Hochwasser hat weite Teile von Ost- und Süddeutschland überflutet. Im verheerend getroffenen Passau gehen die Pegelstände zurück. In anderen Teilen Bayerns, Sachsens und Sachsen-Anhalts halten Überflutungen die Menschen aber weiter in Atem.

Berlin. In weiten Teilen Süd- und Ostdeutschlands heißt es weiterhin „Land unter“. Während einige Hochwassergebiete bereits die Schäden sichten können, sind andere noch akut von den Wassermassen bedroht. Am frühen Mittwochmorgen war die Lage vor allem in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Bayern angespannt. In der sächsischen Landeshauptstadt Dresden wurden weitere Evakuierungen vorbereitet, auch im bayerischen Landkreis Deggendorf wurden Menschen in Sicherheit gebracht. In Passau scheint das Schlimmste hingegen überstanden.

In der schwer getroffenen Dreiflüssestadt ist das Wasser der Donau zwar fast drei Meter zurückgegangen – entlang der Ufer seien aber immer noch einige Straßen überflutet, teilte ein Sprecher mit. Auch die Innenstadt sei nach wie vor abgeschnitten. Das Gröbste sei aber überstanden: „Langsam kommen wir weg von der Katastrophe und hin zum Hochwasser.“

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Der vom Donauhochwasser teilweise überschwemmte Landkreis Deggendorf ist nach der Teilsperrung der Autobahn 92 fast vollständig vom Umland abgeschnitten. Die Region sei nur noch über einige wenige Straßen für Helfer und Fahrzeuge zu erreichen, erklärte eine Landkreissprecherin am Mittwochmorgen. In der Nacht wurden weitere Häuser evakuiert – 50 bis 80 Menschen wurden in Sicherheit gebracht. In der Region Deggendorf und Straubing mussten bereits am Dienstag rund 6000 Menschen ihre Häuser wegen des Hochwasser verlassen.

Elbe in Sachsen steigt - Weitere Evakuierungen in Dresden

In Dresden bereitet die Elbe zunehmend Sorge. „Da steigt der Pegel langsam, aber kontinuierlich“, sagte Stadtsprecherin Heike Großmann. Immer mehr Menschen an der Elbe in Sachsen müssen sich somit vor dem Hochwasser in Sicherheit bringen. Angesichts der steigenden Wasserstände bereiteten die Einsatzkräfte am Mittwochmorgen weitere Evakuierungen vor. Der Fluss werde weiter anschwellen, sagte ein Sprecher des Landeshochwasserzentrums.

Am Mittwochmorgen stand die Elbe in Dresden bei 8,27 Metern. Normal sind etwa zwei Meter. Wie weit das Wasser noch steigt, hängt vor allem davon ab, wie viel aus Tschechien nach Sachsen fließt. In Dresden lief am Morgen ein Einsatz, um 660 Menschen im Stadtteil Gohlis in Sicherheit zu bringen.

Auch der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge bereitete weitere Evakuierungen vor. Am Pegel in Schöna nahe der Grenze zu Tschechien wurde in der Nacht zum Mittwoch die Zehn-Meter-Marke überschritten. 11 000 Menschen seien bislang in Sicherheit gebracht worden, sagte eine Sprecherin. In der Stadt Pirna musste das Rathaus geräumt werden, weil es wie die Altstadt unter Wasser stand.

Der Landkreis Nordsachsen rief für die betroffenen Gebiete an der Elbe Katastrophenalarm aus. „Das Schlimmste steht uns noch bevor“, erklärte ein Sprecher. Am Mittwochmorgen wurden am Pegel in Torgau 7,90 Meter gemessen.

Auch in Meißen drang die Elbe weiter in die Stadt vor. Fast alle Straßen in die Altstadt seien mittlerweile gesperrt, sagte eine Sprecherin. Am Mittwochmorgen wurde aus Meißen ein Wasserstand von 9,17 Meter gemeldet.

Höchster Pegelstand der Saale in Halle seit 400 Jahren

Auch in Halle in Sachsen-Anhalt spitzte sich die Lage in der Nacht zu. Mehr als 8 Meter betrug der Pegelstand der Saale am Mittwochmorgen, teilte die Stadt mit. Normal sei ein Stand von weit unter 3 Metern. „Seit 400 Jahren ist das der höchste Stand“, betonte ein Sprecher. Teile der Innenstadt würden zunehmend überflutet. Ein Damm sei stark aufgeweicht. Einsatzkräfte versuchten, diesen mit Sandsäcken zu stabilisieren. Die Stadt richtete Notquartiere ein – Evakuierungen seien aber momentan noch nicht angeordnet. In einigen Straßenzügen wurde der Strom abgestellt.

Unterdessen entspannte sich die Hochwasserlage in Thüringen mit fallenden Pegelständen weiter. Nachdem der Katastrophenalarm am Dienstagabend bereits für den Landkreis Greiz zurückgenommen wurde, gilt der Katastrophenfall in Thüringen nur noch für den Saale-Holzland-Kreis. In den meisten Landesteilen haben die Aufräumarbeiten begonnen.

Deichbruch an der Schwarzen Elster in Brandenburg

Bei Herzberg in Brandenburg an der Schwarzen Elster ist am Mittwochmorgen auf 20 Meter Länge ein Deich gebrochen. Da das Gelände dort unzugänglich ist, hat der Landkreis die Bundeswehr gebeten, per Hubschrauber Sandsäcke zur Schließung der Lücke dorthin zu fliegen. Neben der Schwarzen Elster macht die Hochwasserlage an der Elbe zunehmend Sorgen. Brandenburgs Umweltministerin Anita Tack (Linke) sieht die Helfer aber gut vorbereitet, wie sie im Inforadio des RBB sagte. Der Höhepunkt der Flutwelle in Nordbrandenburg wird am Wochenende erwartet.

