Die Polizei erfuhr erst aus den Medien von dem Vorfall. Jetzt wurde bekannt: Der Mann war schon öfter unsittlich mit Kindern umgegangen.

Berlin: Ein Pfleger soll auf der Kinderrettungsstelle im Virchow-Klinikum der Charité eine Jugendliche missbraucht haben. Das gab die Klinikleitung am Mittwoch – eine Woche nach dem Vorfall - bekannt und räumte zugleich eine Kommunikationspanne ein. Denn obwohl der Mann wegen des Übergriffs suspendiert wurde, schaltete die Klinik nicht die Behörden ein. Inzwischen wurde zudem bekannt, dass der Pfleger mit 40-jähriger Tätigkeit in der Klinik schon zuvor Grenzüberschreitungen im Umgang mit Kinder begangen haben soll. „Mir sind drei Ereignisse bekannt, die allerdings schon mindestens fünf Jahre zurückliegen“, sagte Einhäupl. Er selbst habe erst am Vortag davon erfahren, dass der Pfleger eine 16-Jährige in der Kinderrettungsstelle im Virchow-Klinikum missbraucht haben soll. Infolge der Ermittlungen wurden ihm dann auch erst die früheren Vorkommnisse bekannt.

Nach Angaben des Klinikchefs hatten Kollegen des Pflegers angesichts der jüngsten Vorwürfe erzählt, dass es auch in der Vergangenheit Grenzüberschreitungen des Mannes im Umgang mit Kindern gegeben habe. Details zu den Vorfällen, die nicht aktenkundig seien, nannte der Klinikchef aber nicht. Die Kommunikation innerhalb der Klinik müsse deutlich verbessert werden, sagte Einhäupl, der sich erschüttert wegen der Vorfälle zeigte. An der Glaubwürdigkeit des Mädchens zweifele er nicht, stellte er klar.

Der Pfleger soll die 16-Jährige bereits in der Nacht zum Mittwoch vergangener Woche missbraucht haben. Wie der stellvertretende Pflegedirektor Helmut Schiffer berichtete, war die Jugendliche kurz nach Mitternacht in der Rettungsstelle aufgenommen worden. Der Pfleger habe ihr beim Ausziehen der Hose geholfen und sie dabei unsittlich berührt. Für kurze Zeit waren beide allein, zuvor habe das Mädchen Beruhigungsmittel genommen. Die 16-Jährige habe anschließend ihre Eltern informiert, diese sprachen jedoch erst am folgenden Nachmittag mit dem zuständigen Arzt darüber. Daraufhin wurde der Pfleger suspendiert. Dennoch wurde der Fall knapp eine Woche lang nicht den Behörden mitgeteilt.

Klinikchef Einhäupl begründete dies damit, dass intern erst einmal die Vorwürfe geprüft worden seien: „Wir wollten nichts vertuschen, sondern sicher sein, dass wir den Richtigen treffen.“ Allerdings sei dem Vater freigestellt worden, selbst Anzeige zu erstatten. Erst am Donnerstag wurde seine Tochter aus der Klinik entlassen. Mit Bezug auf den Pfleger sagte Einhäupl: „Es dürfte ja wohl klar sein, dass dieser Mensch keine Gelegenheit mehr haben wird, an der Charité zu arbeiten.“ Zudem werde die Klinik „alles dafür tun“, den Vorfall aufzuklären. Noch am Mittwochabend wollte er die Eltern der 16-Jährigen besuchen.

Die Berliner Polizei nahm erst am Mittwoch die Ermittlungen auf, nachdem der Vorfall durch einen Bericht der „Bild“-Zeitung bekannt wurde. Für die Staatsanwaltschaft sagte Sprecher Martin Steltner am Abend, dass ein Ermittlungsverfahren eröffnet worden sei.

Ein ähnlicher Fall war im Frühjahr im Berliner Landgericht verhandelt worden. Ein Pfleger hatte gestanden, auf der Kinder-Intensivstation der Helios-Klinik Berlin-Buch kleine Jungen missbraucht zu haben. Er wurde zu drei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt.