Hamburg. Das königliche Essen begann mit einem Schreckschuss für Her Royal Highness Diana The Princess of Wales, für The Duchess of Gloucester und den Abendblatt-Reporter, der unglaublicherweise zwischen den beiden attraktiven Royals seinen Platz gefunden hatte: Königin Elizabeth II. erhob sich plötzlich am Nebentisch, warf uns den lähmenden mütterlichen Spezialblick für unartige Gören zu, klopfte hart auf die Tischplatte und fragte: "Könnt ihr endlich mal still sein? Ich will jetzt nämlich eine Rede halten!"

Stiller kann es im Speisesaal der Residenz des deutschen Botschafters in London nie gewesen sein. Der Bundespräsident gab an diesem 4. Juli 1986 für die Queen und Prinz Philip ein intimes Dankes- und Abschiedsessen, das für die Gäste mindestens den Wert eines hohen Ordens besaß. Anlass war das Ende des Staatsbesuchs, bei dem Richard von Weizsäcker sogar von der stets anti-deutschen Presse gefeiert und von der Königin mit Gunstbeweisen überschüttet worden war. Sie reservierte für ihn sogar ihr rares "Lächeln für ganz seltene Gelegenheiten".

Fast die ganze königliche Familie war an diesem Abend dabei, aus dem eine "einfach fantastische Party" (so Premierministerin Margaret Thatcher) werden sollte. Prinzessin Diana ins Spiel brachte Prinz Charles, der mich schon beim Cocktailempfang gefragt hatte: "Wie hat Ihnen London denn diesmal gefallen?"

"Fantastisch, wie immer!", sagte ich. "Das ist noch eine Stadt für Männer!"

Er warf mir einen Seitenblick zu, lächelte hintergründig und deutete auf Diana: "Sagen Sie das doch mal meiner Frau! Sie glaubt es nicht!" Ich habe mich gehütet, seinem Vorschlag zu folgen: Sein Lächeln hatte mich gewarnt!

Die Prinzessin war so, wie ich sie schon früher erlebt hatte: mädchenhaft, attraktiv, unkompliziert, mal lustig, mal nachdenklich und sehr offen. Dass neben ihr ein Reporter saß, den die Gunst des Bundespräsidenten an den königlichen Tisch katapultiert hatte, wusste sie nicht. Lange sprach sie über die Einsamkeit der Seemannsfrau. Sie war selbst eine; denn ihr Mann war damals der (oft von Seekrankheit geplagte) Kommandant des Minensuchers "HMS Bronington".

Das Schicksal der Ehefrauen und Kinder seiner Crew ließ sie nicht los: "Wir sind oft lange allein, und nicht alle werden damit fertig", sagte sie. Daher besuche sie häufig, auch unangemeldet, die Mitglieder der "Familie Bronington", um ihnen zur Seite zu stehen - Enttäuschungen inklusive.

Bei einer Visite ohne Vorwarnung im Häuschen eines Seemanns habe sie etwa die derangierte Ehefrau, die nicht zu wissen schien, ob sie die Gattin des Captains einlassen konnte, wohl sehr erschreckt: In der Küche habe sie die beiden Kinder beim späten Frühstück vorgefunden - aber auch einen jungen Mann im Unterhemd, der sich auffallend schnell davongemacht habe. Danach hätten sie sich nicht mehr in die Augen schauen können, und sie sei sofort gegangen, sagte sie immer noch peinlich berührt. Und: "So lernt man im Leben, dass man nie unangemeldet eintreten soll!"

Prinz Philip trug seine Lieblingsuniform, die eines Admirals. Er lehnte an einer Wand und lächelte in sich hinein. Meine Frage nach dem Namen eines riesigen Ordenssterns beantwortete er ausführlich. Dann hielt er mich aber fest: "Nehmen Sie sich ein Glas Gin!", befahl er. "Denn jetzt werde ich Ihnen auch alle anderen Orden erklären. Es sind 16." Er machte seine Drohung wahr. Danach blickte er missbilligend auf meine "nackte" Frackbrust: "Höchste Zeit für Sie, sich endlich etwas anzustrengen!", meinte er.