Die Täter, die einen 41 Jahre alten Familienvater erschossen haben, sind weiter flüchtig. Innenminister Herrmann spricht von “gemeinem Verbrechen“.

Augsburg. Mutmaßlicher Polizistenmord in Augsburg: Bewaffnete Motorradfahrer haben am Freitag in einem Naherholungsgebiet der bayerischen Großstadt einen Beamten nach einer Verfolgungsjagd erschossen. Der 41 Jahre alte Polizist und eine 30-jährige Kollegin hatten die beiden Männer am frühen Morgen routinemäßig kontrollieren wollen. Da flüchteten die Motorradfahrer. Als sie mit ihrem Krad auf einem rutschigen Weg umstürzten, schoss ein Täter mehrmals auf den 41-Jährigen. Die Männer entkamen zu Fuß in den Stadtwald. Viele Polizisten durchsuchten das gesamte Gebiet bis zum Abend – ohne Erfolg. "Wir haben leider keine heiße Spur“, sagte ein Polizeisprecher.

Für die weiteren Ermittlungen wurde die Sonderkommission "Spickel“ gebildet – benannt nach dem Augsburger Ortsteil, in dem das Verbrechen geschah. Der Polizist war unter anderem am Hals getroffen worden – seine schusssichere Weste rettete den Vater zweier Kinder nicht. Seine von einem Streifschuss verletzte, 30 Jahre alte Kollegin schoss noch auf die Täter, traf aber nicht.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) verurteilte die Tat als "gemeines Verbrechen“. "Mein besonderes Mitgefühl gilt der Ehefrau, den Kindern und den Eltern des ermordeten Kollegen“, sagte Herrmann.

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Die Polizei vermutet, dass es sich bei den beiden gesuchten Männern um Schwerkriminelle handelt, die möglicherweise bei einem Drogengeschäft überrascht wurden. "Die Beamten sind zum ungünstigsten Moment gekommen“, sagte Oberstaatsanwalt Günther Zechmann. Die Staatsanwaltschaft ermittele wegen Mordes und versuchten Mordes.

Die beiden Beamten hatten die Männer frühmorgens gegen 3.00 Uhr auf einem Parkplatz im Stadtgebiet kontrollieren wollen. Daraus wurde eine waghalsige Verfolgungsjagd über einen Staudamm bis zum Augsburger Stadtwald. "Das war ein Tatablauf, den sich auch hartgesottene Ermittler nicht ohne weiteres vorstellen können,“, sagte Zechmann. "Wie James Bond über die Lech-Brücke in Augsburg.“

Im Siebentischwald stürzten die Motorradfahrer auf dem glitschigen Boden. Sie eröffneten das Feuer mit einer großkalibrigen Waffe aus rund zehn Meter Entfernung, als der Polizist aus dem Wagen stieg. Der Getroffene starb wenige Minuten später, sagte Polizeipräsident Gerhard Schlögl. Die Täter flüchteten zu Fuß in den Wald und ließen das Motorrad zurück. Die Beamten riegelten das Gebiet weiträumig ab und durchkämmten es vergeblich mit Hundertschaften. Sie fanden allerdings Gegenstände, die vermutlich den Tätern gehören. Möglicherweise finden sich auf ihnen DNA-Spuren.

Nebel erschwerte ihre Suche am Morgen erheblich. Bei Sichtweiten unter 50 Metern konnte ein Hubschrauber anfangs nicht abheben. Erst am späten Vormittag starteten zwei Helikopter.

Ein wichtiges Indiz bei der Fahndung nach den Kriminellen ist das Kennzeichen des zurückgelassenen grauen Honda-Motorrads vom Typ CB 500. Es sei ein ungültiges Nummernschild mit dem Kennzeichen A-L 307 gewesen, sagte ein Polizeisprecher. Dieses Kennzeichen sei von der Zulassungsstelle inzwischen an einen anderen Kraftfahrer vergeben worden, der mit dem Verbrechen nichts zu tun habe.

Hintergrund: Gewalt gegen Polizisten nimmt seit Jahren zu

Die Gewalt gegen Polizisten nimmt Experten zufolge seit zehn Jahren stark zu. Die Kriminalstatistik verzeichne einen bundesweiten Anstieg von Widerstand gegen Polizeibeamte, stellte das Kriminologische Institut Niedersachsen (KfN) in einer Studie fest.

Mit dem tödlichen Schusswechsel in Augsburg steigt die Zahl der seit 1945 von Rechtsbrechern getöteten Polizisten der Gewerkschaft der Polizei (GdP) zufolge auf 392.

Allein 2010 gab es der Polizeilichen Kriminalstatistik zufolge über 21.000 Fälle von Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Auffällig ist: Die Täter werden immer jünger. Tatsächlich beruht der statistische Anstieg "ausschließlich auf einer starken Zunahme bei den jüngeren Altersgruppen“, heißt es in der Studie des KfN.

Bei den attackierten Beamten würden die Angriffe häufig zu physischer und psychischer Verletzung führen sowie zeitweilige Dienstunfähigkeit verursachen. (dpa/dapd)