. . . und andere Fragen zu einer Frau, die die Menschen im Sturm eroberte. Eine Dianalogie im Abendblatt.

Warum war Prinzessin Diana so populär?

Jungfrau, blaublütig und im gebärfähigen Alter sollte sie sein, die zukünftige Frau des britischen Kronprinzen Charles. Die Wahl fiel auf Lady Diana Spencer. Ihr Vater Earl Spencer war Stallmeister der Queen, ihre Großmutter Lady Ruth Fermoy Hofdame bei Königinmutter Elizabeth. Und aus der schüchternen Kindergärtnerin, die ihren Prinzen wirklich liebte und sich als Scheidungskind nach Wärme und Geborgenheit sehnte, entwickelte sich die Ikone der 80er- und 90er-Jahre, die mit den Medien spielte und zur meistfotografierten Frau der Welt wurde. Die emotionale Hysterie der Trauerwoche in London zeigte, dass Diana wirklich die Prinzessin des Volkes war: gefühlvoll, aufgeschlossen, warmherzig, jung und schön, eine Mischung aus Cindy Crawford und Mutter Teresa, eine "Königin der Herzen". Sie liebte ihre Söhne über alles und zeigte das deutlich. Öffentliche Gefühle, die dem Königshaus eher fremd waren. Als die Ehe gescheitert war, pflegte sie mithilfe der Medien das Bild der betrogenen, verletzten Ehefrau. Charles dagegen war der Buhmann. Ihre eigenen Affären dagegen wurden Diana verziehen.

Haben die Paparazzi aus ihrem Tod gelernt?

Nach Dianas Tod wurden die Jäger zu Gejagten - und die britischen Knipser zeigten sich zumindest eine Zeitlang von ihrer rücksichtsvolleren Seite. So wurden die Prinzen William und Harry bis zum Ende ihrer Schul- und Universitätsausbildung weitgehend in Ruhe gelassen. Kürzlich jedoch schienen alle guten Vorsätze wieder vergessen: Als im Januar Gerüchte aufkamen, dass Prinz William seiner Freundin Kate Middleton einen Heiratsantrag machen wolle, wurde Kate von den Paparazzi belagert wie einst Diana. Diese Woche hat zum ersten Mal ein Chefredakteur zugegeben, dass er sich an Dianas Tod mitschuldig gefühlt hat: Wenn die Paparazzi ihr nicht gefolgt wären, wäre der Unfall vielleicht nicht passiert, sagt Phil Hall, Chef der "News of the World".

Rechtsanwalt Gerald Neben von der Hamburger Kanzlei Lovells meint: "Der tragische Tod von Lady Di hat eine emotionale Diskussion um das Verhältnis zwischen Prominenten und Journalisten ausgelöst - mit erheblichen rechtlichen Konsequenzen. Letztlich geht auch die sogenannte Caroline-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte mit darauf zurück. Die heute bekannten Fakten legen allerdings nahe, dass hier teilweise übers Ziel hinausgeschossen wurde. Im Grundsatz ist und bleibt die Bildberichterstattung über Prominente unverzichtbar - im Rahmen der seit jeher bestehenden rechtlichen Grenzen."

War Diana ein Vamp?

Sie wurde von Millionen verehrt, doch wahre Freunde hatte Prinzessin Diana nur wenige. Während sie mit der Eiseskälte kämpfte, die aus dem Buckingham Palace wehte, stützte sie sich auf ihren Butler Paul Burrell, den sie "my rock" (mein Fels) nannte. In den Monaten vor ihrem Tod weinte sie sich oft bei ihrer alten Freundin Rosa Monckton aus, deren Tochter Domenica Dianas Patenkind war. Im Haus der brasilianischen Diplomatengattin Lucia Flecha de Lima im noblen Londoner Stadtteil Mayfair suchte die Prinzessin in der Zeit der Trennung von Charles gerne Zuflucht. Diana flirtete gerne mit dem Showbiz. Doch Stars wie Elton John oder George Michael sowie die lange Reihe von männlichen Bewunderern blieben austauschbare Statisten. Dianas wahre Liebe galt ihren Söhnen.

Warum stürzte ihr Tod das Königshaus in die Krise?

