem Bruder Laurent. Der trägt aufgrund seines auch für belgische Verhältnisse rasanten Fahrstils den Spitznamen „Prinz Vollgas“. 2006 wurde berichtet, seine Eskapaden hätten Mitglieder des Königshauses so schockiert, dass sie ihn als vom Teufel besessen betrachteten. Ein früherer Berater des Prinzen, Kapitän Noel Vaessen, wurde mit den Worten zitiert, mehrere Familienmitglieder hätten zur Untersuchung „einen Exorzisten zu Laurent geschickt“.

Die Amtsübergabe am 21. Juli, dem Nationalfeiertag, wird ein Volksfest

Den Rückhalt im Volk muss sich Philippe als Nachfolger seines jovialen, humorvollen Vaters erst erkämpfen. Jeder zweite Belgier zweifelte bei einer Umfrage im Frühjahr noch daran, dass Philippe einen guten König abgeben werde. Dabei braucht er dringend politischen Kredit: Der belgische Regent hat zwar wenig Macht, spielt aber als Vermittler bei der Regierungsbildung eine wichtige Rolle in dem gespaltenen Land. Mit dem angekündigten Rücktritt ist zudem die Debatte über eine Beschränkung der Machtbefugnisse des Monarchen neu entfacht. Belgische Abgeordnete forderten am Donnerstag, der König solle nur noch ein rein zeremonielles Amt haben.

In Brüssel laufen unterdessen die Planungen für den großen Tag. Am belgischen Nationalfeiertag, dem 21. Juli, will der scheidende Monarch sein Amt dem Sohn übergeben. Pompöse Festlichkeiten mit zahlreichen gekrönten Häuptern – wie zuletzt beim Thronwechsel in den Niederlanden – werden aber nicht erwartet. Es soll vor allem ein Fest des Volkes werden, schließlich ist der belgische Monarch ein König seiner Bürger. In die Portemonnaies der Euro-Bürger hält der neue König mit Verspätung Einzug. Erst Anfang 2014 wird es neue Münzen mit seinem Konterfei geben.

An den scheidenden König Albert soll übrigens ein putziges Patenkind erinnern: Im Nordwesten des Landes hat der Bellewaerde-Park entschieden, ein am Tag der Rücktrittsrede geborenes Giraffenbaby auf den Namen Albert zu taufen. „Der kleine Albert ist gut in Form“, teilte der Tierpark mit. „Er läuft schon flink durch das Gehege und ist sehr neugierig auf das, was um ihn herum passiert.“