Schwerpunkte des Hochwassers bleiben auch am Mittwoch die Elbe bei Mühlberg sowie die Schwarze Elster und die Spree bei Spremberg. Am Dienstag wurde die höchste Alarmstufe 4 für die Spree am Pegel Spremberg und für den Elbe-Nebenfluss Schwarze Elster am Pegel Bad Liebenwerda ausgerufen. An der Elbe wird mit höheren Pegelständen als beim Hochwasser 2002 gerechnet.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte den Flutopfern bei einem Besuch in Greiz am Dienstag finanzielle Hilfe zugesagt. Das 100-Millionen-Euro-Soforthilfeprogramm des Bundes solle auch Privatleuten und Gewerbetreibenden zugutekommen. Sie würden nicht alleingelassen, sagte Merkel.

Das Deutsche Rote Kreuz warnte unterdessen eindringlich davor, in den Hochwassergebieten die Deiche zu betreten. „Es besteht Lebensgefahr!“ hieß es in einer Mitteilung des DRK-Landesverbandes Dresden. „Auch wenn das Interesse an den Wassermassen sehr groß ist, sollten Schaulustige sich und andere nicht unnötig in Gefahr bringen“, hieß es.

Elbe flutet Teile der tschechischen Stadt Usti

Das Hochwasser an der Elbe hat in Tschechien weite Teile der Industriestadt Usti (Aussig) im Norden des Landes geflutet. Die Wassermassen strömten in der Nacht zum Mittwoch schneller als erwartet über die Hochwasserwände im Stadtteil Strekov, wie das tschechische Fernsehen berichtete.

Bis zum Abend soll die Elbe in der Stadt mit fast 100 000 Einwohnern nach Behördenangaben weiter ansteigen. Erwartet wird ein Pegelstand zwischen 11,1 und 11,5 Metern, normal sind an dieser Stelle etwa zwei Meter. Flussaufwärts in Melnik am Zusammenfluss von Elbe und Moldau stand das Wasser zeitweise nur wenige Zentimeter unter der Deichkrone. Helfer stapelten auch dort unermüdlich Sandsäcke, um Deiche zu sichern.

Landesweit mussten bereits mehr als 19.000 Menschen ihre Wohnungen und Häuser verlassen, wie die Feuerwehr mitteilte. In Prag begann sich die Lage langsam zu entspannen, das U-Bahnnetz im Zentrum der Millionenstadt blieb aber geschlossen. Auf der Prager Trabrennbahn in Velka Chuchle stand das Wasser Berichten zufolge zwei Meter hoch.

Weiter angespannte Hochwasserlage in Österreich

Die Menschen in Österreich haben am Mittwoch weiter um die Stabilität ihres Hochwasserschutzes gebangt. Die Lage entlang der Donau blieb äußerst angespannt: Zwar sanken in einigen Orten in Nieder- und Oberösterreich die Pegelstände seit der Nacht wieder, doch das Wasser soll den Prognosen nach noch Tage auf sehr hohem Niveau bleiben. Damit werden Wände und Wälle auf eine harte Probe gestellt, bereits überflutete Gemeinden bleiben halb versunken.

Im niederösterreichischen Theiß bei Krems drohte am Mittwochmorgen ein Damm zu brechen, weil das seit Tagen drückende Wasser der dort in die Donau mündenden Krems ihn aufgeweicht hatte. Hunderte Soldaten und Feuerwehrleute verstärkten den Schutz mit Schotter und Sandsäcken. 2000 Menschen in vier Orten saßen auf gepackten Koffern. „Sollte das Wasser kommen, haben sie 10 bis 15 Minuten Zeit“, berichtete ein Reporter.

Der Hochwasser-Höhepunkt der Donau bewegt sich weiter auf Wien zu, er soll dort in der Nacht zum Donnerstag erreicht werden. In nahen Gemeinden wie Korneuburg mussten in der Nacht weiter Menschen ihre Häuser verlassen. Überall in Österreich waren infolge des Hochwassers weiter zahlreiche wichtige Straßen und Bahnstrecken blockiert.

Mehrere Gascontainer aus Tschechien treiben auf der Elbe

Auf der Hochwasser führenden Elbe sind drei Gastanks und zehn Container von Tschechien nach Sachsen geschwemmt worden. Die je 14 Meter langen und 18 Tonnen schweren Behälter hätten sich im Hafen von Décin in Tschechien gelöst, teilte das Landratsamt in Pirna in Sachsen am Mittwoch mit. „Die Gastanks sind kein Gefahrgut“, betonte eine Sprecherin. Einer davon sei bereits gesichert.

Die anderen Container befänden sich derzeit im Raum Bad Schandau. Die Behörden prüften, ob und wie das restliche Treibgut geborgen werden kann. Die Bewohner im Oberen Elbtal wurden dennoch vor „einer akuten Gefahrensituation“ gewarnt und aufgefordert, sich vom Fluss fernzuhalten.

Ein Sprecher der Feuerwehr in Decin sagte der Agentur CTK, die Behälter seien leer. Sie gehören nach Angaben der Stadtverwaltung in Decin (Tetschen) einer Firma, die Container für den Transport von Flüssiggasen herstellt. „Sie waren gut gesichert, haben sich aber dennoch losgerissen“, sagte eine Sprecherin der Industriestadt.

Die fabrikneuen Behälter hätten sich Mittwochvormittag im Hafen losgerissen, sagte ein Feuerwehrsprecher. Bei dem Unternehmen war niemand zu erreichen. Der Wasserstand der Elbe in Decin liegt bei mehr als 10 Metern. Ufernahe Gebiete waren von den Wassermassen überflutet.