Der 33-Jährige sei zurechnungsfähig, entschied das Gericht. Er wurde nach dem Massaker auf Utöya zu mindestens 21 Jahren Haft verurteilt.

Oslo. Ein Osloer Gericht hat den geständigen Attentäter Anders Behring Breivik zu mindestens 21 Jahren Haft verurteilt. Der 33-Jährige sei zurechnungsfähig, sagte seine Richterin am Freitag. Am 22. Juli 2011 tötete der rechtsradikale Norweger bei einem Bombenanschlag im Osloer Regierungsviertel und einem anschließenden Massaker auf der Insel Utøya insgesamt 77 Menschen. Die meisten Opfer waren Jugendliche im Alter zwischen 14 und 19 Jahren, die auf Utøya an einem Sommerlager der norwegischen Jungsozialisten teilnahmen.

+++ Urteil gegen Attentäter Breivik erwartet +++
+++ Schwere Fehler der Polizei in Oslo +++

Die zuvor im etwa 40 Kilometer entfernten Oslo gezündete Autobombe sollte die Polizei ablenken. Hier wurden acht Menschen durch die Wucht der Detonation und Trümmer getötet. Die Explosion verwandelte Teile der Innenstadt in eine Trümmerlandschaft. Auch das Büro von Ministerpräsident Jens Stoltenberg wurde verwüstet. Breivik hat die Taten zugegeben. In seinem Geständnis bezeichnete der inzwischen 33-Jährige die Morde als „grausam, aber notwendig“. Als Tatmotiv nannte der rechtsradikale Attentäter Hass auf den Islam und die regierenden Sozialdemokraten. Seine Anschläge plante er nach eigenen Angaben neun Jahre lang. Vor dem Massaker stellte er ein 1500-seitiges Manifest ins Internet, das sich unter anderem gegen „Kulturmarxismus“ und die Einwanderung von Muslimen richtet.

Die Einstufung von Breiviks Geisteszustand stand im Prozess-Mittelpunkt. Die Staatsanwaltschaft hatte auf Unzurechnungsfähigkeit plädiert. Die Angehörigen vieler Opfer hofften dagegen, dass der 33-Jährige für schuldfähig erklärt werde, damit eine Gefängnisstrafe möglich ist. Breivik hat sich als politischer Attentäter inszeniert, um der geschlossenen Psychiatrie zu entgehen. Eine Einstufung als unzurechnungsfähig sei für ihn „schlimmer als der Tod“. Nach norwegischem Recht darf bei begründeten Zweifeln an der Zurechnungsfähigkeit keine Gefängnisstrafe verhängt werden.

+++ Polizeichef wegen Breivik-Anschlägen zurückgetreten +++
+++ Polizei schritt bei Breivik-Anschlägen viel zu langsam ein +++

Nach den Anschlägen waren auch Regierung und Polizei in die Kritik geraten. Der Bericht einer Untersuchungskommission hatte eine Debatte ausgelöst – bis hin zu Rücktrittsforderungen an den Ministerpräsidenten von der sozialdemokratischen Arbeiterpartei, deren Jugend zum Opfer Breiviks wurde. Kritiker halten Jens Stoltenberg vor, die Polizei habe beschlossene Sicherheitsvorkehrungen im Regierungsviertel nicht umgesetzt, die den Bombenanschlag womöglich verhindert hätten. Außerdem habe die Polizei zu langsam auf Utöya eingegriffen – viele hätten bei einer schnelleren Reaktion gerettet werden können. Polizeichef Öystein Maeland musste zurücktreten.

Mit Material von Reuters und dpa

Der Prozess im Abendblatt-Liveticker

15:04 Uhr: Richterin Arntzen verließt die Diagnose, die die Gutachter von Breiviks psychischem Zustand erstellt haben. Er sitzt wie unbeteiligt im Gericht, bewegt keine Miene und folgt den Erläuterungen.

