Der Vater soll laut Bekannten sehr stolz auf seine Söhne gewesen sein. Dennoch brachte er offenbar seine ganze Familie um.

Kruft. „Er war ganz versessen auf die Jungs.“ So beschreibt der Ortsbürgermeister von Kruft, Rudolf Schneichel (CDU), den Mann, der in der beschaulichen 4000-Einwohner-Gemeinde im Norden von Rheinland-Pfalz mutmaßlich seine zwei Söhne und seine Frau umgebracht hat. Die Tragödie in der nach außen idyllisch wirkenden Familie hat dem Ort einen Schock versetzt. Die Hintergründe sind noch völlig unklar.

Der 47-Jährige will die Tat laut Polizei am Donnerstag begangen haben. Dann fuhr er zu Verwandten ins rund 180 Kilometer entfernte Saarbrücken, wo er sich am Freitagmorgen der Polizei stellte. Er gab an, seine zwei Söhne im Alter von sieben und neun Jahren sowie seine 43 Jahre alte Frau umgebracht zu haben. Kurz darauf wird aus der Vermutung Gewissheit, Polizisten entdecken die drei Leichen im Haus der Familie in der Krufter Kondstraße.

Der Straßenabschnitt rund um das weiß verputzte Einfamilienhaus ist an diesem trüben Novembertag mit rot-weißem Flatterband abgesperrt, auf dem „Polizeiabsperrung“ steht. Es liegt eine fast schon gespenstische Ruhe über dem Tatort. Experten der Spurensicherung gehen in weißen Anzügen in das Gebäude, später fahren Leichenwagen vor, um die Toten wegzubringen. Schaulustige und Anwohner sind zunächst kaum zu sehen, Polizisten und Medienvertreter prägen das Bild. Dann kommen zwei Frauen mit zwei Kindern und legen Blumen am Haus nieder.

„Wir haben keine Worte, es gab keinerlei Anzeichen“, sagt Ortsbürgermeister Schneichel. Der Familienvater hatte Schneichels Angaben zufolge einen Schwerbehindertenausweis und arbeitete seit dem Frühjahr als 400-Euro-Jobber in den Grünanlagen der Gemeinde. „Er hat immer perfekte, gute Arbeit geleistet. Es hat einwandfrei funktioniert.“ Privat habe er den Mann nicht gekannt, zu möglichen Problemen der Familie, die seit zwölf Jahren in Kruft lebte, könne er daher nichts sagen.

Klar sei aber: „Er war stolz auf seine Kinder.“ Die Jungen hätten ihren Vater oft bei der Arbeit besucht. „Es war schön anzusehen“, beschreibt Schneichel das augenscheinliche Familien-Idyll. „Fast jeder im Ort kannte ihn, seine Kinder habe ich fast jeden Tag hier gesehen.“ Die Söhne des 47-Jährigen beschreibt der Ortsbürgermeister mit tränenerstickter Stimme als „liebe, lebendige Jungs“.

Was mag also passiert sein, dass der Vater seinem Familienleben ein so tragisches Ende setzte? Bislang lässt sich darüber nur spekulieren, denn Polizei und Staatsanwaltschaft machen dazu noch keine Angaben. In etlichen Fällen treiben Neid, Eifersucht und pure Verzweiflung Menschen zu solchen Taten, wie der Potsdamer Notfallpsychologe Gerd Reimann sagt. „Sie wollen ihrem Partner zum Beispiel bei einer Trennung kein neues Leben überlassen, erst recht nicht mit ihren Kindern. Das können sie nicht ertragen.“

Täter seien sich in vielen Fällen der direkten Folgen ihres Verbrechens nicht bewusst. „Unter Stress ist der Kopf nicht mehr eingeschaltet“, sagt Reimann. Deshalb wüssten viele vor einer Tat auch nicht, wie sie sich danach verhalten werden – etwa ob sie ihrem eigenen Leben ein Ende setzen oder sich der Polizei stellen.

Im Krufter Fall sollen die Leichen am Wochenende obduziert werden. Das könnte Licht ins Dunkel bringen. Bis dahin dürften viele Bewohner des Ortes weiterrätseln – so auch Ortsbürgermeister Schneichel. „Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie es ist, den Mitschülern davon zu erzählen“, sagt er. „Da kommen einem die Tränen, das geht einem durch und durch.“