Im langen Streit zwischen Ottfried Fischer und einem Journalisten der „Bild“ um ein Sex-Video wird nun die entscheidende Runde eingeläutet.

München. Ein delikates Video, ein Nötigungsvorwurf und eine Diskussion um Presse- und „Erpresserfreiheit“: Der Dauer-Prozess um ein Sex-Video mit dem Schauspieler Ottfried Fischer geht an diesem Donnerstag wohl in die vorerst entscheidende Runde. Angeklagt ist ein Journalist der „Bild“-Zeitung. Fischer und die Staatsanwaltschaft werfen ihm vor, den Kabarettisten im Jahr 2009 mit einem Video erpresst zu haben.

Der Film soll Fischer beim Sex mit zwei Prostituierten in seiner Münchner Wohnung zeigen. Der Tatvorwurf lautet damit auf Nötigung und Verletzung der Privatsphäre mit unbefugten Bildaufnahmen. Das Urteil des Landgerichtes München wird für diesen Donnerstag erwartet.

Für den Axel-Springer-Verlag, der die „Bild“-Zeitung herausgibt, ist das Verfahren ein Indikator für den Stand der Pressefreiheit in diesem Land. Fischers Anzeige gegen den Journalisten, der damals als Reporter arbeitete und nun nach einiger Zeit in einem anderen Verlag Ressortleiter bei „Bild“ ist, sei nicht weniger als ein Angriff auf dieses in Artikel fünf des Grundgesetzes festgeschriebene Grundrecht, hieß es in einer Mitteilung.

Man habe nie gedroht, vielmehr habe Fischers damalige Agentin die „Bild“-Zeitung in ihre PR-Strategie einbauen wollen, sagen der Angeklagte und seine Anwälte – und auch Fischers ehemalige PR-Agentin. Die Recherche dürfe nicht kriminalisiert werden, betont Springer.

Der Prozess hat sich längst zu einer schier unendlichen Geschichte entwickelt. In erster Instanz war der Journalist vom Amtsgericht München verurteilt, in zweiter vom Landgericht freigesprochen worden. Das Oberlandesgericht München hob den Freispruch dann allerdings wieder auf und verwies den Fall an eine andere Strafkammer des Landgerichtes zurück. Das Urteil sei „widersprüchlich und lückenhaft“ gewesen, so die Einschätzung. „Ich bin sehr zufrieden“, sagte Fischer damals. „Es war höchste Zeit, dass dieser Art Schmuddeljournalismus Grenzen aufgezeigt wurden. Denn: Wer sich nicht wehrt, der lebt verkehrt.“

Doch auch ein neues Urteil wäre voraussichtlich nur eine weitere Etappe auf einem langen Weg. „Es wird wahrscheinlich noch weitergehen“, sagte der Vorsitzende Richter zu Beginn der neuen Verhandlung. „Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Bundesverfassungsgericht hier eine Entscheidung trifft.“

Pünktlich zum (vorläufigen) Endspurt hat sich der Springer-Verlag prominente Unterstützung vom ehemaligen Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichtes, Winfried Hassemer, geholt. Der hat im Verlags-Auftrag bereits ein Gutachten verfasst über das Spannungsfeld „Strafbarkeit von Journalisten und Pressefreiheit“. Er kommt darin zu dem Schluss, der Journalist habe sich einwandfrei verhalten, als er das kompromittierende Video beschaffte. In dem Gutachten heißt es sogar: „Vermutlich kann man angesichts der konkreten Umstände sogar von einer journalistischen Pflicht zur frühen Recherche sprechen.“

Fischer und seine Verteidiger sehen das natürlich völlig anders. In einem Interview der „Süddeutschen Zeitung“ sagte Fischer, er wolle verhindern, dass „Pressefreiheit zur Erpresserfreiheit“ verkommt. Vor Gericht schilderte der 59-jährige an Parkinson erkrankte Kabarettist, was er empfand, als er erfuhr, dass die „Bild“-Zeitung im Besitz des Videos ist: „Ich hatte Angst um meine Existenz.“

Er habe dem Blatt nur ein Interview gegeben, „weil ich eine Heidenangst hatte vor einer Latte von Artikeln“. Wäre die Zeitung nicht im Besitz des Videos gewesen, hätte er sich nicht in einem Interview zu seiner Beziehung zu Prostituierten geäußert, sagt Fischer „Das geht ja niemanden ’was an.“ Es gebe einen großen Unterschied zwischen Privat- und Intimsphäre, betonen Fischers Anwälte: „Alles bis zur Gürtellinie ok.“

Die Zeitung sei sehr mächtig, gibt Fischer zu bedenken. Er habe nur seine Ruhe haben und erreichen wollen, „dass ich nicht wieder in den Dreck gezogen werde“. Aber: „Die Schlagzeile „Huren, Huren, Huren“ wird immer bleiben.“