Sind bald alle Schläger gefasst? Ein vierter Tatverdächtiger hat sich gestellt. Noch fehlen zwei – die sitzen aber im Ausland.

Berlin. Nach der tödlichen Prügelattacke am Berliner Alexanderplatz hat sich ein vierter Verdächtiger gestellt. Der 21-Jährige war am Donnerstagvormittag mit seinem Verteidiger bei der Mordkommission erschienen, wie Polizei und Staatsanwaltschaft mitteilten. Der Mann wurde vernommen. Am Nachmittag sollte ihm ein Ermittlungsrichter den Haftbefehl wegen Körperverletzung mit Todesfolge verkünden, hieß es. Der 21-Jährige steht im Verdacht, Mitte Oktober gemeinsam mit anderen Männern den 20-jährigen Jonny K. zu Tode geprügelt zu haben

Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) begrüßte die Nachricht. „Der Fahndungsdruck war wohl zu hoch“, sagte er im Abgeordnetenhaus. Die deutschen Strafverfolgungsbehörden und die türkische Botschaft kümmerten sich nun um die Frage, wie die Auslieferung des Hauptverdächtigen über die Bühne laufen könne. Der 19-Jährige hatte sich nach dem brutalen Angriff in die Türkei abgesetzt.

Indes muss einer von drei schon gefassten Beschuldigten in Untersuchungshaft bleiben. Der 19-Jährige hatte dagegen Beschwerde eingelegt, die am Donnerstag vom Landgericht verworfen wurde. Ein weiterer 21 Jahre alter Mann sitzt ebenfalls in U-Haft, ein anderer blieb vorerst auf freiem Fuß.

Neben dem 19-jährigen Hauptverdächtigen ist noch ein weiterer Gesuchter flüchtig. Auch er soll sich im Ausland aufhalten. Über seinen Anwalt ließ er laut Medienberichten mitteilen, er komme nur, wenn er von der Untersuchungshaft verschont werde.

Die Berliner Staatsanwaltschaft wollte sich zu möglichen Kontakten mit den Tatverdächtigen nicht äußern. „Willensbekundungen helfen uns nicht weiter“, sagte Sprecher Martin Steltner. Man unternehme aber alles Erdenkliche, um die drei Flüchtigen zu stellen.

Ungeachtet wurde mit einem Gottesdienst am Buß- und Bettag in der Marienkirche in Mitte an Jonny K. erinnert. In der Andacht ergriffen die Schwester des getöteten 20-Jährigen sowie der Berliner Opferbeauftragte, Roland Weber, das Wort. „Es ist nicht cool, gewalttätig zu sein und Waffen zu tragen“, sagte Tina K. am Mittwochabend in der Marienkirche am Alexanderplatz. Eine solche Gewalttat solle sich nie wiederholen, sagte Tina K. unter Tränen.

Pfarrer Hartmut Klöß – Seelsorger in der Jugendhaftanstalt Plötzensee, wo einer der Tatverdächtigen einsitzt – sagte, der Verdächtige habe ihm die Tat bereits aus seiner Sicht erzählt. Auf die Schilderung ging er nicht näher ein. „Jeder muss eine Chance haben, sein Leben von Grund auf zu ändern“, appellierte der Pfarrer. Der neue Berliner Opferbeauftragte Roland Weber rief zum Gewaltverzicht auf. „Wir alle können durch unser Handeln der Gewalt und deren Folgen etwas entgegensetzen.“

Bereits Ende der vergangenen Woche hatte Tina K. mitgeteilt, eine Stiftung namens „I am Jonny“ gründen zu wollen. Dem Sender Radio Berlin 88,8 sagte sie am Mittwoch, die Stiftung solle ihrem Bruder ein Gesicht verleihen und ihn unsterblich machen.