Die Royals blieben in Schottland und ließen neun dürre Worte verlauten, während die Menschen im Land vernehmlich und sichtbar trauerten. "Wo ist die Königin?", fragte das Boulevardblatt "Sun" empört, die Rufe nach Abschaffung der Monarchie wurden lauter. Während der damals frisch gewählte Premierminister Tony Blair sichtlich bewegt die "Königin des Volkes" würdigte, brach die Queen erst am Tag vor der Beerdigung mit einer Fernsehansprache ihr kaltes Schweigen. Die Untertanen wollten eine Monarchin aus Fleisch und Blut und keine, die sich vom alle Gefühle verbietenden Protokoll leiten lässt. Nach der Beerdigung herrschte in Buckingham stillschweigendes Einvernehmen, dass sich etwas ändern musste, wenn nicht Elizabeth und auch Charles die Monarchie zu Grabe tragen wollten. PR-Strategen verpassten der königlichen Familie ein menschlicheres Image. So besucht die Königin jetzt sogar mal einen Pub, einen Imbiss oder einen hinduistischen Tempel. Auch Charles gelang es, Sympathie zurückzugewinnen, vor allem als liebevoller Vater.

War es ein Mordkomplott?

Zumindest Harrods-Besitzer Mohammed al-Fayed glaubt fest daran, dass Diana und sein Sohn Dodi Opfer eines Mordkomplotts wurden, weil Diana mit Dodis Kind schwanger war. Beweise will er bei der gerichtlichen Untersuchung des Todes vor dem Obersten Gericht in London vorlegen, die im Oktober beginnt. Bei der letzten Anhörung hatte al-Fayed durchgesetzt, dass bei der Untersuchung Geschworene zugelassen werden. So könne nun zweifellos festgestellt werden, dass es Mord war, sagte er. Untersuchungsrichterin Elizabeth Butler-Sloss wollte den Prozess ohne Jury führen. Zudem hat der ägyptische Millionär einen Ex-Chef von Scotland Yard verklagt, weil er Hinweise auf ein Mordkomplott zurückgehalten habe.

Wie haben William und Harry alles verkraftet?

Diana wäre stolz auf ihre Söhne, heißt es in England. William und Harry, die vor zehn Jahren mit gebeugten Häuptern hinter Dianas Sarg gingen, sind zu selbstbewussten und lebensfrohen jungen Männern herangewachsen. Beide dienen als Offiziere im königlichen Regiment der Blues and Royals und haben Schirmherrschaften in Wohltätigkeitsorganisationen übernommen, denen einst ihre Mutter vorstand. Englands Prinzen sind in festen Händen: William, der Vernünftige, ist zumindest inoffiziell wieder mit der Millionärstochter Kate Middleton vereint; Harry, der rauchende und trinkende Rebell, mit der blonden Chelsy Davy. Was Letzteren allerdings nicht davon abhält, gelegentlich fremdzuküssen . . .

Wird Camilla jetzt von den Briten akzeptiert?

Als Prinz Charles 1981 Diana Spencer sein Jawort gab, hatte er bereits seit zehn Jahren eine Affäre mit einer anderen Frau: der humorvollen, herben Camilla Parker Bowles, die ihn einst keck auf dem Poloplatz beflirtet hatte. Als Diana im britischen TV über ihre Ehe zu dritt klagte, wurde Camilla, die offiziell noch mit dem Brigadegeneral Parker Bowles verheiratet war, zur meistgehassten Frau der Nation. Spitzname: der Rottweiler. Doch die Liebe von Fred und Gladys, wie Charles und Camilla sich aus Spaß nannten, überdauerte alle Hürden: Im April 2005 feierten der Prinz und seine Geliebte endlich Hochzeit. Durch ihre offene und herzliche Art ist Camilla den Briten nach und nach ans Herz gewachsen.

Was würde Diana heute machen?

Diana wäre heute 46 Jahre alt und sicher immer noch eine schöne Frau - trotz Falten und grauer Strähnen. Sie hätte ihren Frieden mit der königlichen Familie gemacht, Charles' Eheschließung mit Camilla in Würde ertragen und vielleicht auch einen neuen Partner gefunden. Auf jeden Fall würde sie sich liebevoll um ihre Söhne kümmern, ihnen Mutter, Freundin und Ratgeberin sein. Diana hätte eine schicke Wohnung in New York, würde sich aber regelmäßig in Großbritannien aufhalten. Und sie wäre eine der wichtigsten Wohltätigkeits-Werker. An der Seite von Bono, Bob Geldof und anderen wäre sie unterwegs im Kampf gegen Aids und Landminen, für Afrika und den Klimaschutz. Beim G8-Gipfel in Heiligendamm hätte sie eine lange Unterredung mit Angela Merkel gehabt.

  • Diana im Fernsehen (alle Sendungen am Freitag): "Dianas Tod", Phoenix, 8.15 Uhr/12.00 Uhr; Gedenkgottesdienst, Phoenix, 12.45 Uhr; "Dianas Tod", 3sat, 20.15 Uhr; Lange Nacht zum 10. Todestag der "Königin der Herzen", ZDF, 0.15 Uhr