Ein 41-jähriger Polizist ist in einem Naherholungsgebiet der Fuggerstadt nach einer Verfolgungsjagd von einem Motorradfahrer erschossen worden, den er kontrollieren wollte. 30-jährige Kollegin erlitt ebenfalls Schussverletzungen.

Augsburg. Gegen 3.00 Uhr in der Nacht zum Freitag fallen dem 41-jährigen Polizisten und seiner Kollegin das Motorrad auf dem verlassenen Parkplatz am Kuhsee im Augsburger Stadtteil Hochzoll Süd auf. Irgendetwas scheint an dem Fahrer und seinem Sozius verdächtig. Was treiben die beiden Nacht bei Kälte und Nebel an diesem verlassenen Ort? Der Beamte und seine 30-jährige Kollegin entscheiden sich zu einer Routinekontrolle. Als sie sich dem Motorrad nähern, flüchtet es plötzlich mit Vollgas und ausgeschaltetem Scheinwerfer.

Die beiden Beamten nehmen die Verfolgung mit ihrem Dienstwagen auf. Sie folgen dem Krad über den engen Hochablass, einer Staustufe über dem Lech, die eigentlich nur für Spaziergänger zugänglich ist. Die Sichtweite beträgt nur wenige Meter, wenig Licht dringt durch den Nebel. Nach einigen hundert Metern biegt das Motorrad in den noch finsteren Siebentischwald ein. Als die Maschine, eine anthrazitfarbene Honda CB 500 auf dem nassen Laub zu Fall kommt, holen die Beamten die Flüchtenden ein.

Nächtlicher Schusswechsel im Siebentischwald

"Halt Polizei“, ruft der Beamte. "Stehenbleiben!“ Doch in dem Moment eröffnet der am Boden liegende Motorradfahrer aus wenigen Metern Entfernung das Feuer aus einer großkalibrigen Waffe. Der 41-Jährige sinkt trotz seiner schusssicheren Weste getroffen zu Boden. Seine Kollegin erwidert das Feuer – vergeblich. Die beiden Flüchtigen, offenbar zwei Männer, verschwinden im Dunkel des Waldes.

Auch die Polizistin wurde getroffen: ein Streifschuss an der Hüfte. Sie fordert per Funk Rettungskräfte und Unterstützung an. Als der Notarzt eintrifft, kann er nur noch den Tod des 41-Jährigen Beamten feststellen.

+++ Fahndungsverlauf im Liveticker +++

Die Szenen, die sich in der Nacht zum Freitag im Augsburger Siebentischwald, dem sonst so friedlichen Erfolungsgebiet am Lech mit Stauwehr und Olympia-Kanustrecke, abgespielt haben, vergleicht Oberstaatsanwalt Günther Zechmann mit einem James-Bond-Film. "Wir werden Ermittlungen aufnehmen wegen Mordes“, kündigt er an. Er vermutet, dass sich irgendetwas auf dem Parkplatz abgespielt hat, bei dem die Täter durch die Polizisten gestört wurden.

Zechmann spricht von einem sogenannten Verdeckungsmord. Vielleicht sollte auf dem Parkplatz ein Drogendeal oder etwas Ähnliches abgewickelt werden. Ob er nur spekuliert oder doch schon mehr weiß, will der Oberstaatsanwalt nicht näher erläutern. Sicher sei allerdings, dass es sich um „schwere Jungs“ handelt.

Als heiße Spur gilt das zurückgelassene Motorrad, auch wenn sich das Kennzeichen "A – L 307“ als gefälscht herausgestellt hat. Doch es gibt noch weitere Dinge, die die Täter am Tatort zurückgelassen haben. Zechmann will sie nicht nennen, aus ermittlungstaktischen Gründen, wie es heißt. Sie sollen zumindest eine DNA-Spur hergeben. Dem Schützen droht lebenslänglich und Zechmann wird ihn jagen.

Hintergrund: Gewalt gegen Polizisten nimmt seit Jahren zu

Die Gewalt gegen Polizisten nimmt Experten zufolge seit zehn Jahren stark zu. Die Kriminalstatistik verzeichne einen bundesweiten Anstieg von Widerstand gegen Polizeibeamte, stellte das Kriminologische Institut Niedersachsen (KfN) in einer Studie fest.

Mit dem tödlichen Schusswechsel in Augsburg steigt die Zahl der seit 1945 von Rechtsbrechern getöteten Polizisten der Gewerkschaft der Polizei (GdP) zufolge auf 392.

Allein 2010 gab es der Polizeilichen Kriminalstatistik zufolge über 21.000 Fälle von Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Auffällig ist: Die Täter werden immer jünger. Tatsächlich beruht der statistische Anstieg "ausschließlich auf einer starken Zunahme bei den jüngeren Altersgruppen“, heißt es in der Studie des KfN.

Bei den attackierten Beamten würden die Angriffe häufig zu physischer und psychischer Verletzung führen sowie zeitweilige Dienstunfähigkeit verursachen.