Das “Massaker von Duisburg“, bei dem sechs Menschen im Kugelhagel der Mafia starben, sorgte im Sommer 2007 für Entsetzen. Jetzt fielen die Urteile.

Locri. Der Drahtzieher und Schütze in dem sechsfachen Mafiamord von Duisburg hat die Höchststrafe erhalten. Ein italienisches Gericht verurteilte Giovanni Strangio knapp vier Jahre nach der Tat am Dienstag zu lebenslanger Haft. In dem ersten Prozess um die Morde folgte das Geschworenengericht im kalabrischen Locri dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die den 32-jährigen Süditaliener als Organisator des Massakers und als einen von insgesamt drei Tätern überführt sah. Strangio hatte sich immer als unschuldig bezeichnet.

Die Verteidiger des in einem römischen Gefängnis einsitzenden Strangio plädierten auf Freispruch. Ihr Mandant habe über viele Jahre hinweg normal in Deutschland gearbeitet und mit dem Verbrechen vom 15. August 2007 überhaupt nichts zu tun, so argumentierte der Staranwalt Carlo Taormina. Er sei das Opfer eines Komplotts geworden.

Die Duisburger Polizei äußerte sich zufrieden über das Urteil. Die von der Mordkommission in akribischer Kleinarbeit zusammengetragenen Beweismittel hätten wesentlich zur Überführung des Täters beigetragen, sagte Kriminaldirektor Holger Haufmann in Duisburg. Die Verurteilung Strangios sei „ein großer Erfolg der internationalen Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der italienischen organisierten Kriminalität“.

Das im April vergangenen Jahres begonnene Verfahren gegen Giovanni Strangio war eingebettet in einen Mammutprozess gegen 14 Mitglieder der kalabrischen 'Ndrangheta in San Luca. Sieben von ihnen wurden am Dienstag ebenfalls zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt - für ihre Beteiligung an einer Blutfehde zwischen den 'Ndrangheta-Familienclans Pelle-Vottari und Nirta-Strangio. Der blutige Streit, der einst ausgelöst worden war durch den Mord an Maria Strangio, der Cousine des nun verurteilten Giovanni, gilt auch als Hintergrund der Duisburger Bluttat.

Dabei waren nachts sechs Italiener vor der Pizzeria „Da Bruno“ auf offener Straße erschossen worden. Die enge Zusammenarbeit italienischer und deutscher Fahnder füllte dann nicht nur 100.000 Aktenseiten, sie führte auch zum Durchbruch: Neben Giovanni Strangio ging als mutmaßlicher zweiter Täter auch Giuseppe Nirta in seinem Unterschlupf in Amsterdam ins Netz. Der dritte Verdächtige, Sebastiano Nirta, kam ebenfalls hinter Gitter. Als erstem wurde jetzt Giovanni Strangio der Prozess gemacht.

Dieser war in dem Massenverfahren der einzige, der wegen der Tat von Duisburg angeklagt war. Im Zuge der Blutfehde von San Luca hatte es allerdings mehrere Morde gegeben. Die Staatsanwälte in Locri hatten neben der lebenslangen Strafe für Strangio noch in acht weiteren Fällen diese Höchststrafe verlangt. Darunter ist der 41-jährige Giovanni Luca Nirta, der unter anderem auch Auftraggeber der Duisburger Tat sein soll. „Zwischen den Clans hat es einen wirklichen Kriegszustand gegeben“, so die Anklagevertretung.

Das „Massaker von Duisburg“ alarmierte vor vier Jahren die deutschen Mafia-Fahnder. Zuvor hatte Deutschland eher als ein Rückzugsraum für Mafiakiller denn als Schauplatz für offene Gewalt gegolten. Während den Tätern nach der Bluttat zunächst die Flucht nach Gent in Belgien gelang, wo sie untertauchen konnten, verstärkten italienische Mafiajäger sofort die deutsche Mordkommission. Zusammen mit dem Landes- und Bundeskriminalamt suchten bis zu 90 Beamte nach Spuren. Die internationale Fahndung war dann von Erfolgen gekrönt.