Mehrere portugiesische Prominente um TV-Moderator Carlos Cruz sollen über 30 Kinder eines Waisenhauses jahrelang missbraucht haben.

Lissabon. In Portugals spektakulärem Kinderschänder-Prozess hat ein Gericht alle Angeklagten für schuldig befunden. Sieben Menschen, unter ihnen mehrere Prominente, waren in der „Casa-Pia“-Affäre wegen Kindesmissbrauchs sowie Vergewaltigung und Kuppelei angeklagt. Das Richterkollegium sprach am Freitag in Lissabon alle Angeklagten in mehreren Punkten schuldig. Zu welchen Strafen die Beschuldigten verurteilt werden, sollte erst am Ende der Urteilsverlesung am späten Nachmittag feststehen.

Der Mammutprozess hatte knapp sechs Jahren gedauert. Die jahrelangen Opfer waren laut Staatsanwaltschaft mindestens 32 Minderjährige des staatlichen Waisenhauses „Casa Pia“ in der portugiesischen Hauptstadt.

Der Skandal schockierte die Nation nach ersten Enthüllungen der Wochenzeitung „Expresso“ im November 2002 und hielt das Land bis zum Ende des Prozesses in Atem. Zu den verurteilten Tätern gehört der 68-jährige Showmaster Carlos Cruz, der bei Ausbruch des Skandals einer der beliebtesten Fernseh-Moderatoren Portugals war. Gestanden hat im Laufe des Verfahrens aber nur einer der Angeklagten, und zwar der ehemalige Gärtner und Fahrer des Heimes, Carlos Silvino.

Auf der Anklagebank saßen außerdem der frühere Botschafter und Politiker Jorge Ritto, der Arzt João Ferreira Diniz, der Unternehmer Manuel Abrantes, der Anwalt Hugo Marçal sowie Gertrudes Nunes, deren Haus als Tatort gedient haben soll. Die Staatsanwaltschaft forderte Mindeststrafen von fünf Jahren Freiheitsentzug ohne Bewährung. Die möglichen Höchststrafen betragen in Portugal bis zu zehn Jahren.

Die Täter seien „völlig skrupellose Menschen“, sagte eines der mutmaßlichen Opfer der Zeitung „Público“. Der heute 23-jährige Miguel fügte an: „Die bereuen das alles immer noch nicht. All diese Sachen sind immer noch in meinem Kopf, tauchen in meinen Alpträumen immer wieder auf“.

Mit einer Laufzeit von fünf Jahren und zehn Monaten war das Verfahren der längste Prozess in der Geschichte Portugals. Das Gericht tagte 450 Mal, fast 1000 Zeugen und Sachverständige wurden gehört. Immer wieder gab es Kritik an den schleppenden Ermittlungen.

Beobachter erklärten jedoch, das Verfahren werde mit der ersten Urteilsverkündung noch längst nicht zu Ende gehen. Die Anwälte der Angeklagten würden auf jeden Fall Berufung einlegen, um irgendwann auf Verjährung pochen zu können, hieß es in den Medien.