14:32 Uhr: Die Richter werten die Attentate von Oslo und Utøya als Terrorhandlungen. „Es gibt keinen Zweifel daran, dass sie ernsthafte Furcht erzeugten, wenn auch nicht in der gesamten Bevölkerung“, so Richter Lyng. „Die Morde wurden auf eine besonders grausame Weise durchgeführt.“

13:05 Uhr: Die Beteiligten sind zurück und haben wieder Platz genommen. Richter Arne Lyng fährt fort, die Todesumstände der Opfer zu erläutern.

12:27 Uhr: Das Gericht zieht sich zu einer Mittagspause zurück. Die Sitzung wird um 13:00 Uhr fortgesetzt.

12:01 Uhr: Gänsehaut - Richter Arne Lyng verließt die Namen der Opfer, die das Attentat nicht überlebt haben. Betretenes Schweigen der Anwesenden. Einige halten ihren Kopf in Händen. Breivik trinkt einen Schluck aus seinem Glas, bläst seine Wangen auf, seine Miene ist unbewegt.

11:20 Uhr: Richter Arne Lyng verließt die Namen der Opfer und deren körperlichen Folgen des Attentats. Auf die psychischen Schäden wird, laut Lyng, aus Rücksichtnahme nicht näher eingegangen, auch wenn die überlebenden Opfer vielfach noch unter diesen litten.

11:05 Uhr: Die Angehörigen der Opfer reagierten gefasst auf den Richterspruch. Sie wirkten mitgenommen, aber zufrieden. Als Richter Arne Lyng eine Passage verlas, in der die Schicksale von Breiviks Opfern im Osloer Regierungsviertel geschildert wurden, stützten sich die Angehörigen gegenseitig. Einige weinten.

10:32 Uhr: Richterin Arntzen sagt, für die Entscheidung über die Zurechnungsfähigkeit seien Breiviks Äußerungen zum angeblichen Tempelritter-Orden wichtig gewesen. Nachforschungen der Polizei hätten ergeben, dass die Organisation wahrscheinlich nicht existiere. Daraufhin habe Breivik seine Aussagen dazu während des Verhörs angepasst und die Darstellung aus seinem Manifest als "übertrieben" bezeichnet. Viele Menschen würden die extreme Einstellung gegenüber Einwanderern teilen, so Arntzen.

10:04 Uhr: Die Richterin verliest die Biographie von Anders Behring Breivik. Die gesamte Verlesung mit der Urteilsbegründung wird nach Angaben der Richterin mehrere Stunden in Anspruch nehmen.

10:03 Uhr: Breivik wird verurteilt zur Sicherungsverwahrung und Gefängnis von 21 Jahren. Breivik wird als zurechnungsfähig eingestuft. Das Richter-Urteil ist einstimmig.

10:02 Uhr: Alle erheben sich, die Urteilsverkündung beginnt.

10:01 Uhr: Die Richterin beginnt mit der Verlesung.

10:01 Uhr : Dem Angeklagten werden die Handschellen abgenommen. Er setzt sich.

10:00 Uhr: Richterin Arntzen betritt den Gerichtssaal und setzt sich.

9:58 Uhr: Anders Behring Breivik sieht gelassen aus, steht in schwarzem Anzug mit grauer Krawatte, die Hände vor seinem Schoß gefaltet, im Gerichtssaal. Er unterhält sich mit seinem Anwalt.

9:57 Uhr: Attentäter Breivik betritt den Gerichtssaal, er hat ein kleinens Lächeln auf dem Gesicht.

9:55 Uhr: Verteidiger und Staatsanwältin betreten den Gerichtssaal. Es kann nicht mehr lange dauern, bis auch Breivik den Raum betreten wird.

9:51 Uhr: Gerichtsfotografen schießen erste Bilder vom Gerichtssaal, in dem gleich das Urteil gegen den Massenmörder verkündet wird.

9:50 Uhr: Der Gerichtssaal füllt sich langsam, Richterin Frau Wenche Arntzen wird den Prozess führen.

9:45 Uhr: Der Angeklagte Anders Behring Breivik wird gut abgeschirmt zum Gericht gebracht.

Mit Material von dpa, rtr und dapd