Menschen auf Mindanao wussten, dass mit Taifun „Bopha“ ein schwerer Sturm im Anmarsch war. Schützen konnten sich viele trotzdem nicht.

Manila/Bangkok. Trotz Katastrophenwarnung und Vorbereitung auf das Schlimmste gab es auf den Philippinen kein Entrinnen vor der Wucht von Taifun „Bopha“. Der schwerste Sturm der Taifunsaison hat auf der Insel Mindanao im Süden mehr als 270 Menschen das Leben gekostet. Eine gleich hohe Zahl wurde am Mittwoch noch vermisst, berichtete der Katastrophenschutz. 217 000 Menschen seien betroffen, 180 000 brauchten Hilfe. Mehr als 2700 Häuser waren beschädigt oder zerstört.

„Das Getöse – es war, als wollte der Wind uns lebendig verschlingen“, sagte ein Mitarbeiter der Bürgermeisterin von Mati City der Zeitung „Inquirer“. Erst 36 Stunden nach dem Sturm wurde das Ausmaß der Verwüstung am Mittwoch deutlich.

Am schlimmsten betroffen war das Compostela-Tal 60 Kilometer Luftlinie landeinwärts von der Ostküste Mindanaos. „Das Wasser stürzte die Hänge herunter“, sagte der Bürgermeister von New Bataan, Lorenzo Balbin, im Lokalradio. In dem Ort wurden allein 70 Leichen gefunden, 200 Menschen würden vermisst, sagte Militärsprecher Lyndon Paniza. So einen verheerenden Sturm habe es dort noch nie gegeben, sagte Lehrerin Floreliz Bantolinao der Zeitung. Die schockierten Einwohner mussten die Leichen unter freiem Himmel aufbahren. Vielen hingen die Kleider nur noch in Fetzen am Körper. Sie waren notdürftig mit Laken zugedeckt.

Der Taifun war am Dienstag im Morgengrauen über der Ostküste hereingebrochen. Mit Wirbelgeschwindigkeiten von bis zu 200 Kilometern in der Stunde wütete er auf dem Weg nach Norden, entwurzelte Bäume, riss Strommasten um und deckte Dächer ab. Heftiger Dauerregen weichte Böden und Hänge auf. Baumstämme, Schutt und Trümmer blockierten vielerorts den Abfluss des Wassers. Wenn der Druck zu groß wurde, entluden sich Sturzfluten mit gewaltigem Druck, die alles mitrissen: Häuser, Autos, Bäume, Menschen.

Die drei Küstenorte Baganga, Cateel und Boston, wo der Taifun auf Land kam, waren nach Angaben der Helfer vom Katastrophenschutz von der Außenwelt abgeschnitten. „Die drei Städte mit 150 000 Einwohnern sind isoliert, weil eine Brücke einstürzte“, sagte Innenminister Manuel Roxas. Andere Straßen waren nach Angaben der Gouverneurin der Provinz Davao Oriental, Corazon Malanyaon, durch Bäume und Geröll versperrt.

Mit Baggern, Hacken und teils mit bloßen Händen versuchten Menschen überall den Rettern eine Passage zu bahnen. Überall waren Soldaten im Einsatz. Die Küstenwache und die Marine setzten Boote ein, um die Menschen mit dem Nötigsten zu versorgen. Dazu gehörten neben Nahrung und Kleidung auch Leichensäcke. „Die Menschen flehen uns unter Tränen um Hilfe an“, sagte der Chef der Behörde für Katastrophenschutz, Benito Ramos. „Sie haben drei Grundbedürfnisse: Essen, Kleidung und Unterkunft.“

Die Behörden hatten sich eigentlich am Montag auf das Schlimmste vorbereitet: Tausende Küstenbewohner waren in Sicherheit gebracht worden, die Schulen wurden geschlossen und die Menschen zur Wachsamkeit aufgerufen. „Aber es fühlte sich nicht so an, als sei ein Taifun im Anmarsch“, meinte der Mitarbeiter der Bürgermeisterin in dem Zeitungsinterview. „Erst, als der Wind um 03.00 Uhr morgens anfing, hat keiner mehr gewagt, etwas zu sagen. Solche Geräusche haben wir noch nie erlebt.“

Mindanao war erst vor einem Jahr Schauplatz verheerender Verwüstungen durch Tropensturm „Washi“. Die Zerstörungen lagen auf der anderen Seite der Insel. Betroffen waren vor allem die Städte Cagayan de Oro und Iligan City. 1200 Menschen kamen dort Mitte Dezember ums Leben.